Eine Nachfahrin von Lizzie Borden zu sein, ist das ein Fluch? Nein sagt ihr? Was ist wenn die eigene Tante ihr Baby getötet hat und man selbst vermehrt gewalttätige Träume hat, in denen auch der Geist von Lizzie erscheint, was ist dann? So ergeht es Tara (Odessa A’zion), doch sie will ihre Probleme selber lösen und ja nicht ihre übervorsichtige Mutter Emily (Leslie Bibb) aufregen.
Ihr Vater Ben (Dermot Mulroney) ist dabei weit weniger anstrengend, doch auch er kann sie nicht unterstützen als plötzlich Menschen vermisst werden, mit denen Tara nicht nur Kontakt hatte, sondern auch das eine oder andere Problem. Verliert Tara langsam oder sicher den Verstand, leidet sie an einer vererbbaren Geisteskrankheit oder arbeitet wirklich eine übernatürliche Macht daran, sie in den Wahnsinn zu treiben?
Lizzie Borden ist bei uns ein weniger bekannter Name, doch in Amerika gibt es zahlreiche Geschichten und diverse Filme über sie. Regisseur Jerren Lauder (Stay Out of the Fucking Attic) beschäftigt sich bei seinem zweiten Spielfilm mit genau so einer Story. Ich selbst bin auf den Film gestoßen, weil Odessa A’zion die Hauptrolle spielt und ich nach ihrem starken Auftritt in Hellraiser wissen wollte, was sie sonst so gemacht hat.
Zunächst aber mal zurück zur Story, die wie ich finde zwei Ebenen sehr gekonnt miteinander kombiniert. Auf der einen Seite hat man die Ebene der psychischen Krankheit und wie man sich fühlt, wenn diese durchaus vererbt werden kann. Die Angst, die im Alltag immer wieder etwas durchscheint, die Mutter, die dir immer wieder mal seltsame Blicke zuwirft, Situationen bewertet und Konsequenzen daraus zieht.
Da beginnt man aka Tara dann durchaus an sich selbst zu zweifeln, zu mal sie auch Träume/Visionen hat, bei denen sie zur Axt greift bzw. die sie zu Gewalttaten antreiben wollen. Auf der anderen Seite könnte auch ein übernatürlicher Faktor hineinragen, denn der Geist von Lizzie Borden könnte sie beeinflussen und dafür Sorgen wollen, dass sich die Geschichte immer wieder wiederholt. Man kann als Zuschauer sowohl über diese Dinge nachdenken, als auch mitraten, wer die aktuellen Morde nun wirklich begangen hat.
Zugegeben, wer die offensichtlich falschen Fährten ignoriert, der kann das schon früher oder später erahnen, doch spannend ist die Sache dennoch bis zum Schluß. Dabei lässt sich die Handlung Zeit um vor allem Tara als echten Menschen zu zeigen, ihre innere Zerrissenheit und ihre Suche nach der Wahrheit. Odessa A’zion spielt sämtliche Facetten großartig, ist dabei authentisch und verletzlich und abgesehen von ihren kleinen Geschwistern ist sie klar die Figur, der man ein gutes Ende wünscht.
Leslie Bibb (Running with the Devil) als ihre Mutter Emily hat immer diesen leicht manischen Unterton bei allem was sie sagt und tut, was keinesfalls zur Entspannung von Tara beiträgt und auch Dermot Mulroney (Sleepless) als ihr Vater Ben, hat irgendetwas an sich, was ihn seltsam erscheinen lässt. Die Strategie fast jeden mit einem potentiellen Geheimnis auszustatten und so zu einem möglichen Täter zu machen ist zwar offensichtlich, doch es funktioniert ganz gut.
Es gibt zwar ein paar kurze brutale Szenen und auch unheimliche Momente, wo jeder Zeit etwas passieren könnte, doch fühlt sich der Film in Summe eher wie ein Mystery-Krimi an und weniger wie ein Horrorfilm. Auch richtet er sich trotz der jüngeren Protagonistin von der Machart eher an ein erwachsenes Publikum, zumindest werden sich Teenager, die gerne erschreckt werden, sicherlich langweilen. Das sollte man schon wissen, zwecks Erwartungshaltung und so.
Insgesamt für mich ein ruhiger, sich angenehm ernst nehmender Oldschool Geistergrusel mit psychologischer Ebene, der vor allem von Odessa A’zion sehr gekonnt am Leben gehalten wird, weil ihr Spiel einfach involviert. Als Highlight des Genres würde ich die Sache zwar nicht bezeichnen, doch es gibt so einige Vertreter da draußen, die billig wirken und vor allem unfreiwillig komisch. Eines ist hier nämlich sicher: wenn Tara neben dem Gitterbett steht und dem Drang widerstehen will, mit der Axt hinein zu schlagen, dann ist das vieles, aber sicherlich nicht lustig.
„The Inhabitant“ bekommt von mir 6,5/10 sich gegen Versuchungen aller Arten wehren könnende Empfehlungspunkte.