Ben Hur (2016 Filmkritik)

Judah Ben Hur (Jack Huston) ist ein jüdischer Prinz. Sein Adoptiv-Bruder Messala (Toby Kebbell) fühlt sich nicht von der neuen Familie angenommen und nur von seinem Bruder verstanden. Nach einer kleinen Streiterei mit der Ziehmutter macht sich Messala auf in die weite Welt um seinen Platz in ebendieser zu finden.

Seine Rückkehr ist freudig, aber nicht lange, denn Messala arbeitet nun für die Römer und ist ranghoher Soldat. Pontius Pilatus wird in Kürze in die Stadt kommen und Messala bittet seinen Bruder Judah, ihn dabei zu unterstützen die Zionisten von einem Anschlag abzuhalten, da er sonst nicht für die Sicherheit der Stadt (Pilatus ist eher ein rachsüchtiger Mensch, der Juden so gar nicht gern hat) garantieren kann.

Aber es passiert natürlich etwas Schlimmes und Judah verliert nicht nur sein Haus, sondern auch seine Familie und seinen Ziehbruder – der ihn dazu verdammt auf einer Galeere als Sklave sein Leben zu fristen. Aber Judah kommt frei. Und schwört Rache …

Nein. Einfach nein. Ein Remake von Ben Hur? War das notwendig? Und wie kann man nur glauben, dass dieses Unterfangen auch nur in irgendeiner Art und Weise gut ausgehen kann? Hoffentlich niemand. Meine Erwartungshaltung war absolut unten und ich habe bereits im Kopf eine negative Kritik geschrieben, bevor ich den Film überhaupt gesehen habe.

Dann sah ich den Trailer (deutsche Fassung) im Kino und das erste Bild, dass mir im Kopf blieb war Morgen Freeman mit seinen Rasterzöpfen und – Hand aufs Herz – wenn der Film ernst gemeint war, dann hat er allein mit diesem Bild – nochmals: Morgen Freeman mit Rasterzöpfen! – allen Anspruch auf seriöse Behandlung verloren. Wie kann jemand wie Timur Bekmambetov (der ja primär für seinen visuellen Stil so gelobt wird) sich an so ein Remake wagen?

Bekmambetov hat auf seiner Liste Filme wie „Wächter der Nacht“ und „Wächter des Tages“, ebenso wie die Comic-Verfilmung „Wanted“ mit Angelina Jolie (und ja, ebenfalls Freeman), genauso wie den schrägen, aber coolen „Abraham Lincoln: Vampire Hunter„.

Dazu ein Cast, der sich wirklich reinhängt – wie zum Beispiel Jack Huston („Pride And Prejudice And Zombie„) mitspielte, der Judah Ben Hur wirklich gut spielt (zu den peinlichen Momenten komme ich später), oder Toby Kebbell, der seinen Bruder Messala verkörpert und mir bekannt ist aus „Dead Man’s Shoes„.

Visuell ist der Film auch wirklich gut gelungen und es sind ein paar neue Ideen drin, die zumindest ich so noch nie gesehen habe. Zum Beispiel eine Seeschlacht aus der Perspektive der Galeerensklaven unter Deck. Auch das Drehbuch nimmt sich Zeit die Figuren vorzustellen und zu zeigen, wie gut sich die beiden Brüderim Geiste verstehen. Auch, dass sich Messala wirklich bemüht Frieden zu schaffen und Gefahr zu bannen, während Judah sich nur bemüht dumme Hitzköpfe vor einer Dummheit zu bewahren – und beide mögen sich dennoch in all ihren verschiedenen Ansichten.

Dann kommt der Punkt, an welchem alles bergab flitzt. Damit meine ich das Leben von Judah Ben Hur und auch die Qualität des Films. Das Drehbuch, welches davor passend war und Raum für Charaktere gegeben hat, kippt dann in Klischees und dumme Sprüche. Sogar Charaktere, die davor sympathisch und sogar ein wenig Tiefe haben, verlieren(!) diese in der zweiten Hälfte des Films.

Das fängt bei Morgan Freemans Auftritt an (üblicherweise ist dieser Moment in einem Film immer ein guter Moment) und endet beim wohl peinlichsten Wagenrennen in der Filmgeschichte. Dass Judah der einzige Mann in weißer Kleidung ist, die einzigen weißen Pferde hat und den einzigen weißen Wagen (und noch dazu der einzige, der nicht schummelt), ist auch schon mal eine Bildsprache, die sehr klar ist. Von dem neuen Ende – Verzeihung, Vergebung und der heilendste Regen aller Zeiten – mal gar nicht anzufangen. Was da alles an inszenatorischen Schwächen auf die bis zur Hälfte positiv gestimmten ZuseherInnen losgelassen wird ist eine Frechheit. Ernsthaft. Das Wort „Fremdschämen“ wird dem nicht mal ansatzweise gerecht.

Wirklich schade, denn die erste Hälfte des Films fand ich wirklich gut gelungen und just in dem Moment als ich zu meiner Mitseherin sage „Der ist ja viel besser als ich dachte“, biegt der Film ab und setzt sich selbst in den Sand. Das war grob zur Halbzeit … und jedes Mal wenn später Morgen Freeman auftaucht bin ich ungewollt zusammengezuckt (oder musste Lachen, das variierte).

„Ben Hur (2016)“ bekommt 4 von 10 möglichen, leider mit jeder Minute Laufzeit an Qualität abnehmenden Empfehlungspunkten.

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