Jean-Claude Van Johnson (Serienkritik)

Der Schauspieler Jean-Claude Van Damme ist in Wahrheit … Schauspieler. Und außerdem ein Geheimagent, der auf den Codenamen „Johnson“ hört. Mittlerweile hat sich der gute Mann zur Ruhe gesetzt und lebt von Glanz und Glorie der alten Tage. An die sich aber niemand mehr außer ihm erinnert.

Als er zufällig seine Ex-Partnerin und verloren geglaubte Liebe Vanessa (Kat Foster) auf dem Weg zu einem Einsatz sieht, merkt er, wie sehr er sie immer noch begehrt. Also gibt es nur eine Lösung: Zurück in den aktiven Dienst. Als Schauspieler undercover auf einem Filmset wird die Beziehung von Vanessa und Jean-Claude auf die Probe gestellt, denn Johnson … nun, der ist nicht mehr der Jüngste.

Unterstützung bekommen Sie vom ehemals für ein Drogenkartell gearbeitet und mittlerweile die Seiten gewechselt habenden Luis (Moises Arias). Und die beiden können jede Unterstützung brauchen, die sie bekommen können, denn dieser Auftrag wird ihnen alles abverlangen.

Jean-Claude Van Damme ist ja einer der ganz großen Stars gewesen. Damals als Ein-Mann-Armeen noch in waren und Leute wie er, Stallone oder Schwarzenegger ganz allein ganze Wellen an bösen Buben über den Jordan schicken konnten und alle fanden das toll und sehenswert.

Nun. Das ist lange her. Heutzutage braucht man als Held ja mindestens einen Komplex (am besten mehrere) und ein Trinkproblem. Oder eine Depression. Oder Kreuzweh. Oder am besten alles zusammen. Denn nur dann ist man sozusagen „echt“. Leute, denen es gut geht – die sind ja nicht echt, die sind nur Figuren. Hab ich mal gehört.

So gesehen war es Zeit für Van Damme nach seinen letzten größeren Filmen („The Expendables 2„) und seinem Seelenstriptease („JCVD“) mal was Neues zu machen. Und siehe da – Amazon produzierte doch tatsächlich diese Serie mit ihm in der Hauptrolle. Erfunden hat die ganze Chose Dave Callaham, der auch die „Expendables“ aus der Taufe hob und der scheinbar auch für den neuen „Wonder Woman“ das Drehbuch verfassen soll. Wenn dem so ist, dann können wir uns wohl auf eine etwas aufgebohrtere und unkonventionellere Diana Prince gefasst machen als in der „Ich mache alles wie die anderen“-Version von 2017.

Was ich damit meine kann man bei Jean-Claude Van Johnson super sehen. Der Film nimmt seinen Hauptdarsteller dermaßen auf die Schaufel, dass man zweitweise schon wirklich überlegt, wieso Van Damme da mitmacht – und allein deshalb hat der gute Mann bei mir schon Bonuspunkte bekommen – und geht gleichtzeitig zu 100 Prozent respektvoll und liebevoll mit seinen Figuren um (sogar mit den Bösen).

Da wird ein paar Folgen lang als Cover für den Agenteneinsatz eine Action-Version von „Tom Sawyer“ gedreht (die ein Wahnsinn ist!), es kommen Zeitreisen ins Spiel und gängige alte Stereotypen werden genauso wie Filmklischees der 80iger nicht nur persifliert sondern auch zelebriert. Bei Schlägereien stellen sich die Angreifer dann schon mal der Reiehe nach an, weil „wenn man gleichzeitig angreift, dann wird das zu unübersichtlich“. Kurz: Ein (positiver) Wahnsinn.

Dazu kommt eine Portion an Kitsch und Pathos, die in einem anderen Kontext nur schwer auszuhalten wäre, aber wenn hier JCVD über seine Kindheit auf der Vogel Straußen-Farm spricht, dann kann man sich das Lachen nur sehr schwer verkneifen. Und die Auflösung dazu ist dermaßen klar und „Rosemunde Pilcher auf Muskelmann“, dass die dramatische Musik dazu einfach nur super ist.

Van Damme („6 Bullets„, „Dschungelcamp„, „Enemies Closer„), der sich auch gleich in mehreren Rollen spielt (ja, sich selbst!) und dann noch weitere Rollen übernimmt, macht seine Sache extrem gut. Allein die allererste Szene, die zu 100% klassischer Van Damme ist, zeigt schon die Fahrtrichtung der Serie und Van Damme bleibt der Dreh- und Angelpunkt von allem. Er ist einfach das Herz dieser Serie.

An seiner Seite steht Kat Foster, die als Vanessa eine gute Figur macht – zumindest wenn sie keine Actioneinlagen zu bestreiten hat, denn gerade bei einem Zweikampf zwischen zwei Frauen am Ende (ja, eine davon ist sie) merkt man extrem, dass keine der beiden auch nur im Ansatz kämpfen kann. Schade. Denn bis dahin hatte ich es ihr zugetraut.

Moises Arias, den ich primär aus „The Kings Of Summer“ kenne, hat hier eine absolut irre Rolle, die leider zu wenig genutzt wird und die man einfach links liegen lässt. Es gibt ein paar extrem super Momente mit ihm, alles in allem wird er aber leider verschenkt.

Die Serie selbst ist über große Teile harmlos, wird dann aber doch unerwartet brutal. Gerade die letzten beiden Folgen sind nicht ohne. Da sieht man schon mal wie einem Bösen ein Messer wirklich langsam in den Brustkörper gedrückt wird (eine Szene, die sich seit „Soldat James Ryan“ in mein Hirn gebrannt hat und die ich nie, nie wieder in einem Film sehen wollte) – das kam unerwartet und passt für mich irgendwie auch nicht ganz zum Rest der großteils wirklich harmlos wirkt.

Alles in allem ist die Serie aber ein harmloser Spaß, der sich leider in den letzten beiden Folgen zu ernst nimmt, aber dennoch die ganze Zeit über unterhaltsam und lustig bleibt – und das nicht nur für Fans von Van Damme. Dazwischen gibt es – quasi als Dreingabe – ein paar nette Wortmeldungen über das Leben („I need you!“ – „Nice. But that is not love.“)

Und die Message der Serie, die am Ende – als Van Damme sich seinem Innersten stellt („There is a hole in your heart that never has been filled. You so deeply long to be loved.“) – angenehm unkitschig rüberkommt ist wirklich, wirklich super gelungen und ja, ich gebe zu: Ich war tatsächlich gerührt. Von Jean-Claude Van Damme. Das muss man erst mal schaffen.

„Jean-Claude Van Johnson“ bekommt von mir 7,5 von 10 möglichen, in den letzten beiden Folgen schwächelnde, Punkte.

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