The Boys – Staffel 2 (Serienkritik)

Die metaphorische Bombe ging hoch und nicht nur Butcher (Karl Urban) ist von den Socken, sondern auch Homelander (Anthony Starr). Die Offenbarung, was vor vielen Jahren tatsächlich mit Butchers Frau Becca geschehen ist, ändert vieles. Was sich auch geändert hat: Die Führungsriege von Vought. Da ist jetzt die zweite in der Reihe – Ashley (Colbie Minifie) – die Erste. Und da diese sich ja primär durch ihre Angst vor Homelander auszeichnet, weiß man auch, wer jetzt das Sagen hat.

Nur spielen nicht alle mit: Also hat Stormfront (Aya Cash), die neue im Team, die weiß, wie man Social Media und die Massen bespielt, ihren großen Auftritt. Ganz entgegen den Wünschen von Homelander, der seine Umfragewerte sinken sieht und langsam aber sicher immer ein wenig mehr durchdreht.

Währenddessen ist bei den Boys vieles im Argen. Als ein Super-Terrorist auftaucht und sich herausstellt, dass er enge Verbindungen zu Kimiko hat, beginnt die Sache – wieder einmal – aus dem Ruder zu laufen. Als dann noch Butcher zurückkommt mit Informationen was das Schicksal seiner Frau betrifft, da ändert sich alles.

Und so ganz nebenbei kommen sie noch Vought auf die Schliche und auch der Ursprungsidee von Compound V …

Tja, was soll man sagen? Nach dem – für mich – absolut unerwarteten und abrupten Ende von Staffel 1, wollte ich eigentlich nur mehr wissen, wie es weitergeht, weil – man glaubt es kaum – ich war interessiert an den Schicksalen der Figuren. Staffel 2 ist auch jene, in welcher ich Kimiko und Frenchie immer mehr ins Herz geschlossen habe. Allerdings liegt der Fokus dieser Staffel viel mehr auf Stormfront und den Dingen, die innerhalb der Sieben passieren.

Zentral ist der Konflikt zwischen Homelander und Stormfront, in welchem später auch noch Starlight und Queen Maeve mitmischen. Es wird kompliziert. Und auch Black Noir bekommt einen großen Auftritt spendiert.

Was mir an Staffel 2 wirklich gut gefallen hat, ist wie subtil und doch plakativ die Serie das aktuell gängige Spiel der Politik mit der Angst der Bevölkerung wiedergibt. Es wird nicht größer kommentiert und es ist bei Figuren wie diesen hier auch immer wieder schwer zu sagen, wer jetzt die Guten und die Bösen sind.

Ist Butcher einer der Guten? Bei den Dingen, die er alle tut für seine Ziele? Menschenleben jucken ihn nicht, sogar sein Team würde er im Stich lassen, wenn er nur seine Rache bekommt. Ist das einer von den Guten?

Ist Homelander einer von den Bösen? Ja, er macht schreckliche Dinge, aber … wollen die Leute nicht genau das von ihm? Und wenn er die Liebe findet … ist er dann nicht ein herzensguter Mensch? Kann man ihm nicht glauben, was er sagt?

Das hat mich an der zweiten Staffel wirklich fasziniert. Es passieren (viele) schreckliche Dinge, absolut und ohne Zweifel. Aber zu sagen A ist böse und B ist gut, nur deshalb, weil A noch bösere Dinge tut als B? Das funktioniert hier so nicht. Sicher: The Boys haben Hughie (Jack Quaid) dabei, der immer versucht das Richtige zu tun und den anderen ins Gewissen zu reden Und MM, der irgendwie immer zu helfen versucht. Aber reicht das?

Und Stormfront. Eine der faszinierendsten Figuren, die ich in den letzten Monaten in einem Film gesehen habe. Definitiv keine Gute. Absolut keine Gute. Aber, hey, verdammt ist ihre Story gut geschrieben und verdammt nochmal, wie hat sie die Sache im Griff und eine zeitlang weiß man ja wirklich nicht, was man von ihr halten soll. Anfangs macht sie ein paar Dinge und sagt Dinge, die einem das Gefühl geben, hier hätte man eine Annie, die fluchen kann und sich Dinge anzusprechen traut. Bis man dann merkt, wer sie ist und warum sie das alles tut und tun kann.

Apropos Annie, ja natürlich geht die Story um sie und Hughie (sehr unrealistisch) weiter, aber das gönnt man den beiden grundsätzlich. Und man bekommt auch mehr Einblicke in die Geschichte, die bis hierhin geführt hat. So hat man ja in Staffel 1 erfahren, dass MM Frenchie nicht vertraut, wer er „Damals“ vom Plan abgewichen ist und deshalb Kinder von Lamplighter verbrannt wurden. Nun. Hier erfährt man einerseits was damals passiert ist und warum Frenchie nicht auf seinem Posten war. Und andererseits lernt man Lamplighter kennen. Und … naja, irgendwie geht ohnehin die ganze Zeit die Post ab …

Was ich damit eigentlich sagen will: Staffel 2 setzt noch einen drauf auf Staffel 1, aber nicht nur in Sachen Brutalität, sondern viel mehr in Richtung Figurenzeichnung und Beweggründe, politische Entwicklungen bzgl. der Spaltung von Ländern und noch ganz vielen anderen Dingen. Auch die persönlichen Einsätze der Charaktere werden auf eine neue Stufe gehoben und man beginnt sich zu fragen, wie das alles enden soll.

Tatsächlich bin ich fasziniert davon, wie viele Figuren hier unter einen Hut gebracht werden, wie viele Story-Stränge hier gleichzeitig ablaufen und trotzdem schaffen die Macher:innen es, dass man als Zuseher:in einerseits nie den Überblick verliert und andererseits auch nicht unterfordert ist. Eine (fast) perfekte Mischung.

Eine kranke, abartige, übertriebene, gewaltvolle, sexy, verwerfliche und vielleicht auch kreative Mischung, aber auf jeden Fall eine unterhaltsame und mit viel schwarzem Humor angereicherte Mischung. Und das Schöne: Der Humor kommt nicht, weil man sich über die Figuren lustig macht, sondern weil man sie ernst nimmt. Muss man auch mal schaffen.

Und ja, es endet … krachend. Aber grandios. Staffel 3: Willkommen.

„The Boys – Staffel 2“ bekommt von mir 8 von 10 möglichen, konsequent, spannend und erfrischend mutig weiterzählte, Punkte.


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