Antebellum (Filmkritik)

„Du sprichst, wenn du angesprochen wirst. Du verhältst dich ruhig. Du fällst nicht auf. Und du vergisst nie, niemals, wem du gehörst.“

Die Regeln auf der Plantage sind simpel. Es ist tödlich, sie zu brechen. Das müssen die schwarzen (afro-amerikanischen?) Sklaven jeden Tag aufs Neue lernen. Und ihre Aufpasser/Wärter/Besitzer sind nicht zimperlich. Jedes Vergehen wir hart bestraft.

Ganz anders der Alltag im Leben von Veronica Henley (Janelle Monáe), eine erfolgreiche, afro-amerikanische Autorin, die zum Thema Selbstverwirklichung und gegen Diskriminierung Vorträge hält. Dieses Mal geht sie nach dem Vortrag mit Freund*innen etwas trinken und will einen netten Abend zu verbringen. Aber alles kommt ganz anders.

Der Kontrast zwischen der Baumwoll-Plantage und dem Alltag einer erfolgreichen Schriftstellerin könnte größer kaum sein.

Trotzdem gibt es ein Verbindung zwischen diesen beiden …

Das war ja seit langem mal wieder ein Trailer, der mich ziemlich in die Irre geführt hat. Das letzte Mal ging es mir so bei „The Village„, der ja als Horrorfilm beworben wurde und tatsächlich ein Liebesfilm war. Hier ist es ähnlich: Erwartet euch keinen Horrorfilm mit übernatürlichen Wesen oder Monstern oder so. Vergesst das. Der Film geht in eine völlig andere Richtung und ist viel mehr als Thriller zu sehen. Ich meine, die Geschehnisse des Films sind sicher für die Protagonisten der blanke Horror, keine Frage, aber ich wollte damit sagen: Erwartet euch kein „Happy Death Day“ oder so.

Stattdessen stellt euch auf einen ziemlich durchgestylten Film ein, der schon mal mit einer minutenlangen Kamerafahrt durch die Plantage beginnt und gleich mal wirklich gut zeigt, was da abgeht und wie unmenschlich die Verhältnisse dort sind. Weiße sind die Herrscher. Sklaven sind … Sklaven.

Die ersten 30 Minuten spielt der Film auf der Plantage, danach wird die Handlung in die Großstadt verlegt. Und dann laufen, wie üblich, beide Handlungsstränge zusammen. Mehr möchte ich über die Story nicht verraten, bis auf dieses Detail: Es gibt keine Monster in diesem Film, außer den menschlichen. Es gibt auch keine Zeitreise-Sci-Fi-Story oder so in der Menschen hin und her springen in den Zeitebenen. Trotzdem hängen die Geschehnisse auf der Plantage direkt mit denen in der Stadt zusammen.

Ich kann jetzt auch nicht viel über die schauspielerischen Leistungen reden, weil da potentiell viele Spoiler drin sind, aber ich sage es mal so: Alle liefern eine solide bis ziemlich tolle Leistung ab. Die Wandlungsfähigkeit von manchen ist ebenfalls ziemlich beachtlich. Das Setdesign passt perfekt. Die Belichtung ist toll. Die Kamerafahrten passen gut und vermitteln, was vermittelt werden soll.

Trotzdem gibt es ein paar Dinge, die ich eher störend fand. Mir ist schon klar, dass der Kontrast zwischen den Verhältnissen auf der Plantage und denen in der Großstadt klar gezeigt werden sollen, aber dennoch verhalten sich in meinen Augen die Damen rund um Veronica Henley einfach teilweise wie präpotente Idiotinnen. Das ist vermutlich Absicht. Ich fand es aber eher nervig. Ich hätte auch so verstanden, dass sich die Zeiten geändert haben und schwarze Frauen heutzutage viel selbstbewusster sind. Ich hätte das nicht auf eine so plumpe Art vermittelt gebraucht. Aber gut. Soll sein. Man will die Message (was jetzt? Wie … Spoiler? Wenn die Worte „Plantage“ in der Zusammenfassung vorkommen, dann weiß man/frau im Regelfall, dass ein großes Thema des Films Rassismus sein wird) ja immerhin mit dem Hammer in die Hirne der Zuseher*innen klopfen. Subtil geht anders. Auch die symbolhaftigen Bilder sind ziemlich eindeutig.

Das ist vor allem gegen Ende des Films, also in den letzten 10 Minuten, sogar ein bisschen zu viel. Zumindest für mein Empfinden. Lange Zeitlupen, Close-Ups, eine Statute, die jemanden das Genick bricht (welche Statue wem, ist ne klare Metapher) und so weiter. Das war mir einfach zu billig. Auch das Auftauchen einer weiblichen Bösewichtin, die bis zu diesem Punkt zwar schon mal da war, aber keien große Rolle gespielt hat … nein, danke. Ich meine für jene, die dem Film vorwerfen würden, er würde alle Männer als „böse“ darstellen, war es vermutlich wichtig, sie einzubauen, weil es ihnen den Wind aus den Segeln nimmt, aber ehrlich: Für den Film war es völlig unnötig.

Alles in allem fand ich „Antebellum“ trotz der klaren Defizite in Summe einfach spannend und wirklich gut gemacht. Ob ihr die Message mögt (Rassismus ist immer noch da und immer noch böse) wird ziemlich beeinflussen, ob ihr den Film mögt. Ich fand ihn spannend und gut gemacht. Allerdings wäre tatsächlich Luft nach oben gewesen. Und das ist in mehrfacher Hinsicht schade, weil gerade die Inszenierung eigentlich ziemlich cool geworden ist. Wenn auch betont modern. Aber hey, das passt schon.

„Antebellum“ bekommt von mir 7,5 von 10 möglichen, auf interessante Weise erzählende, für mich aber ein bisschen zu plakative, Punkte.


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