Rachels Hochzeit – Rachel Getting Married (Filmkritik)

Kym (Anne Hathaway) kann es kaum erwarten endlich aus dem Entzug zu kommen, denn sie hat für die Heirat ihrer Schwester Rachel (Rosemarie DeWitt) eine Auszeit bekommen. Aber als sie zurück kommt, ist nichts wie sie es erwartet und viele alte Konflikte und Probleme kochen hoch.

Rachels Hochzeit

Experimentell beschreibt diesen Film wohl sehr gut, denn dieser Film hat nichts mit dem üblichen Hochglanz Filmen, die Hollywood sonst so produziert, gemeinsam. Regisseur Jonathan Demme ging hier seinen eigenen Weg und schuf eine Art Genre, dass es schafft, authentisch und real zu wirken. Nach seinem bisher größten Erfolg, „Das Schweigen der Lämmer!“, verschrieb sich Demme immer mehr gesellschaftskritischen Filmen. Davon zeugt auch sein Aids-Drama „Philadelphia“.

„Rachels Hochzeit“ ähnelt schon fast einem Dokumentarfilm, bei dem eine reale Familie begleitet wurde. Leider weist auch die Regie die vielen Nachteile einer solchen Verfilmung auf: wackelnde Kamerafahrten, endlose Einstellungen und teilweise auch unscharfe Bilder. Der Regisseur und sein Kameramann wollten ein „Home Movie“ drehen, tatsächlich wirkt der Film stellenweise wie ein privates Hochzeitsvideo.

Das Spannende an „Rachels Hochzeit“ ist jedoch, dass man als Zuseher quasi völlig ohne Vorkenntnisse zur Familie stößt, und dann mit ansehen kann, wie langsam die Wunden der Vergangenheit aufbrechen. Teilweise bekommt man so ganz direkte Einblicke in die dunklen Kapitel der Familie, an manchen Stellen muss man aber auch seine eigenen Schlüsse ziehen, und die Geschichte selbst weiterspinnen.

Unter der Regie von Demme erfahren Kym, aber auch ihre Familie, eine knallharte Entwicklung hin zu einem Neuanfang im Leben. Was diesen Film sehr sympathisch macht, ist das Motto: Hier gibt es keine Helden oder Bösewichte, sondern nur Individuen mit ihren ganz individuellen Stärken und Schwächen. Leider geht trotz der guten Charakterentwicklung die Filmhandlung oft nur sehr schleppend vorwärts und oft liegt ein Augenmerk auf überflüssigen Details, was dem Film stellenweise einiges an Schwung raubt.

„Rachels Hochzeit“ lebt von den zwischenmenschlichen Spannungen, die sich im Laufe der fast zwei Stunden dieses Films immer weiter aufbauen. Eine gewisse Affinität für menschliche Dramen und lange Dialoge sollte man als Zuseher schon mitbringen, denn wer eher auf Actionkino steht, dürfte sich schnell langweilen. Wer hingegen bereit ist, sich in eine Frau hineinzudenken, die permanent um bzw. mit ihrem Lebenswillen kämpft und dabei der überschwänglichen Hochzeits-Gesellschaft den Spiegel der Realität ein ums andere Mal vorhält, dürfte viel Freude an „Rachels Hochzeit“ haben.

Am Ende übertreibt es Demme bei seiner Hochzeitsgesellschaft ein wenig. Da reiht sich ein Lied an das nächste und ein Tanz an den anderen an. Von afrikanischen Rhythmen bis hin zu brasilianisch anmutender Musik und Rap – es wirkt als ob man in der kurzen Zeit möglichst viele Genres und Kulturen unterbringen wollte, doch die Zelebrierung der Musik und des Exotischen wirkt hier schon unglaubwürdig.

Die Schauspieler machen alle ihren Job, aber Anne Hathaway (Les Misérables) ist herausragend. Während man sie zur damaligen Zeit eigentlich nur aus romantischen, leichten Komödien kannte, versucht sie sich hier erstmals an einer anspruchsvollen Rolle. Sie schaffte es die junge Frau zwischen tiefer Verzweiflung und trotziger Selbstsucht mit einer Selbstverständlichkeit zu spielen, die ihr wohl kaum jemand zugetraut hätte. Jeder Augenaufschlag und jede Zigarette im Mundwinkel, alles scheint real und authentisch. Es folgte eine verdiente Oscar-Nominierung.

Weiters erwähnenswert ist Rosemary DeWitt (Mad Men), die Kyms Schwester spielt. Hin und her gerissen zwischen dem Wunsch zu vergeben und der Mühe ihren Hass zu vergessen, versucht Rachel die Anwesenheit ihrer Schwester bei ihrer Hochzeit zu meistern. Auch Debra Winger (In Treatment) als herzlose Mutter ist bemerkenswert glaubwürdig!

Fazit: Durch die Handkamera wackelt das Bild ordentlich, aber es passt zu dem Dokumentar-Stil des Films und man hat durch diese Art des Filmens das Gefühl, live dabei zu sein.

Dieser Film bekommt von mir 7/10 verheiratete Punkte.


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