Cuckoo (Filmkritik)

Die 17 jährige Gretchen (Hunter Schafer) leidet schon jahrelang sehr unter dem Tod ihrer Mutter. Dass sie mit ihrem Vater Luis (Marton Csokas), der Stiefmutter Beth (Jessica Henwick) und der stummen Halbschwester in deren Ferienort in den deutschen Alpen ziehen muss, macht die Sache in keiner Weise besser.

Ihre Eltern sollen hier helfen ein neues Hotel zu bauen, unter der Aufsicht des charismatischen Herr König (Dan Stevens). Dabei bekommt Gretchen von Beginn an sehr seltsame Schwingungen von diesem Ort, jeder verhält sich irgendwie außerhalb der Norm und seltsamerweise kommt es ihr vor, als würde sie verfolgt werden…

Tilman Singer ist ein deutscher Regisseur, der nach seinen ersten Kurzfilmen und nach seinem ersten „Langfilm“ Luz (immerhin 70 Minuten) aus dem Jahr 2018, hier erst seinen zweiten Film inszeniert. Bei dieser amerikanisch-deutschen Co-Produktion ist er auch alleine für das Drehbuch verantwortlich gewesen. Was dann dabei für mich herausgekommen ist, ist eine Fingerübung eines Mannes, der sich mit den richtigen Projekten sicherlich einen Namen innerhalb des Genres machen kann.

Die größte Stärke der Filmes ist dabei die Grundatmosphäre, dieses „hier stimmt etwas nicht“ ist eigentlich von der ersten Minute an klar. Für englischsprachige Zuschauer wirken dabei die deutsch gesprochenen Passagen sicherlich zusätzlich andersartig. Objektiv gesehen benimmt sich an diesem Ort in den Alpen einfach jeder irgendwie seltsam und man kann nicht genau festmachen, was hier genau falsch läuft.

Die Attacken sind ebenso packend inszeniert, wie etwa die Fahrradfahrt im Dunkeln, wo mit den Schatten gespielt wird bei den Angriffen der geheimnisvollen Dame mit den leuchtenden Augen. Die Schreie und das Zoomen auf den vibrierenden Hals, treiben das Unwohlsein dann an die Spitze. Was dabei auf der Strecke bleibt, sind die Figuren. Beim Finale dachte ich mir nur mehr: eigentlich ist mir völlig egal, was diesen Charakteren noch passiert.

Die Auflösung bzw. das Geheimnis dahinter ist ja „batshit crazy“, doch die Inszenierung ist dermaßen nüchtern und der Film nimmt sich dabei extrem ernst, so dass man irgendwie wegen diesem Ungleichgewicht eine gewisse Distanz zum Geschehen entwickelt, wenn man dies auf Grund der Andersartigkeit, nicht bereits vorher schon getan hat. Dazu kommen ein paar Längen mit Storys über die Figuren, die dir entweder nicht wichtig sind oder du weißt, dass diese Person sowieso nicht überlebt.

Bei den Darstellern ist klar Dan Stevens (Abigail) als Herr König das Highlight, hinter jeder seiner Aussagen ist irgendwie eine Zusatzbedeutung versteckt und mindestens eine bedrohliche Botschaft. Je freundlicher er ist, desto unwohler fühlt man sich. Ein perfekter Gegenspieler wegen seiner Unberechenbarkeit und seinen offensichtlich nicht vorhandenen Vorstellungen von Moral. Hunter Schafer (Euphoria) als Gretchen ist zwar eine kämpferische Figur, sie hat mich aber aus irgendeinem Grund kalt gelassen.

Somit hatte ich keine Angst um sie und konnte auch nicht mit fiebern, was nichts mit ihrem „das Final Girl überlebt sowieso“ Status zu tun hat. Gute Leute wie Marton Csokas (The Equalizer), Jessica Henwick (Underwater) oder Astrid Bergès-Frisbey (I Origins) haben als Vater, Stiefmutter und Love Interest der Heldin kaum die Möglichkeit richtig zu zeigen, was sie so können. Dass sie dabei sind, ist aber dennoch eine schöne Sache, man hätte aber gerne (wie so oft) irgendwie mehr bekommen.

Wie im Prinzip vom gesamten Film, er erzeugt das Gefühl dieser großen Auflösung, die dann aber irgendwo zwischen zu schräg um es ernst nehmen zu können und moderner Botschaft (starke Ladys gegen Männer, die sie studieren/kontrollieren wollen) angesiedelt ist und eine klare Zielgruppe vermissen lässt, wenn ich jetzt „Horror-Freunde mit künstlerischem Anspruch“ mal außen vor lasse. Wie anfangs bereits erwähnt, Potential ist aber durchaus da, bleibt spannend, was Singer in Zukunft so abliefert.

„Cuckoo“ bekommt von mir 6/10 den Parasiten innerhalb des eigenen Umfeldes, hoffentlich entkommen könnende Empfehlungspunkte.


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