Oldies but Goldies: Alligator (Filmkritik)

Ein Babyalligator wird durch die Toilette in den Untergrund gespült und lebt fortan im Kanalsystem von Chicago. Überleben kann er, weil er sich von Laborratten, die mit Wachstumshormonen gefüttert und dann entsorgt wurden, ernährt. Dabei wächst er ins Übergroße und langsam, aber sicher, kommen auch die ersten Leute zu schaden.

Als die Stadt darauf aufmerksam wird, ist es beinahe zu spät – das Militär rückt an und ein durchgeknallter Jäger meint, er könne das Vieh erlegen. Als der Alligator aus dem Untergrund ausbricht und eine Spur der Verwüstung durch Chicago zieht, scheint es fast zu spät zu sein, das Ungetüm noch zu stoppen.

alligator

Was da im Jahre 1980 auf uns losgelassen wurde, ist mit Sicherheit einer der besten Vertreter der damaligen Horrorfilme, auch wenn der Film heutzutage wohl nur noch Filmfanatikern ein Begriff ist. Das mag wohl daran liegen, dass „Alligator“ seiner Zeit weit voraus war und bereits damals mehr eine Satire war, als ein richtiger Horrorfilm. Allein die Story von „Alligator“ ist bereits genial und nimmt gekonnt das damals weit verbreitete Gerücht, dass Alligatoren in den Kanalsystemen unter den Großstädten leben würden die sich vom Abfall ernähren, gekonnt auf die Schaufel.

Dazu kommt noch der klassische Polizist, der wittert, dass da etwas nicht in Ordnung ist und sich die Sache näher ansehen will, dem aber niemand glaubt, weil er a) ein eher ungehobelter Kerl ist und b) er Schuld am Tod seines ehemaligen Partners zu sein scheint. Ein Schicksal, dass sich übrigens bei der Durchsuchung des Kanalsystems in Begleitung des einzigen Polizisten (ein sehr junger Anfänger) und einzigen seiner Kollegen, der noch mit ihm zusammenarbeiten will, wiederholt. Letztlich wird er sogar gefeuert.

Aber das macht nichts, denn das hält echte Kerle nicht auf – schon gar nicht, wenn die Biologin und einzige Person, die denkt, dass an der Story was dran ist, sich mit ihm verbündet, während das Militär bzw. der Großwildjäger erbärmlich daran scheitern, das Tier aufzuhalten.

Robert Forster („Das schwarze Loch“, „Mullholland Drive“) spielt den griesgrämigen und ungehobelten Polizisten immerzu mit einer Mischung aus Ernst und Sarkasmus, was ihm sehr gut zu Gesicht steht. Auch Robin Riker (die Stimme von „Lilith“ im „DMC: Devil May Cry“-Reboot) spielt ihre Sache sehr gut und legt ihre Figur mehr oder minder als Satire an.

Michael V Gazzo („Der Pate Teil II“) spielt den rauchstimmigen Polizeichef, wie er aus dem Klischeebuch nicht besser hätte kommen können, perfekt (eine Rolle, die er übrigens in „Last Action Hero“ wieder aufleben lässt) und Henry Silva („Ghost Dog“ von Jim Jarmusch, „Dick Tracy“) hat als durchgeknallter, sich selbst überschätzender und ein bisschen gruseliger Großwildjäger absolut seinen Spaß.

John Sayles lieferte vor „Alligator“ bereits das Drehbuch zum Kulthorror „Piranha“ ab und später fügte sich auch noch (der erste) „Howling“ in seinen Lebenslauf ein. Der Mann scheint ein Händchen für Drehbücher mit Tieren zu haben. Regie hat Lewis Teague geführt, der davor oder danach nichts mir geläufiges produziert hat, was mir unverständlich ist, denn „Alligator“ macht alles richtig.

Natürlich darf man während des Ansehens nicht vergessen, dass der Film vor gut 30 Jahren gedreht wurde, also die Technik nicht den Standard von Anno 2014 erreicht, aber dafür wird viel mit echten Tieren gearbeitet und mit Robotern, also kein CGI oder ähnliches, was grundsätzlich schon mal gut ist. Gerade anfangs wird viel mit Suspense gearbeitet und der Alligator immer wieder nur angedeutet, oder nur Teile davon gezeigt – eben genau so, wie es die großen (zB: Jaws) vorgemacht haben. Wenn dann das ganze Tier gezeigt wird, dann ist das meist ein Roboter, der aber super aussieht, oder ein echter Alligator, der durch eine Miniaturstadt gescheucht wird (was damals schon doof ausgesehen haben muss, aber dennoch absolut super ist).

Alles in allem kann man „Alligator“ nur gratulieren, das vorweg zu nehmen, was „Lake Placid“ Jahre später versucht hat – eine Persiflage auf Tierhorrorfilme zu sein und gleichzeitig auch jene zu befriedigen, die tatsächlich einen Tierhorrorfilm sehen wollen. Geht „Lake Placid“ nur als Komödie durch (und die Teile 2, 3 und 4 nur als Trash), so ist „Alligator“ tatsächlich beides: Ein ernstzunehmender Horrorfilm (gerade die Szenen im Kanalsystem), also auch Satire (speziell das Finale ist genial – ich sage nur „Gullideckel“).

„Alligator“ bekommt von mir 8,5 von 10 möglichen, die Satire im Horrorgenre vor seiner Seite auf den Punkt bringende, Punkte.

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2 thoughts on “Oldies but Goldies: Alligator (Filmkritik)

  1. Eine wahre Hommage an die Filmkunst von vor 30 Jahren! Für meinen Begriff handelte es sich damals noch um Filme und nicht um halb computeranimierte Streifen, wo man gleich das Gefühl hat, das es doch eh „nur“ Film ist. Damals kam noch wahre Spannung auf!

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