inFamous 2 (Game Review)

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Wenn Menschen schwierige Zeiten durchleben und wahre Heldentaten vollbringen, verändert sich oft ihr Äußeres. Sie wirken dann reifer, und ihr Mut lässt sich an den Falten ihres Gesichts ablesen. Oft machen sie auch ganz einfach einen gealterten Eindruck. Im Falle von Cole McGrath hat sich das Gegenteil ereignet: Cole ist eine wundersame Verjüngung widerfahren. Der Held von „inFamous“ sieht im zweiten Teil um fünf bis zehn Jahre jünger aus.

Neu ist das alles nicht. Schon vor der Veröffentlichung von „inFamous 2“ war der veränderte Look Coles bekannt geworden. Klar ist, dass die abgewrackte Erscheinung Coles vom Erstling für manche Spieler zu dick aufgetragen war. Das neue Aussehen soll nun die Zielgruppe vergrößern. Schade ist nur, dass es so mit der Kontinuität zwischen beiden Teilen hapert. Denn nicht nur der Plot von „inFamous 2“ knüpft nahtlos am Ende des Vorgängers an; auch das Verhalten des Spielers findet im Sequel Berücksichtung (Speicherstand wird gelesen und ausgewertet).

Doch wer all diese Überlegungen zur Person Coles zur Seite schiebt, stellt fest, dass „inFamous 2“ ein sehr geniales Spiel geworden ist – ein Spiel, das seinen Vorgänger in Sachen Gameplay und Grafik in den Schatten stellt. Statt in Empire City treiben sich Cole und seine Freunde nun in New Marais herum; die Stadt wird von einer wahren Bestie heimgesucht. Es liegt nun an Cole, der Zerrüttung von New Marais zuzusehen, oder aber die Stadt und ihre Bewohner vor der Vernichtung zu bewahren.

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Da Cole die Fähigkeiten, die er im ersten Teil gelernt hat, bereits beherrscht, fühlt sich der Spieler von Anfang an sehr kraftvoll. Zusätzlich ist Cole nun ein besserer Nahkämpfer, was er einer Waffe namens „Amp“ verdankt, die ein wenig an ein „Star Wars“-Lichtschwert erinnert. Dank eines ausgeklügelten Upgrade-Systems lernt Cole im Spielverlauf, die Elemente Strom, Feuer und Eis perfekt zu beherrschen. Dass die Steuerung trotzdem stets nachvollziehbar bleibt, ist eine der großen Leistungen der Entwickler.

Facettenreich sind auch die Eindrücke, die New Marais auf den Spieler machen. Die sehr unterschiedlich aussehenden Stadtteile ranken vom Rotlicht-Bezirk bis hin zu weitläufigen Industrie-Zonen. Andere Bereiche wurden überflutet und sehen fast wie Sumpflandschaften aus. Dass „inFamous 2“ eine Wohltat fürs verwöhnte Spielerauge ist, liegt auch an der ausgezeichneten graphisch-technischen Umsetzung. Das Aliasing ist geringer als zuvor, und die Elemente Feuer, Eis und Strom sind besser ins detailreiche Gesamtbild integriert. Insgesamt sieht „imFamous 2“ einfach Klasse aus, keine Frage.

Ein echtes Schmankerl sind auch die (amerikanischen) Synchronsprecher. Wer ausreichend Englisch kann, sollte seine PS3 unbedingt auf diese Sprache einstellen. Er wird belohnt von einem nahtlosen Zusammenspiel von gnadenloser Action samt Off-Screen-Moderation, ungemein geschmeidigen Zwischensequenzen, und gefälligen Animations-Teilen. Der Kern des Spiels ist natürlich die Entscheidungsfreiheit, Gutes oder Böses zu tun. Die beiden Freunde Kuo und Nix symbolisieren je eine dieser disparaten Seiten der Seele Coles. Je mehr sich Cole an einen der beiden anlehnt, desto einseitiger wird der Spielverlauf. Das ist aber eine gute Sache: Um alles zu sehen, was „inFamous 2“ bereithält, muss man den Titel ohnehin mindestens zwei Mal durchspielen.

Obwohl „inFamous 2“ an sich schon kein kurzes Spiel ist, haben die Entwickler zusätzlich die Möglichkeit eingebaut, dass jeder seine eigenen Seiten-Missionen erstellt. Im Laufe der Zeit dürften daher weitere spannende Aufgaben auf Cole zukommen – eine Internetverbindung vorausgesetzt.

„inFamous 2“ bekommt von uns 9 von 10 Empfehlungspunkten, die zwar eine kaliforsche Verjüngungsklinik von Innen gesehen haben, aber nichtsdestotrotz voller elementarer Action stecken.


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