Sam Wilson (Anthony Mackie) ist der neue Captain America und er hat alle Hände voll zu tun. Unter der Führung von President Thaddeus Ross (Harrison Ford) ist es zu einem internationalen Zwischenfall gekommen und gleichzeitig ist einer von Sams engsten Vertrauten, in ein Attentat verwickelt.
Gemeinsam mit Joaquin Torres (Danny Ramirez), der als neuer Falcon unterwegs ist, versucht Captain America die Hintermänner zu finden und muss dabei parallel daran arbeiten, seine Differenzen mit Ross, in den Hintergrund zu drängen…
Das Marvel Cinematic Universe ist ein Phänomen und hat zwischen 2008 und 2019 extrem gut funktioniert. Seitdem hat das MCU mehr oder weniger einen gewissen Plan verloren. Aktuell befinden wir uns bereits in der Phase 5 und da gab es bis jetzt ein eindeutiges auf und ab Spiel. Ant Man 3 war schlimm, Guardians of the Galaxy 3 daraufhin ein würdiges Finale der Trilogie. The Marvels tat dann wiederum etwas sehr weh und Deadpool und Wolverine machte wiederum richtig Spaß. Thunderbolts macht jetzt gerade Mai dann den Abschluss, denn The Fantastic Four: First Steps läutet dann die Phase 6 ein.
Von der Abwechslung dieser Phase müsste es mit diesem ersten Captain America Film ohne Steve Rogers, also wieder bergab gehen. Auch was die Vorzeichen betrifft, denn auf schlechte Test-Screenings, folgten zahlreiche Neu- und Nachdrehs inklusive den damit verbundenen steigenden Kosten. Meine Erwartungshaltung war dementsprechend niedrig und ein paar Entscheidungen kann man durchaus fragwürdig finden, doch das MCU hat schon weit Schlimmeres produziert.
Eine direkte Verbindung zu bei zahlreichen Fans ungeliebteren MCU-Filmen wie The Incredible Hulk und The Eternals zu wählen, finde ich dabei nicht schlimm, Vorwissen zu haben und Easter Eggs zu bekommen, ist sowieso ein Fixpunkt bei Marvel. Vielmehr finde ich es schade, dass sie ihrem Film so wenig vertraut haben, dass sie den Red Hulk als Aufhänger für ihre Trailer benutzen mussten. Das hätte als Überraschung für das Ende des Filmes, eine viel stärkere Auswirkung gehabt.
Ganz zu schweigen von dem mehr als plakativen Metapher auf unsere echte Erde, wenn der Präsident hier wie ein roter Giftzwerg vor den Augen der Welt das Weiße Haus zerlegt (ja, ihr mögt Donald Trump nicht, ich habe euch schon verstanden). Dies wiederum war in einer früheren Fassung scheinbar ein noch viel politischerer Film, von dem her bin ich schon zufrieden, dass sich Regisseur Julius Onah (The Cloverfield Paradox) auf dieses Gimmick beschränkt hat.
Vom Gefühl und der Stimmung her, ist ein großer Teil der ersten Hälfte des Filmes ein politischer Thriller, bei dem es um die Aufdeckung einer Verschwörung inklusive Gedankenkontrolle geht. Darauf folgt ein actionreicher Teil, den man als Top Gun trifft auf fliegende Helden aka Captain und Falcon bezeichnen könnte und im letzten Teil, der vortäuscht ein Epilog zu sein, gibt es dann das an Effekten reiche Comicfinale.
Das CGI ist dabei wieder stimmiger als bei einigen anderen neueren Beiträgen des MCU und der Humor hält sich erstaunlich in Grenzen (er kommt am ehesten bei der Buddy-Dynamik vom Captain und dem neuen Falcon zum Zug). Dass er Nichts konsequent durchzieht – also sich für ein Genre entscheidet – kann man dem Film schon vorwerfen wenn man will, aber ich finde spätestens in der zweiten Filmhälfte wird man doch in die Handlung ausreichend involviert, sodass die knapp zweistündige Spielzeit, nie langweilig wird.
Harrison Ford (Indiana Jones and the Dial Of Destiny) als Thaddeus Ross (er ersetzt den verstorbenen William Hurt in dieser Rolle) ist für mich überraschend der emotionale Kern des Filmes, ein eigentlich sturer Mann mit Idealen, verändert durch Ehrgeiz und Anfeindungen, doch im Herzen Anerkennung und Versöhnung durch seine Tochter suchend. Seine Performance ist durchaus bewegender und reicher an Nuancen, als ich es erwartet hatte.
Anthony Mackie (Elevation) als Sam ist wie immer sympathisch und schwankt zwischen lässig und intensiv, was eigentlich auf den gesamten Cast zutrifft. Fühlt sich das dann an wie ein Captain America Film? In Ansätzen schon, ich glaube einfach die hatten Angst, dass ein Falcon-Film weniger Zuschauer anlocken würde. In den letzten Jahren gab es auf jeden Fall einige schlechtere Genre-Vertreter und das MCU macht wieder Spaß, aber (auch) nur in dem Wissen, dass aktuell die besten Zeiten, definitiv vorbei sind.
P.S.: „Adamantium is now a thing“…mal schauen, ob wir bald den Zeiten der Fox-X-Men nachtrauern werden, oder ob Disney das mit der Einbindung der Mutanten ins MCU hinbekommt…
„Captain America: Brave New World“ bekommt von mir 7/10, über Differenzen hinweg sehende und auf Gemeinsamkeiten aufbauende Empfehlungspunkte.