Kathy (Zoe Kazan) hat Probleme. Meist hängen diese damit zusammen, dass sie ihren Alkoholismus nicht in den Griff bekommt. Daher soll ihre Tochter Lizzy (Ella Ballentine) besser zu ihrem Vater ziehen, wahrscheinlich endgültig. Doch das will Kathy unbedingt selber erledigen, weshalb sie auch gemeinsam mitten in der Nacht mit dem Auto im starken Regen unterwegs sind. Plötzlich haben sie einen Reifenplatzer und kollidieren mit einem Wolf, der direkt auf der Fahrbahn steht.
Der Unfall konnte nicht mehr verhindert werden doch bis auf eine leichte Verletzung von Kathy, ist den beiden Damen nichts passiert. Ein Abschleppwagen und die Rettung sind schnell angerufen, ab jetzt heißt es warten. Warum war der Wolf jedoch auf der Straße und weshalb steckt ein großer Fangzahn in seiner Brust?
Irgendetwas lauert da in der Dunkelheit und es hat nicht vor, Lizzy und ihre Mutter wieder gehen zu lassen.
Ich muss ja zugeben, ich habe von Regisseur Bryan Bertino weder seinen vielbeachteten Erstling „The Strangers“ noch seinen zweiten Film „Play-Tödliches Spiel“ gesehen. Bei den beiden war er genau wie bei seinem aktuellen dritten Film, neben der Regie und der Aufgabe als Produzent, auch für das Drehbuch verantwortlich. Ich persönlich war somit nicht vorbelastet und hatte keinerlei Erwartungen, als ich mir „The Monster“ angesehen habe. Und dann, ja dann hat es mich erwischt dieses Mistvieh und zwar genau dort, wo es weh tut.
Ich sehe ja sowieso und auch logischerweise für den Blog im Laufe der Zeit so einige Filme, doch zum Weinen bringen mich nur die wenigsten. Das haben Kathy und Lizzy nun aber wieder mal geschafft. Würde es mehr Figuren wie diese beiden in Horrorfilmen geben, dann würde dieses Genre sicherlich ernster genommen werden und es würde auch Preise für Darsteller regnen. Aber das ist eine andere Geschichte und wäre auch eine längere.
Kathy ist eine Süchtige und sie ist Mutter. Ja, die Reihenfolge habe ich bewusst so gewählt. Ihre Tochter Lizzy ist in der Beziehung die Erwachsene. Nicht weil sie es so will, sondern weil sie es sein muss. Kathy hat sich mit ihrer Situation abgefunden, sie kämpft nicht mehr um ihre Tochter sondern will sie dem Vater übergeben. Während die beiden dann im weiteren Verlauf im Auto auf Hilfe warten, werden regelmäßig Rückblicke eingeblendet, die das gestörte Verhältnis der beiden Damen zeigen. Hasst man Kathy deshalb? Das wäre übertrieben. Ist man wütend auf sie? Oh ja. Sollte ihre Tochter bei ihr leben? Wenn nicht ist wohl nur eine der beiden verloren…
Natürlich ist die Symbolik eindeutig, denn das Monster im Wald steht für die Sucht, für den inneren Dämon, dem Kathy sich stellen muss. Plötzlich ist Kathy wieder in der Rolle des Erwachsenen und Lizzy ist das ängstliche Kind. Kann das gut gehen oder sind da nicht beide völlig überfordert? Die unheimliche Spannung ab diesem Zeitpunkt kommt daher auch nicht vom Monster selbst, sondern von der intensiven emotionalen Bindung, die man bis zu diesem Zeitpunkt zu den zwei Hauptfiguren aufgebaut hat.
Das Monster an sich ist dennoch bedrohlich und könnte durchaus verwandt sein mit den Antagonisten aus dem Alien-Franchise. Die Schockmomente und Angriffe sind routiniert und es stirbt niemand, dem man den Filmtod gewünscht hätte, was auch untypisch für das Genre ist. Aber darum geht es im Prinzip überhaupt nicht. Wer diesen Film als Creature-Feature anschaut, der kann ihn nur langweilig finden. Genau wie Leute, die nicht emotional erwischt werden von der Story oder eine schnelle Erzählgeschwindigkeit benötigen, um gut unterhalten zu werden.
Zoe Kazan (Ruby Sparks) ist richtig großartig in ihrer furchtlosen Performance als Kathy. Diese kleinen Veränderungen in ihrem Gesicht, wenn sie sich gegen ihre Schwäche kurz aufbäumt und dann doch immer wieder verliert und wegen ihrer Ohnmacht ihrer Situation gegenüber oft wütend und trotzig wie ein Kind reagiert, das wirkt einfach unheimlich echt. Als Zuschauer durchläuft man genau wie sie eine emotionale Achterbahnfahrt, manchmal will man sie gerne schlagen und sie anschreien, dann wieder will man sie einfach in den Arm nehmen.
Ella Ballentine ist mir voriges Jahr schon in Standoff positiv aufgefallen und dass sie als Lizzy schauspielerisch mit Zoe Kazan mithalten kann, sagt eigentlich schon alles über sie aus. Faszinierend fand ich die Veränderung ihrer Mimik bzw. den Unterschied wie sie bei den Rückblicken, in die Rolle des Erwachsenen gedrängt, ganz anders wirkt als später, wo sie voll panischer Angst weint und sich nur mehr verstecken möchte. Die Kleine hat es einfach drauf, das sollte man am Besten selbst gesehen haben.
Schonungslos, komplex, spannend, vielschichtig, traurig, wütend machend aber nicht ohne Hoffnung. Zusätzlich noch filmtechnisch ohne offensichtliche Fehler und getragen von zwei wunderbar aufspielenden Darstellerinnen. So emotional involviert in einen Genre-Film war ich zuletzt bei Don´t Breathe, doch aus anderen Gründen. Und die Moral von der Geschichte? Nicht jeder sollte Kinder bekommen? Nein, die Antwort wäre viel zu banal und auch zynisch. Eher schon so: Wenn man sich seinen inneren Dämonen nicht stellt, dann kommen sie wahrscheinlich zu einem Zeitpunkt zum Vorschein, wo sie dich völlig unerwartet treffen und das sollte man unbedingt vermeiden. Wer mir das nicht glaubt, der kann gerne bei Mister Logan nachfragen.
„The Monster“ bekommt von mir 9/10 über sich selbst und das Wesen in der Dunkelheit hinaus wachsende Empfehlungspunkte.
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