Everly – Die Waffen einer Frau (Filmkritik)

Everly (Salma Hayek) hat ein Problem. Einer der wenigen nicht korrupten Polizisten der Stadt hat ihr versprochen, sie zu beschützen, sollte sie gegen ihren Chef, den Mafiaboss Taiko (Hiroyuki Watanabe), aussagen. Dieser bekommt jedoch Wind von ihrem Verrat und hetzt ihr eine Horde seiner Männer auf den Hals. Verletzt, alleine und in die Enge getrieben, verschanzt sie sich in seinem Luxusapartment, aus dem es keine Fluchtmöglichkeit zu geben scheint.

Doch Everly wird diese Nacht nicht kampflos untergehen, nicht so lange sie ihrer Tochter, die bei ihrer Mutter lebt, nicht genügend Geld übergeben hat, damit ihre Familie flüchten kann, um ein neues Leben zu beginnen. Pistolen, Shotguns, Maschinengewehre, Handgranaten, Schwerter, Messer und noch einiges mehr haben Everlys Feinde mitgebracht, wäre doch gelacht, wenn man diese nicht auch gegen sie verwenden könnte!

Everly

Nachdem Regisseur Joe Lynch zuletzt mit „Knights of Badassdom“ (den ich selbst nicht gesehen habe) auf Grund seiner verschenkten Möglichkeiten zwei meiner Blogkollegen verärgert hat, ist er nun mit seinem erst dritten abendfüllenden Film zurück, bei dem er auch am Drehbuch beteiligt war. Ursprünglich sollte übrigens Kate Hudson die Hauptrolle übernehmen, wurde dann aber durch Salma Hayek ersetzt, was doch einen ziemlichen Unterschied ausmachen dürfte. Könnte von den Vorzeichen her also durchaus ein schlechter Film werden, an den ich aber ohne echte Erwartungshaltung, herangegangen bin.

Rausgekommen ist hier dann ein Film, der brutal, wahnsinnig und gefüllt mit Over the Top Szenen ist, sich selbst nicht wirklich ernst nimmt, teilweise ähnlich wie ein Videospiel funktioniert, auf frühere kultige Werke der Marke Quentin Tarantino schielt und es trotz der Aneinanderreihung von irren Szenen irgendwie noch schafft, gerade soviel Story rein zu quetschen, dass es nicht egal ist, was mit der Hauptfigur passiert und sogar ein angeschossener Feind in seinen verbleibenden Momenten, wirklich sympathisch erscheint.

Natürlich, diese Art Film kann man auch ganz furchtbar finden und müsste gar nicht lange nach Argumenten suchen, doch anders als zuletzt beim bemüht übercoolen „Kite„, funktioniert hier der Mix aus Blut, Humor gepaart mit einem amüsierenden Trashfaktor. Witzig sind vor allem die Kolleginnen von Everly, die von ihren Leben als Leibeigene genug haben und das große Geld wittern, sich wegen ihrer Gier jedoch meistens nur selbst im Wege stehen und so dafür sorgen, dass sie sich gegenseitig ausschalten.

Die Japaner unter den Gefolgsleuten des Bösewichts dafür, wie sollte es auch anders sein, sind ziemlich seltsame Genossen. Vor allem Togo Igawa (47 Ronin) als Sadist und Masashi Fujimoto (Rush) als Masochist bleiben da in Erinnerung, der eine wird seinem Namen durch seine wie ein Theaterstück durchgeplanten Foltermethoden gerecht und der andere besticht durch seinen wohl durch ständige Unterwerfung völlig ausgeprägten Irrsinn. Hiroyuki Watanabe als Taiko schließlich besticht durch sein eiskaltes Charisma und seine seltsame Art, seine Liebe auszudrücken.

Akie Kotabe (The November Man) als sterbender Schurke, der Everly unterstützt solange er kann, hat mir aber von all den Asiaten fast am Besten gefallen, denn er ist einer der wenigen grauen Charaktere, der weiß dass er schuldig ist und einfach doch noch mal das Richtige tun will, obwohl es für seine Situation nichts mehr ändert. Und Salma Hayek (From Dusk Till Dawn) selbst? Die wird im Jahre 2016 bereits 50 Jahre alt und das sieht man genau in keiner einzigen Szene, nicht mal ansatzweise. Verzweiflung, Coolness und Trauer, nicht nur körperlich überzeugt sie bei dieser auch emotionalen Achterbahnfahrt und in den paar besonders gegen Ende märchenhaften Sequenzen mit ihrer Tochter wird schnell klar, warum sie das alles aushält.

Ansonsten regiert natürlich die Action und hier wissen Flugstunden durch die Hilfe eines Shotgun-Schusses zu gefallen, genau wie der Test, was eine scharfe Handgranate in einem Lift voller Schurken anrichten kann. Ebenso Spaß machen die kurzen Shootouts, die aus einem Computerspiel stammen könnten. Dass die Bösen dabei großteils unfähig sind und Everly trotz geringer Vorkenntnisse so gut wie alle Waffen besser als ihre Feinde meistert, ist dabei natürlich eine klare Sache. Bis auf einen eindeutigen CGI-Effekt gegen Ende, wirken die blutigen Effekte dabei allesamt schön von handgemacht und das ist gut so. Außerdem wurde auf unnötige, zu schnelle Schnitte verzichtet.

Insgesamt daher ein Film, bei dem es um gar nichts geht, der jedoch sehr gut von seiner Ansammlung von schrägen Momenten lebt und mit Salma Hayek eine Hauptdarstellerin zu bieten hat, die den Zuschauer sehr individuell durch diese blutige Angelegenheit führt, was zu der dringend nötigen, gefühlsmäßigen Bindung zu ihr führt. Dass das Ganze auch noch zu Weihnachten spielt und am Ende Stille Nacht gespielt wird, gibt der Sache dann zusätzlich noch eine irgendwie schizophrene Note. Insgesamt für Freunde von starken Damen und verrückten Bösen, die sich auf brutal-überdrehte Art und Weise das Leben schwer machen, eine Empfehlung, wer jedoch Tiefgang oder echten Kultstatus zu finden glaubt, der ist an der falschen Adresse.

„Everly“ bekommt von mir 7/10 vom Auge aus den Orkan bekämpfende Empfehlungspunkte.

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