Pollen (Filmkritik)

Hera (Ava Rose Kinard) hat einen neuen Job. Ihren Traumjob. Finanzen. Risikomanagement. Alles dabei. Und sie macht ihren Job außerordentlich gut. Vielleicht zu gut, denn die Kolleginnen sind nicht sehr freundlich zu ihr. Nur der Star der Firma, Zach (Tyler Buckingham), zeigt sich angetan von ihr. Was sogar zu einem Date führt.

Nur läuft dieses Date nicht so, wie Hera es sich gewünscht hatte. Völlig überrollt von ihm, der kein „Nein“ versteht und sich sogar selbst in ihre Wohnung lässt, wacht sie am nächsten Tag auf und versteht so gar nicht was passiert ist. Sie hatte Sex, ja. Aber gewollt? Nun, das ist keine leichte Antwort. Und da setzt in ihrem Kopf ein Mechanismus ein, der sie schützen will und ihr einredet, sie wäre in Zach verliebt. Immerhin hat er ihr eine Blume geschenkt. Und diese Blume muss doch etwas bedeuten. Und etwas wert sein.

Und wer immer ihrer Blume etwas antut, der oder die, bekommt ein Problem. Aber ein Problem bekommt auch sie, denn Zach will eigentlich gar nichts von ihr, führt sie sogar mehrmals vor den anderen vor und langsam aber sicher dämmert ihr, was passiert ist … und dann taucht da auf einmal ein Baum-Mann auf, der ihr ebenfalls nicht freundlich gesinnt zu sein scheint …

Hm. Hm-hm-hm. Hm. Man darf das jetzt bitte nicht missverstehen, aber das hier ist ein sehr ehrenhafter Versuch ein wichtiges Thema anzugehen, der sehr stümperhaft umgesetzt wurde. Um mit stümperhaft meine ich das Drehbuch und … nun, die Optik des Films. Die Farbgebung ist in Sepia-Tönen gehalten und irgendwie wirkt der gesamte Film als würde er in der High Society in den 1970gern spielen. Also Optik der Leute, Kleidung, Verhalten – all das. Aber eigentlich spielt er in der Jetzt-Zeit, wie Handys und andere Dinge ganz klar zeigen. Das passt schon mal für mich gar nicht so richtig zusammen. Dabei ist das nicht mein Hauptproblem. Mein Hauptproblem, nun, ist nicht ein Problem, sondern mehrere, die zusammenspielen und sich auf ein Wort reduzieren lassen: Emotionslos.

Der Film hat mich keine Sekunde berührt. Also, nein, das stimmt nicht. Der Anfang des Films hat mich berührt. Eine Frauenleiche, bzw. eine Frau, die im Wald an einem Baum hängt. Offensichtlich Suizid. Dann kommt Hera und ihre Story beginnt, völlig losgelöst vom Anfang. Ja, klar, man kann zusammenzählen, was das am Anfang sein soll, aber so richtig eine Rolle spielt es nicht.

Die schauspielerischen Leistungen sind teilweise gut und teilweise irrsinnig schlecht (oftmals von der gleichen Person in der gleichen Aufnahme in der gleichen Szene). Das muss man gesehen haben, um es glauben zu können.

Das Drehbuch fokussiert sich in erster Linie auf das Verhalten der anderen am Arbeitsplatz und wie Hera nach und nach die Kontrolle entgleitet, sie ihren Job immer schlechter macht, sich in eine Sache (Pflanze, sie nennt sie „Grace“) hineinsteigert. Die Vergewaltigung, denn das ist es, wird nie so gezeigt und auch nicht richtig so genannt und spielt tatsächlich quasi eine Nebenrolle. Es ist „nur“ ein weitere Demütigung, die Hera über sich ergehen lassen muss. Dass ihr nach und nach immer öfter der „Baum-Mann“ erscheint, ist dann fast schon zu vernachlässigen, denn tatsächlich ist dieser Handlungsstrang völlig unnötig und offen gestanden auch der absolut langweiligste von allen.

Der Austausch mit Heras Kollegin Vicky (Bennt Welch) ist noch dazu dermaßen schlimm und schlecht gespielt, dass man die Sache nicht mal im Ansatz ernst nehmen kann. Und das ist schade, denn in Summe hätte der Film wirklich was zu sagen, aber er sagt es auf eine Art und Weise, die keiner hören will (um bei der Formulierung zu bleiben). Man kann sagen, er murmelt, stottert, nuschelt und rülpst euch manchmal sogar ins Gesicht ohne „Entschuldigung“ zu sagen.

Schade. Wirklich schade. Ich weiß wirklich nicht, für wen dieser Film interessant sein könnte.

Oh – und die Höhepunkte (die emotional sein sollen) gehen völlig daneben, was sicher auch am wirklich schlechten Sounddesign liegt. Es wird zum Beispiel jemand erstochen, aber das wirkt allein von den Soundeffekten schon so platt und langweilig, dass es fast schon egal ist, dass es auch noch schlecht gespielt wird.

D.W. Medoff, der hier für Drehbuch und Regie verantwortlich zeichnet, hat sich bei diversen Interviews auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert, zumindest nicht bei mir. Das hier ist sein erster Langfilm und ich behaupte, er hat unterschätzt, wie schwer es sein kann über längere Zeit Spannung aufzubauen. Abgesehen davon war er in den Interviews über den Film den ich gelesen habe absolut abgehoben und ziemlich peinlich unterwegs. Wenn mir Kunstfilmstudenten solchen Bockmist erzählen, dann kann ich das ja noch annehmen, die wissen halt noch nicht, wie das im echten Leben so ist, aber wenn ein Mensch, der schon ein paar Sachen gemacht hat (ohne irgendwen dabei zu beeindrucken), sich so wichtig nimmt, dann finde ich das … richtig peinlich. Und nein, das hat mein Empfinden des Films nicht gestört, denn ich habe die Interviews nach Ansicht des Films gelesen, weil ich wissen wollte, wieso man solch einen Film so in den Sand setzen kann.

Sollte D.W. Medoff wider Erwarten das hier lesen: „Alter, kein Mensch hat darauf gewartet, dass du einen Film machst. Krieg dich wieder ein.“

„Pollen“ bekommt von mir 3,5 von 10 möglichen, ein zu wichtiges Thema um es unfreiwillig komisch finden zu können in den Sand setzende, Punkte.


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