Der Richter: Recht oder Ehre – The Judge (Filmkritik)

Hank Palmer (Robert Downey Jr.) hat seinem kleinen Geburtsort schon vor Jahren den Rücken gekehrt und arbeitet seither als erfolgreicher Anwalt in der Großstadt. Den Kontakt zu seiner Familie hat Hank längst abgebrochen. Als er vom Tod seiner Mutter erfährt, kommt er das erste Mal seit er mit 18 das Haus verlassen hat zurück, wenn auch nur sehr widerwillig. Doch er hat keine Zeit zur Trauer, denn nach seiner Ankunft wird der Großstädter gleich mit weiteren familiären Problemen konfrontiert: Sein Vater Joseph (Robert Duvall), der vor seinem Ruhestand als Richter des Städtchens fungierte, wird des Mordes angeklagt. Um diesen Anschuldigungen zu begegnen, übernimmt Hank die Verteidigung seines Vaters vor Gericht.

the judge

„Der Richter“ ist kein Film mit allerlei Firlefanz, sondern konzentriert sich auf das Wesentliche: eine Geschichte zu erzählen. Für „Der Richter“ macht Robert Downey jr eine Pause von seinem hoch bezahlten Gig als Iron Man (70 Millionen Dollar!!) und produzierte das Gerichtssaal-Melodram selber und übernahm auch gleich die Hauptrolle. Doch eines der Probleme beginnt schon bei der Handlung, denn hier betritt man extrem vertrautes Kino-Terrain: Erfolgreicher Großstadt-Zyniker kehrt zurück in die Provinz, wo er sich mit Papa und/oder Mama herumschlagen muss; begegnet seiner alten Schulliebe; und endet schließlich als ein besserer Mensch.

Robert Downey jr (Iron Man 3) spielt Hank, einen Starverteidiger, der hauptsächlich schuldige Klienten hat, weil nur sie genug Kohle haben, ihn zu bezahlen. Er hat keinerlei Skrupel einen rechtschaffenen Polizisten im Zeugenstand einen Kopf kürzer zu machen, um danach in einer Protzkarre zu seinem Frauchen und seiner Tochter nach Hause zu düsen. Er hat eine gute Beobachtungsgabe und eine große Klappe, die ihn bei vielen seiner Mitmenschen in Schwierigkeiten bringt.

Hätte jemand ohne Downey’s Charisma diese Rolle gespielt, hätte Hank komplett unsympathisch geraten können, doch Downey zieht da den Karren aus dem Dreck. Doch der Superstar versteht sich nicht nur perfekt auf die zynische Fassade des Anwalts, hinter der es sich der Überflieger Hank gemütlich gemacht hat, sondern macht auch deren Bröckeln sichtbar. Die Brüche in der Persönlichkeit des vermeintlich so selbstsicheren Karrieristen, seine schleichenden Zweifel, ob er sich der Familie gegenüber immer richtig verhalten hat, bis hin zum kompletten Überdenken seiner Lebenseinstellung – Downey haucht dieser fragwürdigen, trotz ihrer Offensichtlichkeit nicht immer wirklich nachvollziehbaren Charakterwandlung, Leben ein.

Schauspielveteran Robert Duvall (Jack Reacher) schien ja fast prädestiniert für die Rolle des alten Sturschädels Joseph Palmer. Duvall, der inzwischen schon 85 Jahre alt ist, hat nach wie vor unglaubliche Leinwandpräsenz und verleiht mit Präzision selbst unwichtig erscheinenden Momenten echte Emotionen, zum Beispiel wenn Joseph Palmer sich entgegen Hank’s Befürchtung als liebevoller Opa erweist, oder wenn Hank seinem Vater in schwerer Not tapfer zur Seite steht.

In diesen Momenten wird aus den sich bekriegenden Charakteren ein beeindruckend gut funktionierendes Team. Es wird aus einem förmlichen Duell der Topstars ein beeindruckendes Miteinander. Neben diesen höchst interessanten Charakteren verblasst selbst eine so starke Schauspielerpersönlichkeit wie Billy Bob Thornton fast, der einen cleveren Bezirksstaatsanwalt spielt.

Hier zeigt Regisseur David Dobkin (Wie ausgewechselt), dass er versteht, was in diesem Film im Mittelpunkt stehen sollte, ja sogar muss: die fesselnde Zwei-Mann-Show zischen Downey jr und Duvall. Er lässt „Der Richter“ als klassischen Justiz-Thriller beginnen, doch dann rückt er die Krimihandlung um den möglichen Mord in den Hintergrund, denn als Zuseher erfährt man immer mehr über den emotionalen Ballast, den Hank und sein Vater mitschleppen und bekommt so statt einem Thriller, ein Familien-Drama zu sehen.

Was ich anmerken muss, ist dass der Film mit fast 2,5 Stunden schon sehr lange ist und man das stellenweise auch deutlich merkt. Vor allem, weil die Nebengeschichten rund um Hanks Jugendliebe Samantha (Vera Farmiga – „Up in the Air“) und den eigentlichen Anwalt von Vater Joseph (Dax Shepard – „Parenthood“), mehr oder weniger komplett überflüssig sind. Sie dienen dem Film kein bisschen und sorgen beim Zuseher mehr für nervende als kostbare Momente.

Fazit: „Der Richter“ ist eine beeindruckende Charakterstudie, lebt von dem starken Spiel von Downey jr und Duvall, leidet aber unter diversen Längen und unnötigen Nebenhandlungen .

Dieser Film bekommt von mir 7/10 unschuldige Empfehlungspunkte.


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