Ghostbusters: Legacy aka Afterlife (Filmkritik)

Phoebe (Mckenna Grace) ist anders als ihre Altergenossen und -genossinnen. Sie liebt Wissenschaft, macht gern Experimente und ist sozial, nun, nicht auffällig, aber zumindest unbeholfen. Ihr Bruder Trevor (Finn Wolfhard) ist ganz anders: Er pubertiert. Und Mama Callie (Carrie Coon) hat ein noch viel größeres Problem: Sie hat kein Geld und deshalb wird die Wohnung geräumt.

Also packt sie ihre Kinder ein und fährt zum Haus ihres Vaters, mitten im Nirgendwo. Passend irgendwie, denn er ist eine knappe Woche davor an einem Herzinfarkt gestorben. Das kümmert Callie aber nicht besonders, denn der gute Mann hat sie damals bzw. seine Familie sitzen lassen und sich abgesetzt.

Nun, immerhin ist der Sommerschule-Lehrer von Phoebe, Mr. Grooberson (Paul Rudd), ein sexy Biest und scheint auch Interesse an Callie zu haben. Und der Gute hat auch einen Draht zu Phoebe. Die sich übrigens zwischenzeitlich mit einem jungen Kerl anfreundet, der Podcasts macht und sich deshalb Podcast (Logan Kim) nennt. Trevor indessen verguckt sich in das erste weibliche Wesen, welches er in diesem neuen Kaff sieht, konkret eine Kellnerin namens Lucky (Celeste O’Connor).

So läuft die Sache dahin.

Und oh, fast vergessen: Phoebe ist die Enkeltochter von Egon Spangler, Ghostbuster. Und sein Tod war natürlich kein Herzinfarkt.

Nachdem der mit 100% Frauen im Team besetzte Reboot von 2016 eher kritisch beäugt wurde und nennen wir es mal wohlwollend „gefloppt“ ist, war es nur eine Frage der Zeit bis sich irgendjemand der Sache annimmt und es irgendwie hinbiegt, einen dritten Teil zu den Originalfilmen zu drehen. Und ja, hier ist er. Und am Regiestuhl saß niemand anders als der Sohn von Ivan Reitman, der ja die ersten Filme gemacht hat, nämlich Jason Reitman. Und mit dabei ist auch die gesamte alte Truppe. Bill Murray, Dan Aykroyd, Ernie Hudson und sogar Annie Potts als auch Sigourney Weaver sind wieder dabei. Auch wenn Weaver nur in einer Post-Credit-Szene vorkommt. Und Murray und Hudson nur für ein paar Minuten am Ende. Und Aykroyd hat zwar einen halbwegs langen Monolog, die Story an sich treibt er aber nicht richtig weiter und Schauspielen muss er auch nicht.

Nein, die zentrale Figur in diesem Film ist Phoebe. Denn die ist ein Genie. Und nerdig. Und ein Kind. Also das Heldenmaterial 2022 in Reinkultur. Oh – natürlich – ich habe das Offensichtliche fast nicht erwähnt: Sie ist ein Mädchen. Damit ist alles gesagt. Natürlich rettet sie den Tag (oder die Nacht) und natürlich dreht sich alles um sie. Passt ja auch. Sie ist auch der mit Abstand interessanteste Charakter im Film. Was auch daran liegt, dass alle anderen Charaktere uninteressant sind. Nämlich ausnahmslos.

Tatsächlich war ich Anfang des Films durchaus gewillt der Sache eine Chance zu geben. Und irgendwann nach rund 45 Minuten habe ich gemerkt, dass ich mehr überlege, ob ich das Fleisch für morgen aus dem Tiefkühlschrank genommen habe, als aufzupassen was im Film passiert. Und irgendwann hab ich dann gemerkt, dass da auf einmal Geister im Film vorkommen. Dürfte ich gedanklich wohl ein paar Minuten weggedriftet sein.

Das ist mir schon ewig nicht mehr passiert.

Aber so eine Art Film ist das. Zuerst fokussiert man sich auf die Familie von Phoebe, welche eigentlich völlig uninteressant ist, wären sie nicht die Tochter und Enkelkinder von Egon Spangler. Und dann auf den Charakter von Paul Rudd, den auch niemand in diesem Film gebraucht hätte und dessen Stereotyp dermaßen langweilig ist, dass man nach der zweiten Szene schon gähnen muss.

Und dazwischen kann man anfangen die Szenen zu zählen die fast 1:1 aus den ersten beiden bzw. primär dem ersten Film kopiert sind. Und das trifft es eigentlich am Besten. „Ghostbusters: Legacy“ (wie er bei uns heißt) ist ein nostalgischer Trip in eine Zeit als ein Film wie Ghostbusters einfach das sein durfte was er ist: Ein cooler, dummer, witziger mit Pseudo-Wissenschaft, einem ständig Frauen anbaggernden Venkman (Bill Murray) und Humor, der deshalb witzig ist, weil er so ernst gebracht wird. Hier passiert das nicht. Hier ist Humor immer als Humor zu verstehen und sogar die Charaktere im Film reagieren darauf. Das ist nett und sicher im Trend, aber es fühlt sich einfach nicht wie ein Ghostbusters an. Auch Phoebe ist ein cooler Charakter. Ich würde sie lieben, wenn sie zum Beispiel in „Stranger Things“ vorkommen würde.

Wahrscheinlich werden mich jetzt viele für dämlich halten, aber meiner Ansicht nach kam der 2016 Reboot mit seinem Anarcho-Humor und den Dingen, die er sich getraut hat viel näher an den ersten Film ran als dieses völlig berechenbare und austauschbare Machwerk.

„Ghostbusters: Legacy“ bekommt 5 von 10 möglichen, an sich grundsolide aber leider am Geist der Vorlage kilometerweit vorbeisausende, Punkte.


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