X-Men: Dark Phoenix (Filmkritik)

Wir schreiben das Jahr 1992. Nach seinem jahrelangen Kampf für die Rechte der Mutanten, ist Professor Charles Xavier (James McAvoy) endlich am Ziel seiner Träume angekommen. Seine X-Men werden als Helden gesehen und er hat ein Telefon mit einer direkten Leitung zum Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Als bei einer Rettungsmission eines Shuttles im Weltraum etwas schiefgeht, wird Jean Grey (Sophie Turner) einer kosmischen Energie ausgesetzt, die sie eigentlich töten hätte müssen. Stattdessen hat sie die gesamte Energie in sich aufgesaugt. Als sie wieder auf der Erde zurück sind, beginnt Jean immer wieder, die Kontrolle über diese enorme Kraft zu verlieren…

Bevor Disney mit deren MCU die aktuelle Überschwemmung der Comic-Verfilmungen losgetreten hat, begann bereits im Jahr 2000, die Geschichte der etwas anderen Helden. Nach der ersten Trilogie, drei Teilen des Spin-Off rund um Wolverine und drei Teilen der Vorgeschichte der jüngeren Versionen der X-Men, ist dies nun der vierte Film mit dem jüngeren Cast.

Es ist auch sicherlich der letzte Teil dieser Art und das aus gleich zwei Gründen. Erstens hat Disney die Fox-Studios gekauft und wird die Mutanten früher oder später, in ihre eigenen Filme einbauen. Zweitens hat der Film bei einem Budget von 200 Millionen Dollar, nur circa 250 Millionen wieder eingespielt. Zusätzlich ist er auf zum Beispiel auf „rotten tomatoes“, der am Schlechtesten bewertete Film des Franchise.

Um es gleich mal vorweg zu nehmen: ein würdiger Abschluss für eine fast 20 Jahre andauernde Geschichte, ist es nicht geworden. Besser als die drei X-Men Filme, die mich am Meisten enttäuscht haben – Der Letzte Widerstand, Apocalypse und X-Men Origins Wolverine – finde ich ihn dennoch. Was man dabei jedoch von Beginn an vergessen sollte, ist es eine gewisse Logik auf die ganze Sache anzuwenden (damit meine ich nicht den fehlenden Alterungsprozess, da unsere Helden seit dem dreißig Jahre zuvor spielenden First Class, kaum gealtert sind.)

Immerhin haben die vorletzten Abenteuer der X-Men in Zukunft ist Vergangenheit die Zeitlinien derart verändert, dass sowieso keiner mehr durchblickt und ein Anschluss an die zeitlich danach spielende alte Trilogie, nicht mehr möglich war. Persönlich wäre mir ja lieber gewesen, sie hätten hier eine neue Story erzählt und nicht versucht die bereits in Der Letzte Widerstand verpatzte Phoenix-Saga besser zu machen. Aber egal.

Dass es bei Mutanten und deren Ausgrenzung wegen Andersartigkeit, auf die reale Welt bezogen um Rassismus geht und man das was man fürchtet viel lieber zerstört als es kennen zu lernen, das kommt auch hier als Botschaft an. Spätestens seit Michael Fassbender die Rolle des Magneto übernommen hat ging es für die Mutanten und speziell Xavier ja immer darum Magneto zu beweisen, dass er nicht so schlecht ist wie er glaubt, das Gute in ihm überwiegt und er nur umkehren muss.

Diesen Part hat nun Jean Grey übernommen bzw. ihr von zu viel Macht und einem Verrat in ihrer Kindheit korrumpierter Geist. „Jean komm zu uns zurück. Die echte Jean ist da noch drinnen. Gemeinsam schaffen wir das“ So weit so bekannt. Was dabei wichtig ist zu sagen (jedoch auch irgendwie unnötig bei einem siebten Teil), ist dass die Bindung zu Charakteren nur funktioniert, wenn man die vorigen Teile gesehen hat.

Oder wie ich, der nicht die Avengers las als Kind, sondern (neben Spiderman) zahlreiche X-Men Comics. Warum zwei der Charaktere Jean zuerst töten wollen (ist bei einem klar) und dann plötzlich für sie kämpfen (ging zu schnell), dass ist dennoch nicht ganz nachvollziehbar für mich. Produzent Simon Kinberg feiert hier ja sein Regiedebüt und hat hier bereits für seinen vierten X-Men Film das Drehbuch verfasst, doch der „Out of Character“ Moment von Beast und ein schneller Gesinnungswandel von Magneto, sind dennoch nicht stimmig. „Seine Charaktere“, sollte er wirklich besser kennen.

Was dafür sehr gelungen ist, sind die Action-Sequenzen und der Einsatz der spezifischen Fähigkeiten der Mutanten. Ich habe hier zum Beispiel die besten „Storm in Action“- Momente aller X-Men Filme gesehen, Nightcrawler ist unheimlich effektiv nachdem er „ausflippt“, Magneto ist an Macht und Coolness kaum zu überbieten und Jean, nun ihre „Unbesiegbarkeit“ ist eindeutig und sogar Magneto hat gegen sie keine Chance.

Die Effekte sind dabei stark, andersartig und stimmig, nur hin und wieder (siehe die mutierten Haare) schleichen sich kleinere Schwächen ein. Es ist wohl auch der brutalste Film der Reihe (dennoch meilenweit entfernt von der Gewalt eines Logan oder Deadpool), da kaum sonst so viel Gegner aufgespießt oder in ihre Einzelteile zerlegt werden, jedoch handelt es sich dabei nie um Menschen (auch wenn sie so aussehen).

Natürlich spielt auch die Erwartungshaltung eine große Rolle und da sich dieses Abenteuer eher wie ein Neustart und nicht wie ein Abschluss anfühlt, wird diese nicht so richtig erfüllt. Dafür finde ich die Schauspieler sind hier voll bei der Sache (vor allem die junge Garde), was sie nicht in jedem Teil des Franchise waren. Ein Highlight ist wie immer Michael Fassbender (Assassin´s Creed) als Magneto.

Auch wenn er hier so oft wie nie in die Schranken gewiesen wird, er hat einfach eine unheimliche Präsenz und man sieht seinen Blicken und Gesten eindeutig den Schmerz seines Charakters an. Bei James McAvoy (Glass) finde ich den Ansatz sehr gelungen, dass er wohl aus Bequemlichkeit immer mehr zu dem wird, was er früher bekämpft hat und Fehler aus Stolz zunächst nicht eingestehen kann.

Sophie Turner (Barely Lethal) als Jean hat nach dem Unfall eine fremdartige Aura an sich, die sie einigermaßen bedrohlich erscheinen lässt und ihre Kräfte sind hier bisher am Eindrucksvollsten inszeniert. Nicholas Hoult (Collide) als Beast wird immer mehr zum Mentor für die Jungen, jedoch begeht er aus Schmerz heraus einen Fehler, der nicht so zu seiner Figur passt und auch ohne Konsequenz bleibt.

Sehr viel Spaß hatte ich mit Alexandra Shipp (Kung Fury) als Storm und Kodi Smit-McPhee (Let Me In) als Nightcrawler, die jedoch leider nur als Nebencharaktere fungieren und von denen ich gerne mehr gesehen hätte. Was mich am Ende zu Jennifer Lawrence als Mystique bringt, die sich in den Filmen immer weiter vom Comic-Original wegbewegt hat, in „Zukunft ist Vergangenheit“ die zentrale Figur war und deren Handlungsstrang sich dem Ende zuneigt, was zur sichtbar schwindenden Spiellust von Lawrence passt.

Insgesamt also einer dieser Filme, der viel besser funktioniert, wenn man als Zuschauer einiges an Wissen und Gefühlen für die Charaktere mitbringt und sich dann mit dem Gesehenen ergänzt. Einige Teile sind sehr gelungen, schauspielerisch und technisch gibt es auch kaum Mängel, eine Bindung zu den Figuren die man nicht schon vorher hatte, wird jedoch so gut wie gar nicht hergestellt. Ein episches Finale ist es schon gar nicht, das will es aber auch nicht sein.

„Dark Phoenix“ bekommt von mir 7/10 trotz all der Zwistigkeiten, am Ende wieder zur Familie zurück findende Empfehlungspunkte.


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