Saint Maud (Filmkritik)

Maud (Morfydd Clark) ist Palliativpflegerin und sie kümmert sich um die todkranke Amanda (Jennifer Ehle). Die Schwierigkeit an der Sache sind die beiden grundverschiedenen Charaktere, denn Maud ist eine bekehrte und streng gläubige Christin, welche der Meinung ist, sie würde nicht nur die Stimme Gottes hören, sondern ihn auch in sich spüren. Wortwörtlich. Und Gott habe ihr versichert, dass er Großes mit ihr vorhabe.

Amanda hingegen ist eine homosexuelle Frau, die früher Tänzerin war, jetzt im Sterben liegt und ihre letzten Tage, so gut es halt geht, genießen will. Auch macht sie sich bis zu einem gewissen Grad einen Spaß daraus, die gute Maud auf die Schaufel zu nehmen und deren Geduld und Glauben zu testen. Allerdings mehr aus Langeweile, da sie das Haus nicht mehr verlassen kann, denn aus Schadenfreude oder Bosheit.

Tatsache ist: Die beiden Charaktere sind grundverschieden und auch wenn es klares Machtverhältnis gibt, so ist nie ganz klar, wer eigentlich die Regeln bestimmt.

Was Amanda nicht weiß: Maud ist der Meinung, der Erlöser sei auf dem Weg zur Erde und zwar in Gestalt und im Körper von … Maud.

Das ist mal ein Film, wie man ihn nicht alle Tage sieht. „Saint Maud“ wurde von Rose Glass geschrieben und auch in Punkto Regie von ihr umgesetzt. Es ist ihr erster Film und er ist super inszeniert. Die meiste Zeit über sehen wir das Geschehen durch die Augen Mauds bzw. nehmen wir als Zuseher:innen ihre Perspektive ein. Wenn diese also der Meinung ist, sie würde Zeichen und Wunder sehen, dann sehen wir diese auch völlig ohne sarkastischen Unterton oder Zynismus, sondern pur und so wie Maud diese eben empfindet. Und Maud, nun, die empfindet sehr … orgastisch für den Herrn der Schöpfung, wie wir an mehreren Punkten in der Handlung sehen. Aber sie hält sich auch streng an seine Regeln und wenn sie sich selbst dabei erwischt, dass sie diese bricht, nun, dann muss man sich eben selbst bestrafen.

Und das auf durchaus „kreative“ Art und Weise, wenn ich das mal so nennen darf. Stichwort: „Geh eine Meile in meinen Schuhen“ und so.

Eines ist sehr rasch klar: Morfydd Clark ist eine Naturgewalt und ein Wahnsinn. Körperhaltung, Blicke, Bewegungen, alles zusammen genommen ist die Frau einfach perfekt gecastet. Ein so genanntes Graues Mäuschen, welches im Inneren jedoch ein Drache der Rechtschaffenheit ist (zumindest in ihren Augen). Und Clark schafft es, Maud eine innere Spannung zu verleihen, bei der man immer wieder mal darauf wartet, dass es jetzt eine Explosion gibt, die sie jedoch immer wieder (zumindest meistens) abfangen kann. Und das alles in erster Linie mit Mimik bzw. durch ihre Augen ausdrückt. Die Leinwandpräsenz dieser Frau ist wirklich intensiv, was allerdings natürlich zu einem guten Teil auch am (stil)sicheren Händchen der Regie liegt.

Optisch kann man „Saint Maud“ quasi nichts vorwerfen.

Was man dem Film vorwerfen kann, ist sein Marketing, denn wer Trailer geguckt hat, der oder die könnte auf die Idee kommen, dass es sich hier einen Horrorfilm handelt, der in Richtung Exorzismus und Monster und Dämonen und so weiter geht. Das ist völlig falsch. Der Film hat mit diesen Dingen nichts am Hut. Hier treffen zwei Personen aufeinander, die völlig unterschiedliche Lebenskonzepte haben und diese fordern sich gegenseitig heraus. Denn natürlich versucht auch Maud erlösend auf Amanda einzuwirken. Die will davon allerdings überhaupt nichts hören. Davor schafft Amanda es immer mehr Maud zu verwirren, das dazu führt, dass Maud Dinge macht, die sie sich selbst nicht verzeihen kann (zum Beispiel einen Lokalbesuch mit Folgen). Und Maud ist niemand der Fehltritte verzeiht. Schon gar nicht sich selbst.

Was ich also meine ist: Das hier ist kein Horrorfilm per se. Das hier ist ein Slowburner, der sich langsam aber sicher in das Hirn der Zuseher:innen schleicht und dort für eine absolut schräge und unheimliche Grundstimmung sorgt. Für eine Weile war ich mir nicht sicher, wo dieser Film hinführen wird, in welche Richtung die Handlung weitergehen wird. Aber das machte zumindest mir nichts, denn alleine Clark zuzusehen ist schon ein Erlebnis. Und wenn die Kamera noch so gut geführt wird (immer wieder gibt es Aufnahmen mit Maud im Gegenlicht, die ein wenig wirken, also ob sie einen Heiligenschein hätte), dann ist der Film allein optisch schon großartig. Dazu die fantastische Performance und dann … das Ende. Nicht ganz unerwartet, wie ich gestehe, aber sehr effektiv.

Und das tatsächliche Ende … tja. Passt zum Film. Ist richtig irre. Und passt interessanterweise gut zum Hauptcharakter.

„Your savior is coming“. Nämlich.

„Saint Maud“ bekommt von mir 7,5 von 10, vom Marketing falsch verkaufte, aber auf seine Art großartige, Punkte.


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