Nobody (Filmkritik)

Hutch Mansell (Bob Odenkirk) lebt ein einfaches, geregeltes Leben zusammen mit seiner Frau Becca (Connie Nielsen) und den beiden Kindern. Sein Alltag verläuft immer gleich, ohne Höhepunkte. Er lebt neben seiner Frau, nicht mit ihr, sein Sohn findet ihn langweilig und für die kleine Tochter ist Papa natürlich der Held. Eines Tages brechen zwei offensichtlich unerfahrene Räuber in das Haus der Mansell´s ein.

Außer dem Schrecken und dem Verlust von etwas Bargeld, ist im Prinzip nichts weiter passiert, doch irgendetwas macht „klick“ bei Hutch und erweckt einen Teil in ihm, den er schon länger ruhen hat lassen. Kurze Zeit später ist sein Alltag ein etwas anderer, inklusive zahlreicher Waffen, Explosionen, Blut und einem nicht enden wollenden Nachschub an wütenden Russen.

Mit der Hilfe von Drehbuchautor Derek Kolstad wurde im Jahr 2014, mit dem ersten John Wick Film, ein neues Franchise geschaffen. Mittlerweile gibt es einen zweiten und dritten Teil, zwei weitere sollen folgen plus eine weitere, in dem selben Universum spielende Serie. Auch „Nobody“ ist in der selben Welt angesiedelt und die Formel wird nicht neu erfunden, dafür jedoch um ein paar Facetten erweitert.

Regie bei seinem erst zweiten Film (er hat sich inzwischen einigen Kurzfilmen gewidmet) führt hier Ilya Naishuller, der 2015 mit Hardcore Henry ja selbst einen modernen Action-Klassiker aus der First Person Sicht des Protagonisten geschaffen hat. Der Anfang des Filmes nimmt sich dann Zeit, seinen Hauptcharakter vorzustellen. Dabei wird nichts erklärt, was die Hintergründe betreffen würde, man beobachtet einfach und lernt den Menschen Hutch kennen.

Perfekt wird hier das „Gefangen sein im Alltag“ skizziert, mit immer gleichen Abläufen an den selben Wochentagen. Würde man überhaupt merken, dass es schon wieder Dienstag ist, wenn der Lärm des Müllwagens einen nicht wieder daran erinnern würde, dass man den Müll schon wieder zu spät hinaus gestellt hat? Hutch hat mittlerweile das sich selber zurück Halten und seine Unzufriedenheit wenn möglich zu verstecken, längst perfektioniert.

Faszinierend ist dann wenn der Bruch kommt, wie gewöhnlich er zunächst wirkt und wie man ihm dennoch sämtliche Aktionen glaubt, die er im weiteren Verlauf des Filmes bringt. Dabei ist er zwar effektiv wie ein John Wick, doch weit weniger stylish unterwegs und sein Stil hat dabei eine klare „ohne Rücksicht auf Verluste“ Dynamik an sich. Spannend anzusehen, kurz und knackig und perfekt übersichtlich in jedem Moment, so geht das, ohne dass es wie eine Eigenkopie wirkt.

Hauptdarsteller und Produzent Bob Odenkirk (Better Call Saul) fängt vor allem diese feinen Nuancen so gekonnt ein, mit denen Hutch seine Gefühle preisgibt und seine Reaktionen sind schon großartig zu beobachten, egal ob man jetzt immer seiner Meinung ist oder auch seine Sympathiewerte schwanken mögen. Riesigen Spaß hatte eindeutig Christopher Lloyd (Cold Moon) als sein Vater David, der sich für seinen Sohn doch glatt aus seinem Ruhestand im Pflegeheim erhebt.

Hutch: „You brought a lot of Shotguns“. David: „You brought a lot of Russians!“ Solche und ähnliche Interaktionen zaubern immer wieder mal ein Grinsen ins Gesicht, wobei der Grundton trotz der sarkastischen oder abgebrühten Momente, immer ein ernster bleibt. Wenn man einen Schwachpunkt suchen möchte, dann ist das der psychotische Bösewicht, der wie der austauschbare Gangster Nummer 49 wirkt, nur dass er eben mehr Macht hat, als seine Handlanger.

Extrem gekonnt inszenierte Action, ein vielschichtiger Hauptdarsteller, gut platzierter Humor und ein paar Dinge, die vor allem Fans des Wick-Franchise schmunzeln lassen werden. Angeblich ist ja ein Crossover der beiden Charaktere eine Option, über die nachgedacht wird. Das wäre sicherlich ein Fest für Action-Freunde, denn wie man hier gut sehen kann, sind die Ideen von Derek Kolstad um die Sache frisch zu halten, noch lange nicht aufgebraucht.

„Nobody“ bekommt von mir 8,5/10 Niemanden einfach laufen lassende Empfehlungspunkte (ja, das ist zweitdeutig gemeint).


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