Men (Filmkritik)

Harper (Jessie Buckley) fährt aufs Land, wo sie ein altes, großes Haus gemietet hat. Vor allem sucht sie Ruhe und Frieden, denn sie versucht ihre Trauer zu bewältigen oder zumindest herauszufinden, was sie eigentlich fühlt. Erleichterung? Schuld? Der Grund ist: Harpers Ehemann, James, ist vor ihren Augen (absichtlich?) in den Tod gestürzt.

Bereits der Vermieter Geoffrey ist ein bisschen seltsam. „Ein wenig zu ländlich“, wie es Harper ausdrückt. Aber nach und nach kommt ihr das kleine Dorf seltsam vor, da es einerseits keine Frauen zu geben scheint und andererseits alle Männer irgendwie gleich aussehen.

Als sie dann noch während eines Spaziergangs im Wald von einem nackten Mann bis nach Hause verfolgt wird, stellt sich langsam die Frage, ob sie sich wirklich einen passenden Ort für ihren Rückzug ausgesucht hat …

Alex Garland. Viele lieben ihn, weil er unter anderem die Romanvorlagen bzw. Drehbücher für „The Beach“ oder „28 Days Later“ oder das Remake von „Dredd“ geschrieben hat. Auch die Story bzw. das Drehbuch von Videospielen wie „Enslaved – Odyssey To The West“ oder „DmC“ sind von ihm. Und das ist alles ja doch sehr positiv und gute Zeichen.

Dann hat er als Drehbuchautor und Regisseur mit „Ex Machina“ auch noch einen kleinen Sci-Fi Kultfilm geschaffen (und damit Alicia Vikander bekannt(er) gemacht). Der nächste Film bei welchem er die Doppelfunktion übernommen hat, war dann der vielgelobte „Annihilation“ (ich fand jetzt nicht so toll) und der aktuelle Film ist nun „Men“.

Ich hole deshalb so weit aus, weil man nicht vergessen darf, wo Garland herkommt. Und seine Werke sind (jenen, die ich kenne, ich gehe davon aus, dass es bei den anderen auch so ist) meist Filme, die doch klar starke Frauenfiguren haben und teilweise von manchen sogar schon als Männerfeindlich eingestuft wurden. Eine Ansicht, die ich nicht teile. Soviel im voraus.

Denn speziell „Men“, der allein schon mit diesem Titel und einer Frau als Hauptfigur und einen Mann, der (fast) alle Männer im Film spielt, nun … die Provokation war vorprogrammiert. Ein Film, in dem eine Frau aufs Land flieht (weil: Ihr Mann) um sich zu finden und in einen Strudel rund um eine ganze Menge toxischer Männer gesogen wird, in dem sie eigentlich nur verlieren kann (oder?).

Tatsächlich finde ich, dass es im Film darum gar nicht so richtig geht. Vielleicht missverstehe ich ihn, aber tatsächlich ist das Gimmick, dass alle Männer im Film von Rory Kinnear gespielt werden, nicht die Message, die man erwartet. Denn – Vorsicht: Kleiner Spoiler – es ist ja tatsächlich nur ein Mann in verschiedenen Inkarnationen. Und hier liegt für mich auch klar das Problem des Films.

Solange ich der Meinung war, dass sich einfach alle Männer so gegenüber Harper verhalten wie jene im Film war es spannend, gab es Ansätze zum Nachdenken und vielleicht sogar über das eigene Verhalten zu reflektieren. Als sich dann aber herausstellt, was dahinter steckt (vieles wird symbolhaft angedeutet), da war diese komplette Ebene für mich weg.

Dazu kommt, dass der Film nicht langsam ist, sondern laaaaangsam. Gerade am Anfang nimmt man sich viel Zeit um die Örtlichkeit zu etablieren und Geoffrey zeigt Harper tatsächlich quasi alle Zimmer im Haus. Viele davon sind später nicht mehr relevant und ja, ich weiß, dass es da auch viel um Geoffreys Verhalten geht, aber das hätte man weit kürzer lösen können. Dann macht sich Harper auf den Weg in das Dorf und dieser Weg wir irrsinnig lang zelebriert (meines Erachtens ebenfalls ohne wohin zu führen). Dann kommt sie zu einem Tunnel und ja, jetzt kann man(n) dann interpretieren ohne Ende, aber auch hier war es für mich einfach … zu lang.

Auch, das sich die Kamera und den Schnitt anfangs nicht besonders mochte, hat natürlich nicht dazu beigetragen, dass ich irgendwie gut reingekommen bin. Da werden Frontalaufnahmen von Harper, wie sie durch den (grünsten Wald seit dem Auenland) Wald geht gezeigt. Die Kamera hängt knapp einen Meter vor ihr. Und dann ein Schnitt und Harper sieht man von hinten – in knappen 10 Metern Entfernung. Das hat mich beim Ansehen irritiert. Noch dazu ist die Kamera ständig in Bewegung. Viel Aufbau für … wenig bis nichts. Je nachdem, wie bereits zu Interpretationen und Mehrfachsichtungen ihr seid.

Das Ende bzw. das Finale ist dann für mich völlig daneben gegangen. Mir ist klar was gezeigt wird und was es bedeuten soll, aber auch hier wäre weniger mehr gewesen. Da wird eine Sache so oft wiederholt, dass ich irgendwann nur noch lachen konnte und gewartet habe, bis man endlich zum unvermeidlichen finalen Punkt kommt. Das war wirklich zäh. Das Ende selbst (bzw. das letzte Bild im Film) fand ich dann wieder ziemlich cool.

Wie dem auch sei: Rory Kinnear scheint in mehreren Rollen, die er allesamt perfekt ausfüllt. Das ist echt beeindruckend. Und Jessie Buckley macht das Beste aus dem Drehbuch, nur leider hat sie wenig bis nichts zu tun. Also, ja, sie hat was zu tun, aber Harper ist (da kann sie nichts dafür, das liegt am Drehbuch) einfach eine Schablone auf der mit großen Lettern „eine Frau“ steht. Mehr Charakter hat sie nicht. Und selbst als in der Rückblende klar wird, was mit ihrem Mann wirklich geschehen ist (vermutlich), vertieft das ihren Charakter in keiner Weise.

Alles in allem eine coole Grundidee, die mir zu langatmig umgesetzt wurde und deren Message sich nach knapp 2/3 zumindest in meinem Verständnis im Sand verläuft. Vielleicht habe ich jetzt auch einfach vieles nicht verstanden (und kommt mir jetzt nicht mit dem „Green Man“ oder der Bedeutung des Löwenzahns – das ist mir beides bewusst und klar).

Konnte ich „Annihilation“ aufgrund einiger cooler Szenen noch empfehlen, so ist „Men“ für mich leider ein absoluter Fehlgriff geworden. Schauspielerische Leistungen ausgenommen. Die sind super.

„Men“ bekommt von mir 4 von 10 möglichen, leider das Potential seiner Idee(n) nicht ausschöpfende, Punkte.


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