The Social Dilemma (Filmkritik)

Was wäre, wenn alle Algorithmen nur dazu dienen würden, die Nutzer*innen auszuspionieren und online zu halten?
Was wäre, wenn alle Social-Media-Programme nur dazu dienen würden, Daten zu sammeln, um mit Werbung Geld zu verdienen?
Was wäre, wenn alle „Netzwerke“ den Sinn hätten, den Nutzer*innen durch ausgewählte Beiträge ein Gefühl von „Hier sind andere wie ich“ zu vermitteln, um ihnen eine Menge Produkte verkaufen zu können?

Was wäre, wenn diese Dinge wahr wären und euch das jene erzählen, die diese Dinge entweder erfunden oder programmiert haben?

Dann würde ihr euch gerade „The Social Dilemma“ ansehen.

In Zeiten einer weltweiten Pandemie interessiert es eigentlich niemand, was online so passiert. Sollte man meinen. Denn die sozialen Netzwerke sind ja nur dazu da, uns zu vernetzen und die Möglichkeit zu geben, mit alten und neuen Freunden in Kontakt zu bleiben. Das hat nichts mit „Informationsblasen“ oder mit „Manipulation“ zu tun, denn immerhin ist das Zeug ja gratis, also was kann da schon der Haken sein?

Tatsächlich ist die Sache anders. Das wissen wir alle. Das spüren wir alle. Das ahnen wir alle. Und spätestens seit der „Cambridge Analytica“-Sache, wissen wir auch, welche Folgen Social-Media-Manipulation haben kann. Und wenn ich an die vorhin erwähnte Pandemie denke und die Informationen (nennen wir es mal so, man könnte es treffender auch … Meinungen nennen, wobei das ja eine Information über die Person wäre, welche die Meinung teilt, woraus man dann ableiten kann, dass es ja tatsächlich eine Information ist … Watzlawicks „Man kann nicht nicht kommunizieren“ lässt grüßen), die da herumgeistern, dann bekommen diese Social-Media-Outlets eine ganz neue Bedeutung und einen ganz anderen Stellenwert.

Und ja, bei „The Social Dilemma“ dreht sich alles darum, wie diese Netzwerke funktionieren, wie sie Geld verdienen, wie sie Informationen horten, weiterverarbeiten und verkaufen und warum Profit an oberster Stelle steht. Moral hat da keinen Platz. Ehtik auch nicht. Und Gewissen? Genau. Das kennt man nicht mal vom Hörensagen.

Wir alle wissen (und wer es nicht weiß, der/die hat die letzten Jahre unter einem Stein geschlafen) haben Social-Media-Kanäle und überhaupt alle Gratis-Apps nur einen Zweck: Daten sammeln über Nutzer*innen, damit irgendjemand irgendwo damit Profit in finanzieller Hinsicht machen kann.

Das kann man jetzt Theorien nennen. Oder Meinung. Oder von mir aus auch Verschwörungstheorie.

Wären da nicht jene Menschen in dieser Dokumentation, die an genau diesen Programmen mit genau diesen Absichten gearbeitet haben und die nach und nach ihre Jobs kündigten, weil ihnen ihr Gewissen sagte: „Das kann ich nicht verantworten. Da kann ich nicht weiter mitmachen.“

Und als wäre diese Dokumentation nicht ohnehin schon eine gruselige Gänsehaut nach der nächsten, kommt der wahre Hammer am Ende. Die Interviewten werden gefragt, ob sie ihre Kinder mit den Werkzeugen/Netzwerken/Programmen interagieren lassen, die sie selbst geschaffen haben.

Es gibt ausnahmslos die gleiche Antwort: Nein. Nie und nimmer. Und mit welcher authentischen Vehemenz dieses „Nein“ kommt, das muss man erst mal sickern lassen.

„The Social Dilemma“ bekommt von mir 9,5 von 10 möglichen, Tatsachen unmissverständlich klar machende, Punkte.


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