Good Time (Filmkritik)

Connie (Robert Pattinson) kümmert sich auf seine Art um seinen geistig beeinträchtigten Bruder Nick (Benny Safdie). Dazu gehört auch, gemeinsam Banküberfälle durchzuführen. Als bei einem dieser Aktionen etwas schief geht, wird Nick im Zuge der Flucht von der Polizei gefasst, während Connie flüchten kann. Daraufhin startet er eine Odyssee quer durch die kriminelle Unterwelt.

Es gilt das Geld für die Kaution seines Bruders aufzutreiben, doch je weiter die Nacht fortschreitet und je mehr Möglichkeiten er versucht auszuschöpfen, desto klarer wird Connie, dass es für einen Ausweg für sich selbst, schon längst zu spät sein könnte…

Es ist für Darsteller, die ganz klar mit einer bestimmten Rolle identifiziert werden ja nicht immer einfach, von ihrem Image weg zu kommen. Wer den Namen Robert Pattinson hört, denkt auch heute noch an seine Zeit im Twilight-Franchise und das sind für viele ja nicht gerade schöne Erinnerungen. Was er hier unter der Regie der beiden Brüder Benny und Josh Safdie (Heaven Knows What) zeigt ist nun erneut der Beweis, dass er weg will von „sauberen“ Rollen und mehr drauf hat, als seichte Blockbuster abzuliefern.

Mit dieser Einleitung wollte ich hier meine positive Herangehensweise zeigen, nicht dass man mir hier Vorurteile auf Grund des Hauptdarstellers unterstellen könnte, denn leider hat mich das Gesamtprodukt nicht durchgehend überzeugt. Ich fange gleich mal mit der für den Film komponierten Musik an, die auch schon Preise gewonnen hat, die ich jedoch fruchtbar nervig finde. Ich verstehe schon: das ist ein Trip-Erlebnis, die Musik soll dich aufgabeln, mit zerren, dich am Nachdenken hindern und nicht mehr los lassen.

Auch wenn es Absicht der Macher war den Score dermaßen unangenehm zu gestalten – weil es zur Story passt – ich empfinde ihn als sehr plakativ, auf Dauer anstrengend und zu inflationär eingesetzt. Musik kann einen guten Film großartig machen, aber es ist eben auch das Gegenteil möglich. Die visuelle Seite ist da schon besser gelungen, mit all den Neon-Farben, den Totalen/Zooms und den teils ruppigen Schnitten. Alle Effekte weisen von der Inszenierung her auf ein schlechtes Ende hin, doch für wen, das ist die große Frage.

Im Prinzip geht es bei dieser Geschichte ja um Liebe und zwar um falsch gelebte Liebe. Connie liebt seinen Bruder, deshalb nimmt er ihn auch überall hin mit – auch bei Banküberfällen – und er würde alles tun, um ihn wieder aus dem Gefängnis heraus zu bekommen. Dass Nick jedoch nur dank ihm leidet und ohne seine permanenten Eingriffe in sein Leben vielleicht besser dran wäre, daran verschenkt er keinen Gedanken. Das ist schon eine spannende Dynamik, wobei Connie als klare Hauptfigur, keine echte Entwicklung durchmacht.

Die scheinbar endlose nächtliche Jagd nach Geld verliert dann auch einige Male zu viel an Tempo, da handlungsbedingt ein zweiter Gangster ins Spiel kommt, der zwar die Möglichkeit zum schnellen Geld bietet, jedoch die Story vom Gefühl her viel zu weit in optionale Nebenmissionen verstrickt. „Was mache ich eigentlich hier“ oder „sollte ich nicht vielleicht den legalen Weg wählen“ Fragen stellt man sich dabei nur als Zuschauer, denn Connie bleibt eindeutig und unbeirrt auf seinem Weg, da bleibt kein Platz für Selbstreflexion.

Robert Pattinson (The Rover) ist darstellerisch klar das Highlight im Film. Sein Connie ist ein Schlitzohr, der sich durch sein Leben schwindelt, seinen Begriff von Moral längst überdehnt hat und kein anderes Leben kennt, da dies alles ist, was er hat. Wirklich echt ist wohl nur die Liebe zu seinem Bruder, der etwas stumpf von Regisseur Benny Safdie verkörpert wird. In einem kleinen, zum Schmunzeln anregenden Gastauftritt spielt Jennifer Jason Leigh (The Hateful Eight) eine neurotische Dame, zu der Connie eine „Freundschaft plus“ Beziehung führt.

Insgesamt daher sicher ein ambitionierter Film, der für mich jedoch sich nicht ganz entscheiden kann, ob er jetzt ein reiner Trip-Film sein will, bei dem man nicht nachdenken nur fühlen soll, oder doch eher ein Drama über falsch gelebte Bruderliebe. Bei der Musik hat man es übertrieben, die Kamera ist stimmig, das Drehbuch hätte kompakter sein können und nicht alle spielen hier so intensiv wie Pattinson. Was bleibt noch zu sagen…und ich kämpf mich durch die Nacht…und jetzt auf zum wohlverdienten Schlaf und das eigene Leben noch mal Überdenken, bevor es zu spät ist.

„Good Time“ bekommt von mir 6/10 Rettung nicht auf die ersehnte Art findende Empfehlungspunkte.

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