Longlegs (Filmkritik)

FBI Agentin Lee Harker (Maika Monroe) wird mit einem neuen Fall betreut, der es in sich hat. Dabei geht es um Familien, bei denen der Vater seine Frau und die Kinder tötet und sich danach selbst richtet. Würde man dabei nicht Botschaften finden, die allesamt mit Longlegs unterschrieben wurden, würde man auf Grund der fehlenden Spuren, keine weitere anwesende Person vermuten und die Taten als Familiendramen abtun.

Bei den FBI-Nachforschungen kommen immer mehr unheimliche Details ans Licht und eine Konfrontation mit Longlegs (Nicolas Cage) scheint unausweichlich. Dann kann Lee ihm endlich die Fragen nach dem Warum stellen, doch ob das wirklich Antworten sind, die sie zufrieden stellen, ist eine ganz andere Sache…

Regisseur Osgood Perkins habe ich im Jahr 2017 kennengelernt mit seinen beiden Filmen The Blackcoat´s Daughter und I Am the Pretty Thing That Lives in the House. Seine Weise Filme zu machen, ist eindeutig nicht für Jedermann aber wer ihn mag, der wird Longlegs sicherlich als seinen bisher effektivsten Film erleben, denn hiermit hat er seine Art perfektioniert. Trostlos, unheimlich und klaustrophobisch.

Die Grundatmosphäre fühlt sich wie ein unangenehmes Gefühl im Körper an, dass ständig wandert und man daher unter der Angst leidet, die Kontrolle zu verlieren. Zusätzlich fühlt man sich auch noch ständig beobachtet. Bildformate, Kamerafahrten, Soundeffekte, Farbfilter, alles ist auf eine gewisse übernatürliche Andersartigkeit zugeschnitten und wirkt dabei dennoch genau so trostlos real, wie das Leben eben manchmal sein kann.

Dabei liefert eine lange Zeit über immer wieder die Erwartungshaltung die Spannung, die der Film von Beginn an mit seiner Stimmung aufbaut. Jederzeit könnte hier etwas Schlimmes passieren, man wartet darauf, sehnt es förmlich herbei und möchte dann flüchten, wenn es wirklich passiert. Ist schon eine interessante Sache, was man hier alles auch an manipulativen Gefühlen erleben kann, wenn man sich auf das Erlebnis einlässt.

Dann wäre da natürlich der Elefant im Raum und das ist Nicolas Cage (The Unbearable Weight of Massive Talent). OK, was sie mit seinem Gesicht mittels Maske aufgeführt haben, wird manchen Menschen sicherlich weniger zusagen. Wie er Longlegs jedoch spielt, ist großartig, der ist völlig in seiner eigenen Welt. Die säuselnde Stimme, wie er Sätze singt, dazu die Hände bewegt und die Kamera dabei öfter auch seine obere Gesichtshälfte nicht zeigt, da ist „creepy“ die einzig wahre Bezeichnung dafür.

Maika Monroe (Significant Other) als Agent Harker bewegt sich ebenfalls außerhalb der Norm, aber während Longlegs ein sehr explosives Verhalten seiner Umwelt gegenüber an den Tag legt, ist sie das genaue Gegenteil, extrem zurückgenommen, unnahbar, beobachtend, blinzle und du vergisst, dass sie auch da ist. Für manche wird es daher schwer sein, zu ihrer Figur eine Bindung zu finden und mit ihr mitzufiebern, doch nicht nur wenn man Außenseiter mag, liefert sie eine starke Projektionsfläche für die eigenen Ängste.

Wenn es zu blutigen Szenen kommt, dann passieren diese oft abseits der Kamera oder in der Vergangenheit, was nahtlos in das bereits vorhandene Gefühl beim Zuschauen passt, eben die Vorstellung, dass hier alles möglich ist (man muss diese Sachen hier eben nicht genau sehen, damit sie ihre Wirkung entfalten). Somit ergibt sich der Übergang zur übernatürlichen Ebene fast schon von alleine, was hier sehr stimmig aufgelöst wurde und zusätzlich abstossende Emotionen erzeugt.

Für mich in Summe ein beengender Trip-Film, den ich sehr gerne gesehen habe und auch gerne mit anderen Menschen über ihn diskutiere. Zum öfter Ansehen – was ich öfters mache mit meinen Lieblingen – finde ich ihn weniger geeignet, aber „einmalig gut“, ist sehr viel besser als zahlreiche andere Genre-Vertreter. Sicherlich einer der eigenständigsten und besten Horrorfilme dieses Jahres und Cage hat man so auch noch nie erlebt. Oder man wird nicht abgeholt und findet ihn als Ganzes furchtbar langweilig, was bei dieser Art den Film durchzuziehen, auch sicherlich möglich ist.

„Longlegs“ bekommt von mir 8/10 unerwartete Geschenke der Kirche niemals annehmende Empfehlungspunkte.


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