Antlers (Filmkritik)

Julia (Keri Russell) führt nach einer traumatischen Kindheit ein einfaches, zurückgezogenes Leben als Lehrerin in der Stadt Cispus Falls in Oregon. Seit einiger Zeit erkennt sie bei einem ihrer Schüler namens Lucas (Jeremy T. Thomas) Anzeichen dafür, dass bei ihm Zu Hause scheinbar etwas nicht ganz rund läuft. Sie informiert daraufhin ihre Vorgesetzte und spricht ebenfalls mit ihrem Bruder Paul (Jesse Plemons).

Der ist zwar der örtliche Sheriff, doch bei dem was hier wirklich läuft, wird auch er keine große Hilfe sein können. Die wahren Hintergründe, warum sich Luca seltsam benimmt, übersteigen nämlich die Vorstellungskräfte sämtlicher Beteiligten…

Den neuen Film von Scott Cooper (Black Mass), kann man oberflächlich betrachtet als Creature Feature bezeichnen, nur bewegt er sich auf einem sehr unterschiedlichen Terrain, als viele andere Beiträge dieses Genres. Um das zu erreichen, bedient er sich eines Stilmittels, das man durchaus als „Killer-Argument“ einstufen könnte, weil es sozusagen einen ernsten Zugang einfordert. Was ebenfalls nicht schadet, ist wenn man Guillermo del Toro (Pan´s Labyrinth, Blade 2) als Produzent mit an Bord hat.

Zunächst jedoch nochmal zu der ernsten Ebene, die sofort den Unterschied ausmacht. Hast du Kindesmissbrauch als Thema, das mindestens eine der Hauptfiguren geprägt hat bzw. dies natürlich noch immer tut, dann ist man emotional auf einer völlig ernsten Ebene unterwegs, denn darüber macht sich hoffentlich doch Niemand lustig. Was in diesem Zusammenhang sehr gut passt und auch Filme wie The Monster bereits sehr gekonnt gemacht haben, ist wie die Kreatur hier ein Metapher ist, für den in der Kleinstadt vorherrschenden Schrecken.

Sexuelle Gewalt, Einsamkeit, Drogen, Zerfall von Existenzen. Auf der Drama-Ebene liefert Cooper hier einige, nicht so leicht verdauliche Kaliber ab. Und wieder muss ich nun die gute alte Erwartungshaltung zitieren, die hier nicht mein Problem war, doch klar erkennbar sein kann für manche Zuschauer, wenn man die Synopsis des Films und den Namen des Produzenten hört: ja, das Monster hier bekommt man in seiner reinen Form, erst beim Finale zu sehen.

Wer also klassische Angriffe erwartet, die sich von Beginn an quer durch den Film ziehen, der kann fast nur enttäuscht werden. Wie das irgendwo zwischen Hirsch und Wendigo angesiedelte Wesen dann aussieht, überzeugt vom Design her wie man es von Del Toro gewohnt ist auf ganzer Linie und sieht zu keinem Zeitpunkt lächerlich aus. Die hinzukommende tragische Ebene, ist ebenfalls kaum zu überbieten, da muss man schon sehr bitter schlucken.

Der Epilog hingegen, der ist dafür so eindeutig das, was man erwartet hat, dass mir eine Entscheidung gegen das Klischee, besser gefallen hätte. Dass es innerhalb der Story genau so ausgehen muss, ist dabei wie gesagt klar, gerne hätte ich aber etas anderes gesehen. Da der Horror hier also mehr durch die Reaktionen der Menschen als durch zahlreiche Effekte erzeugt wird, mussten die Schauspieler in ihren Rollen voll aufgehen.

Das tun sie dann auch, allen voran der junge Jeremy T. Thomas (Paradise Lost) als Lucas, in seiner ersten großen Rolle. Wie er seine Einsamkeit, seine Zerrissenheit und die Auseinandersetzung mit seiner Situation, inklusive den Fluchttendenzen spielt, das zieht einfach ins Geschehen, auch wenn man nicht mit hinunter gezogen werden will, man ist einfach ganz bei ihm. Ähnlich stark, nur eben auf eine erwachsenere Art und Weise, ist Keri Russell (Planet der Affen: Revolution) als Julia.

Was man am Ende bekommt ist ein stark gespieltes und dicht inszeniertes Drama, mit vorrangig psychischen Horror, der auch mehrere Male in physischer Form ausbricht. Wer sich darauf einlassen kann, wird einen bedrückenden Film erleben und sich nach dem Betrachten etwas fester als sonst an seine Liebsten schmiegen. Ich persönlich habe den Film gerne gesehen, jedoch ist dies sicherlich kein Erlebnis, dass sich für mich zum mehrmaligen Ansehen eignet, dafür fehlen einfach auch klare Highlights, die ich immer wieder sehen möchte.

„Antlers“ bekommt von mir 6,5/10 sich den unangenehmen Wahrheiten stellen müssende Empfehlungspunkte.


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