Rayne ist halb Mensch, halb Vampir. Ein Dhampir. Als sie ihren Schöpfer jagt und nachts Vampire erledigt, wird sie von einer Organisation angeworben, die sich „Brimstone Society“ nennt. Diese Organisation hat es sich zur Aufgabe gemacht, Monster und übernatürliche Vorkommnisse aufzuspüren und aus dem Verkehr zu ziehen.
Als neues Mitglied wird Rayne mit ihrer Kollegin Mynce in die Sümpfe von Louisiana geschickt, um dort einer seltsamen Krankheit auf den Grund zu gehen, welche die Menschen in aggressive Bestien verwandelt. Dort angekommen muss sie rasch feststellen, dass es sich um keine Krankheit handelt, sondern um einen Schwarm Monster, die scheinbar von Soldaten des Dritten Reichs in einem Ritual heraufbeschworen wurden.
Nun muss Rayne nicht nur die Monster und deren Königin erlegen, sondern auch noch herausfinden, warum die Nazis das gemacht haben. Und deren Pläne sind weit gefährlicher als Rayne zunächst gedacht hat …
Erschienen ist „Bloodrayne“ am 31. Oktober 2002, also bereits vor mehr als zwanzig Jahren. Völlig unbemerkt von mir und vermutlich auch vielen anderen. Irgendwann – Jahre später – kam ich zufällig in einem Elektrohändler in de Nähe der „Angebots“-Kiste und sah die DVD liegen. Das Cover fand ich spannend – ich dachte erst, es würde sich um einen Film handeln, aber nein – ein Spiel. Third Person. Action. Vampire. Monster. Sah gut aus. War billig. Wurde mitgenommen.
Das war mein Kennenlernen mit Rayne. Ich mochte das Spiel sehr gern. Das lag in erster Linie daran, dass ich Rayne als Charakter ziemlich cool und sexy fand (ja, ich war jung …). Die One-Liner flogen mir nur so um die Ohren und die Synchronisation von Rayne, die Laura Bailey übernommen hat, war quasi perfekt. Knochentrocken und dann doch mit Sarkasmus gemischt, das hat für mich super funktioniert. Rayne ist nämlich eine ziemliche Kampfmaschine, die an ihren Armen ausklappbare, große und scharfe Klingen, geschnallt hat. Und sie muss, um sich zu heilen, keine Medi-Packs sammeln, wie das damals ja Stand der Dinge war, sondern Blut trinken. Dabei ist es ganz egal, ob Zombie oder Mensch oder Monster, Hauptsache, das Ding geht auf zwei Beinen und hat einen Hals.
Dass die Gute auch noch akrobatisch ziemlich was drauf hat, versteht sich von selbst und außerdem lernt sie im Laufe der Zeit (ziemlich rasch, von der Story vorgegeben) weitere Fähigkeiten, wie einen Blick, der quasi Körperwärme anzeigt und auch zeitgleich den Ort des nächsten Missionsziels. Außerdem kann sie ihre Aufmerksamkeit steigern, was im Grunde nichts anderes ist als eine Zeitlupe während der man sogar Kugeln ausweichen kann (Matrix lässt grüßen). Später bekommt man auch eine Art „Sniper-Auge“.
Mit Schusswaffen kann sie auch noch umgehen, auch wenn sie keine enge Bindung zu diesen hat. Sie schnappt sich einfach die Waffen derer, die sie getötet hat und wenn deren Magazine leer sind, dann schmeißt sie sie weg. Das liest sich seltsam, macht aber irgendwie ziemlich Spaß, weil sich so immer ein wenig Abwechslung ergibt und vor allem kommt man sich schon ziemlich cool dabei vor. Sie kann mehrere Waffen auf einmal besitzen (die man auch an ihr sehen kann) und man kann einstellen, ob sie die schwächsten, stärksten oder spezielle Waffen nutzt, die sie findet.
Im Grunde ist „Bloodrayne“ nichts anderes als eine Mischung aus Blade, Tomb Raider und Wolfenstein, in dem Sinne, dass man durch 3D-Umgebungen läuft, die nach heutigen Standards ziemlich leer sind, aber damals ziemlich voll. Außerdem kann – und muss – man Tische, Stühle und andere Dinge kleinhauen, zur Explosion bringen und sogar Wände oder Türen auftreten. Die Figur ist klar (inklusive der Entstehung ihrer Hauptfigur) von „Blade“ geklaut, aber hey – wen stört das denn bitte, wenn das Ergebnis SO aussieht. Und von Wolfenstein haben wir den Story-Teil mit den Nazis. Alte Artefakte, Weltherrschaft, man kennt es schon.
Warum um alles in der Welt schreibe ich also eine Kritik zu einem über 20 Jahre alten Spiel? Weil es vor kurzem ein Remaster dazu gegeben hat, welches mit dem Untertitel „Revamped“ daherkommt und auf aktuellen Konsolen sowie deren Vorgängermodellen lauffähig ist.
Ist es gut geworden? Ist es mehr ein Remake, wie die neuen Teile von Resident Evil? Oder doch mehr ein Remaster – sprich: einfach nur hübschere Grafik?
Nun, beides nicht. Tatsächlich würde ich es einen Port nennen. Einen Port auf die aktuelle Konsolengeneration. Ich denke nicht, dass man das Spiel „hübsch“ nennen kann, aber ich gestehe – ich hatte richtig viel Spaß. Vielleicht mehr noch als damals, als ich es das erste Mal gespielt habe. Das liegt sicher zum Teil daran, dass auch bei mir 20 Jahre Erfahrung mit Actionspielen dazwischen liegen, in denen ich ja auch gelernt habe besser zu werden (ich erinnere mich damals ohne Cheats nicht weit gekommen zu sein). Außerdem war es das erste Spiel bei dem ich Probleme hatte, die Orientierung zu behalten und das mit „Leveldesign lesen“ war damals noch nicht so mein Ding. Das ging dieses Mal leichter und ich war überrascht, wie einfach ich überall hingefunden habe. Auch wenn manche Teile schon arg karg aussehen. Also die Optik ist zweckdienlich, im besten Fall. Die Grafiken wurden hochgerechnet, aber ich wette, dass es noch immer die gleichen Texturen sind. Ja, das ist nicht optimal, aber Schwamm drüber.
Was aber immer noch Spaß macht, ist sich durch die Gegner zu schnetzeln, denn Rayne macht keine halben Sachen. Oder wie sie schön sagt, nachdem sie sich bei einer Gruppe Soldaten ausgetobt hat und primär Blutlachen und Körperteile herumliegen: „You saw the blades. What did you think was going to happen?“. Genau. Das Spiel ist trotz seiner veralteten Grafik mit Sicherheit nichts für Kinder. Zu viele (abartige und teils groteske) Monster, die trotz der schlechten Grafik heftig aussehen und Blut. Ganz, ganz viel Blut, herumfliegende Körperteile und nochmals Blut. Das Trefferfeedback hatte ich schlimmer in Erinnerung und bin deshalb positiv überrascht, was jetzt aber nicht per se bedeutet, dass es gut ist. Man gewöhnt sich halt daran.
Zwischen den Standardgegnern gibt es immer wieder Boss-Kämpfe mit Figuren, die man wirklich sehr rasch … nicht mag. Ich nenne einfach mal die „Butcheress“. Der Name sagt alles, oder? Eben. Da hat man auch keine Gewissensbisse, wenn die nach und nach in ihre Einzelteile zerlegt werden oder andere unrühmliche Ende finden.
Die Level sind angenehm geradlinig und trotzdem streckenweise verschachtelt und auch abwechslungsreich. In den Sümpfen von Louisiana läuft man ebenso herum, wie in einer Militärbasis, die bis tief in die Erde reicht, zu einer Mine wird und dann zu etwas … anderem, bis man dann in einem Schloss landet.
Die ganze Sache ist weder besonders schwer, noch besonders lang, aber es ist unterhaltsam. Es macht Spaß und überhaupt: Es ist einfach schon toll, sich von Cutscene zu Cutscene zu spielen, einfach auch um die Kommentare und Reaktionen von Rayne mitzubekommen.
Beispiel vom Anfang gefällig?
„Thank you for dragging me out here. You know I love the water.“
„You’re only half vampire. A dip might hurt, but it won’t kill you.“
„So does sticking a finger in my eye. Doesn’t mean I have to.“
Oder später:
Nazi-Monster: „I will wear you like lederhosen!“ (eine Aussage, die ich im Film „Lederhosen-Zombies“ sehr vermisst habe)
Rayne: „Whatever you are, you just said the wrong words.“
Das Spiel war immerhin so ein Erfolg, dass es einen Nachfolger bekommen hat. Während „Bloodrayne“ eher ein Third-Person-Shooter mit ein paar Nahkampf-Einlagen ist, so ist der zweite Teil da anders. Aber dazu ein anderes Mal mehr.
„Bloodrayne: Revamped“ bekommt von mir 7,5 von 10, trotz seines Alters und der angestaubten Grafik dank seiner sarkastischen Hauptfigur wirklich unterhaltsame, Punkte. Und bzgl. Story: Trash as Trash can. Mag ich ja grundsätzlich gern.
PS: Über die Filme breiten wir mal den Mantel des Schweigens, auch wenn ich den zweiten (ein Western) ziemlich gut und den ersten (Kristanna Loken ist die perfekte Rayne) okay fand. Über den dritten Teil sag ich mal nichts.