Im Jahre 1968 flüchtet Jack (George MacKay) gemeinsam mit seinen drei jüngeren Geschwistern und der schwer kranken Mutter von England ins ländliche Amerika, auf das Anwesen, auf dem seine Mutter aufgewachsen ist. Die Flucht war notwendig, da der Vater der vier Kinder ein verrückter Serienmörder ist und der Justiz entkommen konnte, nachdem Jack gegen ihn ausgesagt hat.
Dort angekommen lernen sie ihre Nachbarin Allie (Anya Taylor-Joy) kennen (und im Fall von Jack auch lieben) und verbringen einen herrlichen Sommer. Dann stirbt jedoch ihre Mutter bevor Jack 21 Jahre alt ist, weshalb sie sich zurück ziehen bis er volljährig ist, damit sie das Haus nicht verlieren und nicht getrennt werden. Trotz einer gewissen Angespanntheit, ist der Vater in Vergessenheit geraten, was sich schon bald als Fehler heraus stellen sollte…
Der nach dem Familiennamen der mitspielenden Familie benannte Film, ist das Kinofilm-Debüt des Spaniers Sergio G. Sánchez (Palmen im Schnee), der hier in Doppelfunktion, für Drehbuch und Regie verantwortlich war. Er lief auf dem Toronto Film Festival, kam im Oktober 2017 in Spanien heraus und hat bis er zu uns ins Heimkino kam, gleich ein Jahr länger gebraucht. Dort ist er dann mehr oder weniger in der Versenkung verschwunden.
Dies ist dann auch ein Film, der keinesfalls am Engagement des Machers scheitert, der offensichtlich hier ein Wunschprojekt realisiert hat, viel mehr an seinem Anspruch. Zunächst mal ist er mit einer Dauer von fast zwei Stunden, einfach um einiges zu lange. Es passiert über lange Strecken klar zu wenig. Das bedeutet jetzt nicht, dass ich Blut oder Jump Scares gebraucht hätte, es häufen sich mit der Zeit eindeutig lähmende Momente.
Der Plot einer nervigen Nebenfigur mit sehr vorhersehbarem Ausgang ist mehr als entbehrlich, die gesamte Atmosphäre ist oft mehr seltsam als unheimlich und die idyllischen Momente zwischen den Geschwistern sind teilweise zu überstilisiert harmonisch. Was jedoch sehr gut funktioniert, ist das Zwischenmenschliche und die rar gesäten Schreck-Momente, die haben es durchaus in sich.
Die Andeutungen reichen dabei von psychologischem Thriller bis hin zur übernatürlichen Geistergeschichte und was dann hier wirklich gespielt wird, wird erst kurz vor dem Ende richtig erklärt. Da gibt es dann auch einen Twist und ich muss schon sagen, der war clever gemacht, den hab ich nicht kommen sehen. Das Spielen mit diesen beiden Ebenen funktioniert teilweise ganz gut, dann wieder gibt es Momente wo ich mich gefragt habe, ob dies denn nötig gewesen ist.
George MacKay (Captain Fantastic) als Jack ist der emotionale Mittelpunkt des Filmes. Er versucht mit allen Mitteln den Wunsch seiner Mutter zu erfüllen, die Familie immer zusammen zu halten, was ihm teilweise sehr gut gelingt, doch immer wieder mal bröckelt die Fassade. Er ist gerade deshalb spannend als Figur, weil man ihm gegenüber, nicht nur positive Gefühle empfindet.
Anya Taylor-Joy (Split) als Allie ist da schon viel eindeutiger rein sympathisch, sie ist offen, interessiert und liebevoll und irgendwie hofft man bei ihr noch am Meisten, dass sie nicht unter die Räder der vorherrschenden Geheimnisse kommt. Kyle Soller (Monsters 2) hat die undankbare Rolle des älteren Kerls, der auf Allie steht ergattert und er ging mir von Anfang an auf die Nerven, was weniger an ihm, als an der schmierigen Rolle liegt.
Insgesamt daher ein gemischtes Erlebnis, mit – würden sie alleine für sich stehen – großartigen Suspense-Momenten und dem damit verbundenen Gefühlschaos. Besonders die beiden Hauptdarsteller, sind ebenfalls stark. Drum herum gibt es dann aber zu viel Leerlauf, Langeweile und nicht gänzlich überzeugende Momente, die das Gesamtprodukt etwas trüben. Als Fingerübung eines neuen Regisseurs mit Potential aber durchaus zu empfehlen.
„Marrowbone“ bekommt von mir 6/10 die Wahrheit nur indirekt ans Licht bringen könnende Empfehlungspunkte.
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