Wild Country (Filmkritik)

Der Teenager Kelly Ann (Samantha Shields) bekommt ein Baby und gibt es zur Adoption frei, denn der Kindsvater (ebenfalls Teenager) hält sich fern von ihr und ihre Mutter ebenso wie Pfarrer Steve (Peter Capaldi) sagen ihr, es sei die beste Entscheidung. Ein paar Wochen später ist Kelly Ann mit ihrer Freundin Louise (Nicola Muldoon), deren Freund Mark (Jamie Quinn) und dessen Bruder David (Kevin Quinn) auf einem Trip zu Fuß quer durch die Highlands. Pfarrer Steve setzt die vier ab und holt sie am nächsten Tage mittags in einer Gaststätte wieder ab.

Auch Lee (Martin Compston), seines Zeichens Vater von Kelly Anns Kind, taucht auf und spaziert mit der Truppe mit. Auf ihrem Weg begegnen die Teens einem komischen Schäfer, der ihnen zu folgen scheint, aber bald darauf ist er verschwunden. Und des Nachts hört Kelly Ann ein Kleinkind weinen. Als sie mit Lee der Sache auf den Grund geht, lösen sie damit den Anfang vom Ende aus …

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Craig Strachan, Drehbuchautor und Regisseur von „Wild Country“, sagt im Making-Of, dieser Film sei ein Film für die „Fangoria“-Fangemeinde, zu der er sich selbst zählen würde. Es gibt da diesen einen Shot gegen Ende des Films, den er als „Fangoria-Shot“ bezeichnet, denn dieser müsse alle überzeugen und gut sein. Natürlich ist es ein ziemlich blutrünstiger Shot. Eine Kuh explodiert von innen nach außen, das geht nicht ganz ohne Kolleteralschäden. Hält der Film also, was diese Aussage verspricht? Ist „Wild Country“ ein Film für Horrorfreunde und Gore-Hounds?

Ja. Und Nein.

Der Film ist in der Darstellung seiner Gewalt alles andere als zimperlich und abgetrennte Köpfe, Eingeweide, Stücke, die aus Menschen rausgebissen werden und ähnliche Dinge kommen da schon häufig vor – und, was ich von Herzen super finde, alles ist echt gemacht, also mit physischen Effekten, völlig ohne CGI (bis auf eine Szene im Abspann, aber das ist mir schnurz). Allein dafür muss man „Wild Country“ schon mal zumindest gern haben.

Wofür man ihn noch gern haben sollte, ist sein Casting und seine Locations. Wir haben hier nämlich (fast) gänzlich Unbekannte vor der Kamera (von Martin Compston, „Doomsday„, „Strippers VS Werewolvs„, „Filth“ und Peter „Dr. Who“ Capaldi) und die haben nicht nur Talent sondern auch einen schottischen Akzent, der es zeitweise schwer macht, zu verstehen was gesprochen wird, sich aber dadurch bereits rasch ein absolutes Alleinstellungsmerkmal aneignet. Die Highlands von Schottland sind in meinen Augen immer(!) eine super Kulisse, auch wenn Strachan klar mehr darauf abzielt die dunkle und düstere Seite hervorzuheben (anders als Braveheart) als die schönen und romantischen Szenerien zu zeigen. Klar. Ist ja ein Horrorfilm.

Hauptdarstellerin Samantha Shields hat nach „Wild Country“ leider nur mehr in einem Film mitgespielt („The Wee Man“), kann hier aber durchaus ihre Frau stehen und spielt die von Schuldgefühlen und Frust zerrissene Kelly Ann sehr gut rüberbringen. Klare Nummer eins sind aber logischerweise die Effekte und die stammen vom gleichen Team, die bereits „American Werewolf in London“ gezeigt haben was sie können. Das führt zu einem etwas gewöhnungsbedürftigen Look (wir sind ja alle mittlerweile sowas von an CGI gewöhnt), gibt dem Film aber eine coole Atmosphäre und auch wenn manche der Bewegungen der Bestie ein wenig … ungelenkt wirken, so macht es dennoch Spaß ihr zuzusehen. Und Hui, das Biest ist echt gemein.

Nach rund 70 Minuten ist der Film auch schon wieder vorbei und war kein Sekunde langweilig. Die Beziehungen zwischen den einzelnen Charakteren sind gut ausgearbeitet und man mag eigentlich (fast) alle ziemlich rasch. Sogar Lee, der ja quasi als der Grund eingeführt wird, warum Kelly Ann ihr Baby hergeben muss, wächst einem ziemlich rasch ans Herz. Einzig Pfarrer Steve (der Arsch) bleibt sozusagen als „Bösewicht“ übrig. Immerhin hat er an der ganzen Sache Schuld. Oder so ähnlich zumindest.

Wirklich nett fand ich auch das kurze Making-Of auf der DVD, vor allem als die Effekt-Leute gerade die explodierende Kuh zusammenbauen und einer der Kerle seinen Kollegen fragt „Wo gehört bei einer Kuh die Niere hin? Davor oder dahinter?“ – der andere zuckt mit den Schultern, worauf der erste sagt: „Oh toll. Ich kann es mir schon vorstellen: Tausend Leute werden anrufen und Mails schreiben in denen sie sich darüber beschweren, dass die Niere bei einer Kuh woanders ist.“ – Sein Gegenüber nickt zustimmend – „Genau. Ich höre die Beschwerden schon: Der Film war wirklich toll, bis ihr das mit der Niere falsch gemacht habt. Das hat mir den ganzen Film versaut.“ (beide grinsen breit). Sympathische Kerle. Ironie? Ja. Sarkasmus? Ja. Aber vermutlich auch Erfahrung mit den heutigen ZuseherInnen.

Ich finde es schade, dass der Regisseur nach diesem Film hier keinen weiteren mehr gemacht hat, denn „Wild Country“ ist ein kleiner, unabängiger Horrorfilm, der eigentlich alles richtig macht, seine Figuren glaubhaft inszeniert, die Gegend echt wirken lässt und der Spannung hochschreibt. Alles geschafft, kein Grund zur Klage.

„Wild Country“ bekommt 7 von 10 möglichen, von einer Bestie durch die Highlands gejagt werdende, Punkte.

PS: Der Trailer hat übrigens mit der Story („They heard the legend …“) nichts zu tun und spoilert in den Bildern verdammt viel. Ich würde ihn vermeiden und mir gleich den Film ansehen.

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