The Night House (Filmkritik)

Bis vor kurzem hat Beth (Rebecca Hall) zumindest nach außen hin, ein glückliches Leben geführt. Ja, sie hatte ihre psychischen Probleme, doch ihr Ehemann Owen (Evan Jonigkeit) war für sie immer der Fels in der Brandung. Nun ist er jedoch für immer aus ihrem Leben verschwunden, denn er hat sich beim gemeinsamen Haus am See in ein Boot gesetzt und mit einer Pistole Selbstmord begangen.

Beth verbringt daraufhin ihre Abende damit, viel zu trinken und nebenbei die Sachen von Owen zu durchwühlen. Dabei findet sie ein Foto einer Dame, die Beth zwar ähnlich sieht, jedoch nicht sie ist. Zusätzlich häufen sich seltsame Ereignisse, bei denen Beth mitten in der Nacht von Stimmen, Musik oder Klopfgeräuschen geweckt wird. Dann wäre da auch noch dieses Licht, auf der anderen Seite des Sees, wo sich doch gar kein Haus befinden dürfte…

Regisseur David Bruckner hat zuletzt „The Ritual“ für Netflix gedreht und führt als nächstes Regie beim Reboot des Hellraiser-Franchise, womit es im Jahr 2022 weitergehen soll. Warum das spannend werden könnte, ist sein vielschichtiger Zugang zu Horror-Thematiken. Vor rund 10 Jahren ist mir Hauptdarstellerin Rebecca Hall (die hier auch als Produzentin agiert) erstmals aufgefallen in „The Awakening“ und nun ist sie zurück in diesem Genre in einem Film, der sich voll und ganz auf sie verlässt.

Nicht nur das, genau sie ist es dann nämlich, die den Film klar über den Durchschnitt hebt. Grundsätzlich einmal ist dies vor allem ein Drama mit Mystery-Elementen und zunächst weiß man nicht, ob sich alle „unerklärlichen“ Geschehnisse, nur in Beths Kopf abspielen und möglicherweise dies ihre Art ist, mit der Trauer umzugehen bzw. den Verlust nicht wahr haben zu wollen. Der Schwerpunkt liegt dabei klar auf der Entwicklung des Charakters und nicht darauf, möglichst stark zu schocken.

Kleinere Spoiler folgen ab nun. Die Grundatmosphäre ist unheilvoll und unheimlich, doch dies (vielleicht abgesehen vom Finale) ist kein Versuch, die Fan-Gemeinde des „The Conjuring“ Universums zu bedienen, sondern ein sehr langsam erzähltes Drama über die Suche einer Frau, nach den wahren Hintergründen für die Tat ihres Mannes. Sie will einfach verstehen warum sie niemals etwas gemerkt hat und was ihren Mann dazu bewegt hat, diese verzweifelte Tat zu begehen.

Hall (Godzilla vs Kong) glänzt dabei mit Intelligenz und Tatendrang und sie erreicht in einigen Szenen eine eindringliche Intensität, die mich als Zuschauer völlig in das Geschehen hinein gezogen hat. Das ist schon ohne Zweifel großartig gespielt und in einer Form einnehmend, die man nicht so häufig zu sehen bekommt. Optisch sind die Momente Highlights, wo ganz normale Räume und Gegenstände plötzlich aus Beths Perspektive so wirken, als würde dort eine Gestalt stehen.

Überhaupt wird die Stimmung mit Bildern eingefangen, wo dich die Dunkelheit langsam zu verschlucken scheint und dennoch nie der Überblick verloren geht. Das Ende bedient dann zwar klar stärker die übernatürliche Seite, dennoch ist das „warum“ hier ein sozusagen schrecklich schönes und rückt die Tat(en) von Owen in ein anderes Licht. Die letzte Szene ist dann im Prinzip eine ein ambivalentes Gefühl auslösende, stoische Erkenntnis des auf lange Sicht „nicht entkommen Könnens“.

Interessante Nebenfiguren, okkulte Bücher und eine auf eine faszinierende Art und Weise abstossende Statue runden das Gesamtbild ab. Ich finde ja diese sich langsam einschleichende Art bei Geisterfilmen immer wieder mal sehr angenehm zur Entschleunigung. Technisch ist alles einwandfrei, Hall spielt überragend und die Erwartungen werden gedehnt und verdreht, am Schluss ist es dann leider dennoch eine Geister-/Dämonen-Story von vielen mit einer Grundaussage, über die man nachdenken könnte, es im im Prinzip jedoch lieber wieder sein lässt.

„The Night House“ bekommt von mir 6,5/10 den Rebecca Hall Bonus zu 100 Prozent voll ausspielende Empfehlungspunkte.


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