Hanna (Saoirse Ronan) lebt mit ihrem Vater (Eric Bana) in der eisigen Einöde in Finnland. Der ist ein ehemaliger Elite-Agent und bereitet seine Tochter mit einem jahrelangen und hartem Training auf ihren ersten Einsatz vor. Der führt Hanna durch ganz Europa, wobei sie von einer skrupellosen Geheimdienst-Chefin (Cate Blanchett) und ihren Schergen gejagt wird.
Die Geschichte eines Mannes der seine Tochter zur lebendigen Waffe trainiert kommt einem ja irgendwo bekannt vor. Auch wenn sich die Parallelen dann auch schon in Grenzen halten, ist man im ersten Moment schon beinahe genötigt an „Kick Ass“ und die Geschichte rund um Hit-Girl zu denken. Nun scheint Regisseur Joe Wright eine ähnliche Idee aufgegriffen und verfilmt zu haben. Wright ist bekannt für Filme wie „Stolz und Vorurteil“ und „Der Solist“ und hat damit wiederholt seinen Filmen einen künstlerischen Anspruch verpasst.
Während sich also „Kick Ass“ in quietschig bunten Farben präsentiert ist „Wer ist Hanna?“ vom ersten Moment durch und durch bodenständig. Hanna wächst irgendwie in der Einöde Finnlands auf, wo ihre einzige Bezugsperson ihr Vater ist und man Luxus wie Strom nur aus Büchern kennt. Umso interessanter ist Hannas Reise hinaus in die große weite Welt, wo sie zum ersten Mal Dinge sieht, von denen sie bisher nur gelesen hat (z.B. eine elektrische Lampe oder einen Fernseher). Dabei hat man manchmal auf Grund der Machart den Eindruck, als würde die Tochter von Jason Bourne mit großen Augen das Wunderland für sich entdecken.
Dabei kommt die eigentliche Geschichte um Welten zu kurz. Während Hanna’s Reise einen relativ großen Teil des Filmes einnimmt, bekommt die tragende Verschwörung viel zu wenig Bedeutung und bereits nach kurzer Zeit fragt man sich, warum die bösen Jungs das kleine Mädchen nicht einfach in Ruhe lassen. Eric Bana’s Rolle nimmt zwar am Anfang einen wesentlichen Platz in Hanna’s Leben ein, kommt dann aber nur immer wieder für kurze Zeit vor, nur um zum Schluss ganz verheizt zu werden.
Cate Blanchett als böse Strippenzieherin wirkt zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise bedrohlich (sondern viel mehr psychisch instabil), was dem Film die Spannung nimmt. Tom Hollander scheint als irrer Killer zumindest seinen Spaß gehabt zu haben, was aber am ursprünglichen Problem nicht viel ändert. Das Highlight im Film ist klar Saoirse Ronan, die eine unglaubliche Präsenz besitzt und ihre erwachsenen Kollegen mit Leichtigkeit an die Wand spielt.
„Wer ist Hanna?“ ist kleines Kino mit großen künstlerischen Ambitionen. Vielleicht wäre hier weniger deutlich mehr gewesen. Im Gegensatz zum Eingangs mehrfach erwähnten „Kick Ass“ wirkt das Konzept hier deutlich unrunder – für einen Actionfilm zu wenig Action, für einen Verschwörungsfilm zu wenig Verschwörung, für einen emotionalen Film zu wenig Emotionen usw. An dieser Stelle möchte ich festhalten, dass ich „Kick Ass“ für die bessere Hanna halte und daran ändert klarerweise auch der ein wenig deplatziert wirkende Soundtrack der Chemical Brothers nichts.
Von mir bekommt „Wer ist Hanna?“ 7/10 Empfehlungspunkte.