The Boogeyman (Filmkritik)

Eigentlich wäre der Vater (Chris Messina) von Sadie Harper (Sophie Thatcher) Therapeut, aber das plötzliche Ableben ihrer Mutter bei einem Autounfall, hat ihn völlig aus der Bahn geworfen. Darum ist Sadie auch die größere emotionale Stütze, für ihre kleine Schwester Sawyer (Vivien Lyra Blair). Eines Tages kommt ein Mann namens Lester in das Haus der Harpers für eine Sitzung und bringt sich dort kurz darauf um.

Ab diesem Zeitpunkt beginnt Sawyer eine unheimliche Kreatur zu sehen, die sich scheinbar nur im Schatten befindet und ihr immer wieder auflauert. Als die zunächst skeptische Sadie schließlich auch von dem Wesen angegriffen wird, beginnt sie mit ihren Nachforschungen…

Dieser auf einer 1973 erschienen Kurzgeschichte von Autor Stephen King basierende Film, sollte in Amerika ursprünglich nur auf dem Streaming-Dienst Hulu erscheinen. Nach sehr positiven Rückmeldungen bei Test-Screenings, wurde eigens für King sein Lieblingskino gemietet, um seine Meinung einzuholen. Er hatte große Freude mit dem Erlebnis, weswegen Regisseur Rob Savage (Dashcam) seinen Film schließlich ins Kino brachte. Mitte Oktober 2023 gibt es ihn nun aber auch zum Streamen auf Disney+.

Wenn man so wie ich, alle Teile des Conjuring und Insidious Universums gesehen hat plus zahlreiche Solofilme des Genres, dann entwickelt man einen anderen Anspruch, als sich echt zu gruseln, denn das passiert einfach so gut wie nicht mehr. Spüre ich eine grundsätzliche Angespanntheit, wie billig wirken Schreck-Momente, hat man Angst um die Protagonisten, wie ist das Schauspiel, wie gruselig ist das Creature-Design usw., auf so etwas schaue ich.

Daher hat mir The Boogeyman auch besser gefallen, als so einige andere Genre-Vertreter. Zunächst mal sind die beiden jungen Damen perfekt in ihren Rollen. Allen voran wäre da Sophie Thatcher (Prospect) zu nennen, die richtig mitreißend ist als Sadie. Genauer gesagt meine ich damit, dass man einfach immer nachvollziehen kann, was sie gerade fühlt, egal ob es nun um ihre Intentionen oder um ihre Reaktionen geht.

Wäre dies ein Slasher, wäre sie ein perfektes Final Girl, weil sie auch immer menschlich agiert, Fehler macht und nicht zur Superfrau mutiert. Vivien Lyra Blair (Obi-Wan Kenobi) als ihre kleine Schwester Sawyer ist dann perfekt darin, Angst zu zeigen. Ich meine damit diesen Übergang im Gesicht, wo man noch denkt man ist mutig genug oder die Erleichterung, dass keine Gefahr droht, dann aber dennoch plötzlich der Schrecken über dich herfällt.

Dann wären da Momente, die auf anderer Ebene unangenehm sind. Dass David Dastmalchian (The Last Voyage of the Demeter) bei seinem Kurzauftritt unheimlich destruktiv und verloren wirkt und seine Blicke dich förmlich in ein schwarzes Loch ziehen, dass dürfte noch relativ objektiv sein. Subtiler (trotz oder gerade wegen der plakativen Darstellung) finde ich dann schon die Sache mit den „Freundinnen“ von Sadie, die wie „Mean Girls“ aus einem 90er Jahre Film wirken.

Ich kenne Trauer (wie wohl jeder Mensch) selbst und da gibt es schon Phasen, wo man sich zur Ablenkung unter Menschen begeben möchte, doch diese dann gleichzeitig am Liebsten wegstoßen will. Genau so sind diese Damen, der Wunsch nach deren Oberflächlichkeit und dem damit verbundenen Vergessen ist da, aber man weiß genau, dass man es durchleben muss und dies der falsche Weg ist. Diese Mädchen können einem durchaus wie Fremdkörper vorkommen in diesem Film, doch ich habe sie hier als bewusst eingesetzte, andere Ebene des Horrors erlebt.

Die Prämisse, dass sich der Boogeyman nur in der Dunkelheit entfalten kann und sich von der Angst (aber irgendwie auch Trauer) der Opfer ernährt, wird durch Kameraperspektiven, Spielen mit Licht und Dunkelheit und z.b. dem Einsatz eines rollenden Leuchtballes (der dann aus einem scheinbar „leeren“ Winkel zurückgeschossen wird, was seine Wirkung nicht verfehlt) gekonnt ausgenutzt und das Finale, dass durchaus actionreich daherkommt, finde ich sehr stimmig.

Ich glaube, man kann es heraus lesen: ich mochte diesen Film sehr gerne. Involvierender Spielen geht kaum, der Boogeyman ist ein fieser Mistkerl und auch die Macher hinter der Kamera, haben offensichtlich Freude am Genre. Mit Verlust eines Elternteils umgehen lernen und dabei (zumindest) temporär keine Hilfe von Erwachsenen zu bekommen, das ist im Kern wohl der wahre Horror hier und was soll ich sagen, mir war das in Summe hier wirklich nicht egal.

„The Boogeyman“ bekommt von mir 8/10 nur gemeinsam eine Chance habende Empfehlungspunkte.


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