Emelie (Filmkritik)

Die junge Emelie (Sarah Bolger) steht überraschend als Babysitterin für Jacob (Joshua Rush), Sally (Carly Adams) und den jüngsten Bruder Christopher (Thomas Bair) vor der Tür, da die übliche Bekannte namens Maggie verhindert ist, an ihrer statt jedoch Anna schickt.

Natürlich macht man sich ein wenig Gedanken, dann immerhin hätte man schon gern einen Anruf gehabt vorher, aber da die Kinder (allen voran der Revoluzzer Jacob) nerven, findet man sich damit ab – es sind ja nur ein paar Stunden – und beschließt den Abend zu zweit zu genießen. Was soll schon passieren?

Allerhand kann passieren, denn Anna heißt tatsächlich Emelie Medea, ist kein durchschnittlicher Babysitter und die Kinder dürfen Dinge tun, die sie wohl üblicherweise nicht tun dürfen …

Emelie-movie

Das ist ein wirklich gemeiner Film, der mich anfangs sehr unangenehm berührt hat. Denn anstatt die übliche Version A (Babysitter im Haus, Irrer ist draußen und will alle – hauptsächlich natürlich, die junge, hübsche, Hotpants oder kurze Shorts tragende, Babysitterin – umbringen) zu verwenden oder auf das Klischee B zurückzugreifen (die nette Babysitterin (erneut: In Hotpants oder Shorts, jung jübsch und gerne leicht bekleidet) stellt sich als Bestie heraus, die alle töten oder essen will, weil sie in Wahrheit dem Teufel dient), greift Drehbuchautor Rich Herbeck (sein erstes Drehbuch) auf einen anderen Trick zurück der irgendwie mehr in die Schiene Thriller passt als Horrorthriller.

Emelie ist natürilch kein Engel in Not. Sie ist der Grund weshalb die übliche Babysitterin verschwunden ist. Sie hat die Familie bewusst ausgewählt und auch ihr Mittelname „Medea“ (der später im Film aufgedeckt wird) ist kein vom Drehbuchautor zufällig gewählter Name. Denn Emelie möchte … nun, das sollte man wohl selbst sehen. Jedenfalls ist die erste Stunde wirklich spannend, da man nie genau weiß, was die gute Frau als nächstes tun wird. Und sie macht ein paar sehr ungute Sachen. Allerdings mehr in Form von „ähm … da werden sich die Eltern aber freuen, wenn sie nach Hause kommen.“ Die Kinder dürfen sich im TV zuerst ansehen was sie wollen, dann dürfen sie die Wände beschmieren und dann müssen sie mit Emelie gemeinsam einen sehr privaten Pornofilm gucken, während der älteste Sohn beim Versteckspielen sehr … grenzwertig/erotische/abstossende/zumindest verwirrende Erfahrungen macht.

Das schafft Emelie im Handumdrehen – sie schmeichelt sich bei den Kindern ein und macht sich beliebt, nur um nach und nach zu übertreiben und die Kinder zu einem Verhalten anzustacheln, dass absolut nicht sozial verträglich ist. Nach und nach bekommt man als Zuseher auch offenbart, was sich im Kopf der jungen Dame tut und plötzlich – kippt der Film in einen durchschnittlichen „Fang mich, ich versteck mich und räche mich“-Filmchen um. Leider. Die letzte halbe Stunde geht den Bach runter, weil man sich auf die üblichen „Hasch mich, ich bin so böse!“-Spielchen verlässt.

Aber die ersten zwei Drittel (ungefähr) sind wirklich gut geworden und langsam aber sicher wird an der – wenn schon nicht Spannungs-, dann zumindest der – „Was ist denn jetzt los mit dieser Irren“-Schraube gedreht. Und Sarah Bolger („Der Lazarus-Effekt„, „Die Spiderwick Chroniken„) macht das verdammt gut und sie ist auch der Hauptgrund weshalb der Film die ersten zwei Drittel so gut funktioniert. Sie ist sympathisch, verstörend, versöhnend, zuvorkommend, nachtragend, sadistisch, erotisch, beschämend – die ganze Palette. Immer mit diesem herausforderndem Zwinkern im Auge. Das macht sie verdammt gut. Bei den Kindern hat sie verdammt schnell alle Sympathien auf ihrer Seite. Vor allem Jacob versucht Emelie anfangs zu beeindrucken, lernt aber schnell die andere Seite von ihr kennen.

Meine Hochachtung auch vor den KinderschauspielerInnen, denn eine Figur wie Jacob kann schon verdammt rasch nervig werden, aber hier bleibt er immer im Rahmen dessen, was man als Zuseher erträgt und sogar großteils okay findet. Joshua Rush macht seine Sache da wirklich gut. Carly Adams als mittlere Schwester ist genauso gut, hat allerdings weniger zu tun. Für ihre erste Filmrolle kann ich aber nur sagen: Sehr gut gemacht. Gleiches gilt für den sehr, sehr jungen Thomas Bair, der doch ein paar sehr intensive Szenen mit Sarah Bolger hat.

Alles in allem also ein spannender Film, der vielleicht nicht alles erklärt und seinen interessanten Ansatz am Ende in den Wind schießt, um auf einen durchschnittlichen Slasherplot aufzuspringen, so bietet er doch in den ersten zwei Drittel genug interessante neue Momente, um sehenswert zu sein.

„Emelie“ bekommt von mir 6,5 von 10 möglichen, im letzten Drittel leider völlig absackende, aber von Sarah Bolger toll herausgerissene, Punkte.

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