Als sich der größenwahnsinnige Sebastian Shaw (Kevin Bacon) daran macht, den dritten Weltkrieg auszulösen, bittet die Regierung Charles Xavier (James McAvoy) um Hilfe. Der stellt ein Team zusammen, bestehend aus Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Bei seiner Suche nach solchen Menschen trifft er auf Erik Lehnsherr (Michael Fassbender), der mit Shawn noch ein Hühnchen zu rupfen hat.
Die X-Men haben eine schon etwas längere Geschichte wenn es um Kinofilme geht. Nach den drei „ursprünglichen“ X-Men Filmen und dem Wolverine Spin-off (die allesamt sehr erfolgreich waren), hat man sich entschlossen zurück zum Ursprung zu gehen und zu erzählen, wie denn alles begann. Das hat zwar für die meisten Fans der ursprünglichen Filme einen leicht bitteren Nachgeschmack, kann aber durchaus funktionieren, wie zum Beispiel die Neuinterpretation des Star Trek Universums gezeigt hat.
Regie geführt hat hier Matthew Vaughn. Dass der Ahnung von seiner Arbeit hat, hat er bereits mit Filmen wie „Kick-Ass“ oder „Der Sternenwanderer“ bewiesen. Auch wenn Vaughn bisher nur viermal als Regisseur tätig war (X-Men: Erste Entscheidung ist sein erst vierter), ist jeder seiner Filme bisher mehr als gut gewesen, und war es wert gesehen zu werden. Irgendwie hat er ein Händchen für eine Kombination aus Optik und Drehbuch und schafft es auch irgendwie immer, sehr viel aus seinen Charakteren bzw. Darstellern herauszuholen.
Der Film spielt in den 60ern und Vaughn’s Ziel war es offensichtlich, die Stimmung dieses Jahrzehnts einzufangen. Das Ergebnis wirkt sehr authentisch und erinnert unmittelbar an die ersten Bond Filme. Hier wurde wirklich viel Wert auf eine realistisch zeitgemäße Umgebung gelegt. Die Kulissen und Outfits wirken wirklich als kämen sie aus einem anderen Jahrzehnt, und das alles wird noch durch die Tatsache verstärkt, dass viele Charaktere in ihrer Muttersprache sprechen.
Optisch ist der Film klar auf der Höhe seiner Zeit. Auch wenn der Film gut ein Drittel weniger gekostet hat wie „X-Men – Der letzte Widerstand“, hat man wieder dieses Hochglanzfeeling, wie man es bereits aus anderen Marvel-Filmen wie Thor kennt. Dabei ist es schwer zu sagen, ob sich tricktechnisch in den letzten fünf Jahren so viel getan hat oder ob Vaughn vielleicht auch ein Händchen für die optisch Umsetzung gehabt hat. Wichtig ist doch eigentlich auch nur, dass die Fähigkeiten der X-Men möglichst effektvoll in Szene gesetzt werden und das tun sie auf jeden Fall.
Egal ob es um einen Angriff auf eine CIA-Basis geht oder um den finalen Showdown, der Film lässt es stellenweise so richtig krachen. Dabei ist der Film weder eine Charkterstudie ala X-Men 1+2 noch ein Action-Dauerfeuerwerk ala X-Men 3, sondern eher die goldene Mitte. Gerade am Anfang lässt sich der Film ein wenig Zeit um die Protagonisten vorzustellen und irgendwann stellt man als Zuschauer fest, dass die ca. 130 Minuten des Filmes schon vorbei sind – also ein Film mit Unterhaltungsgarantie.
Was die Charaktere betrifft, waren es anscheinend zu viele um alle passend im Film unterzubringen. Das ist zwar einerseits schade, weil man sich vielleicht gewünscht hätte vom dem einen oder andere mehr zu sehen, dafür bleibt aber genug Screentime für die eigentlichen Protagonisten, wegen denen man sich den Film ja ansehen will. Zumindest bleibt ja die Hoffnung, dass – sollte der Film fortgesetzt werden (und die Chancen stehen ja nicht schlecht) – die eine oder andere Rolle noch ausgebaut wird.
Ein Highlight des Films, und eine Überraschung für mich, war Kevin Bacon als Sebastian Shaw. Filmtechnisch ist es ja eher ruhig um ihn geworden und auch im Trailer geht er regelrecht unter. In „X-Men: Erste Entscheidung“ dreht er voll auf und zeigt, dass er unter den richtigen Umständen einer der besseren Schauspieler seiner Zeit ist. Nicht nur dass er sehr gut in die 60er Jahre zu passen scheint, er hat auch die überlegene Ausstrahlung, wie man sie sonst nur von Bösewichten der alten Bond Filme kennt.
Nicht das Ian McKellen als Erik Lehnsherr / Magneto seine Sache nicht gut gemacht hat – die Performance von Michael Fassbender hat mir aber deutlich besser gefallen. Seine Interpretation der Rolle ist von Hass und Trauer zerfressen ohne unglaubwürdig zu wirken. Abgesehen von seiner tollen Darstellung sorgt Magneto auch für einige Momente des Filmes, in denen man geneigt ist kurz die Luft anzuhalten (etwa als er das U-Boot aus dem Wasser zieht). Ein weiterer Pluspunkt, auch wenn es mit dem Film nichts zu tun hat – Fassbender ist Deutscher. Daher wünsche ich ihm von meiner Seite für seine weitere Karriere in Hollywood nur das Beste.
James McAvoy’s Interpretation hat ebenfalls nicht viel gemeinsam mit Patrick Stewart’s Rolle des Charles Xavier. Statt dem Mentor wie man ihn sonst kennt ist sein Xavier ein etwas nerdig wirkender Genetik-Student und unverbesserlicher Optimist, was gut zum Grundton des Filmes passt. Cool gemacht ist, dass Xavier des Öfteren seine Fähigkeiten einsetzen darf um dem Team zu helfen, was nicht ganz so spektakulär ist, wie die Tricks die Magneto so drauf hat, aber gut zum Thema passt.
Alle anderen kommen wie schon erwähnt leider etwas zu kurz, wobei ich mir zumindest gewünscht hätte, von January Jones aka Emma Frost mehr zu sehen (bei ihrem provokant heißen Outfitt wünscht man sich schon fast die 60er zurück!!). Ebenfalls ziemlich cool ist Jason Flemyng aka Azazel der als roter Teleportationstyp mit Schwanz, so wirkt er als wäre er direkt aus der Hölle entstiegen (sein Charakter ist übrigens Russe).
Im Wesentlichen haben diese X-Men es geschafft meine Erwartungen noch zu übertreffen und der Film ist für mich damit sogar eine Spur besser als die erst vor kurzem ins Kino gekommene Thor-Verfilmung.
Von mir gibt es daher 9,5/10 Empfehlungspunkten.