Michael (Colin O`Donoghue) weiß nicht so recht was er mit seinem Leben anfangen soll. Um vor seinem Vater Istvan (Rutger Hauer) und seiner Zukunft als Leichenpräperator im familiären Betrieb entfliehen zu können, entschließt er sich kurzerhand an einem Priesterseminar teilzunehmen. Sein Mentor dort erkennt ein ganz spezielles Talent in ihm und schickt ihn für einige Tage auf einen Exorzismuskurs nach Italien.
Obwohl Michael sich nicht sicher ist, ob er ernsthaft einen Glauben besitzt und ob es Dämonen wirklich auf der Erde gibt, wird er schnell in den Bann gezogen von Pater Lucas (Anthony Hopkins), der mit seinen unorthodoxen Methoden schon seit vielen Jahren gequälte Seelen von ihren übernatürlichen Peinigern befreit. Gemeinsam mit der Journalistin Angeline (Alice Braga), die einen Artikel über Exorzismus schreiben möchte, steht Michael bald darauf vor seiner bisher größten Aufgabe und somit seinem ultimativen Glaubenstest: er muss den selbst zum besessen Opfer gewordenen Pater Lucas befreien von seinem dämonischen Begleiter. Was für einen Zweifler wie Michael zunächst als unlösbare Aufgabe erscheint.
Dieser Film basiert auf dem Buch „The Making of a Modern Exorcist“ von Matt Baglio, der dafür einen Pater begleitet hatte, dessen kalte Skepsis bald der wahren Realität des Bösen weichen musste. Genau dieser Pater war dann auch bei den Dreharbeiten der Exorzismusszenen anwesend, um sie – bis auf ein paar kleine filmisch notwendige Änderungen – so realistisch wie möglich gestalten zu können. Der schwedische Regisseur Mikael Hafström („Entgleist“, „Zimmer 1408“) durfte aus Recherchegründen bei ein paar echten Austreibungen dabei sein, zwar war er dabei nicht wirklich im gleichen Raum, konnte aber alles gesprochene durch die Türe mitverfolgen.
Eine spannende Ausgangslage also für einen Film, der trotz oder gerade wegen seines Inhaltes so real wie möglich sein will, was auch die von Anthony Hopkins gespielte Figur nach der ersten dämonischen Begegnung seinem jungen Begleiter schnell klar macht mit folgendem Insidergag: „Was hast du denn erwartet? Im Kreis rotierende Köpfe und erbrochene Erbsensuppe?“ The Rite ist auf jeden Fall ein langsamer Film geworden, der Horrorelemente sehr dosiert und gezielt einsetzt, ansonsten aber eher als Selbstfindungsdrama eines jungen Mannes gesehen werden will. Dass dabei die nötige Spannung nicht auf der Strecke bleibt, liegt vor allem an der souveränen Regiearbeit, an den atmosphärischen Bildern und wieder mal an der Performance von Mister Hopkins.
Spätestens seit seiner Rolle als Doktor Hannibal Lecter kennt ihn ja sowieso jeder Filmfreund auf der ganzen Welt. Wenn auch seine Rollenauswahl nicht immer perfekt war, an seinen Darstellungen war selten etwas auszusetzen – im Gegenteil, oft war er noch das Beste was der jeweilige Film zu bieten hatte. Als innerlich zerbrochener aber niemals sich und seinen Glauben aufgebender Pater läuft er wieder mal zur Hochform auf, was er dann im Finale mit einer dämonischen Over the Top Performance nocheinmal übertreffen kann. Nicht viele Leute in seinem Alter hätten das so überzeugend hinbekommen.
Da kann der mir bisher nie aufgefallene Colin O`Donoghue ja nur blass wirken, was er dann auch wirklich tut. Er bemüht sich zwar, doch das unterkühlte Verhältnis zwischen ihm und dem Zuseher taut die ganze Geschichte über nicht wirklich auf. Alice Braga („I am Legend„, „Repo Men“, „Predators„) darf dafür ein weiteres Mal beweisen, dass sie sich weder von Mutanten, noch von Aliens uns schon gar nicht von Dämonen einschüchtern lässt. Wie immer wirkt sie dabei stark, bleibt aber auch verletzlich. Rutger Hauer glänzt in einer tragisch-schrägen Nebenrolle, auch der restliche Cast macht seine Sache gut.
Menschen, die in verschiedenen Sprachen mit dämonischer Stimme sprechen, ihre Gliedmaßen unnatürlich verdrehen und deren Gesichter sich seltsam verfärben, hab ich ja – wie wohl die meisten Menschen – immer schon erschreckend gefunden. Auch hier entstehen so die dichtesten, spannensten Szenen, bei denen der Zuschauer zu Beginn immer noch zwischen der Sichtweise des Überzeugten oder des Skeptikers die ganze Sache begutachten kann. Wie die junge Hauptfigur im Film muss man am Ende jedoch anerkennen, dass es hierfür keine natürliche Erklärung geben kann. Aber nicht vergessen, das ist ja alles nur ein Film, oder?
Insgesamt also ein vordergründig ruhiger, unter der Oberfläche brodelnder Film, der sich voll auf seine Stimmung und Schauspieler verlassen kann und so einen eigenständigen Beitrag zum Exorzismusfilm-Genre einbringt, der als Drama mit Thriller- und Gruselelementen bestens funktioniert. Zum Einmal anschauen eben ziemlich unterhaltsam weiß aber nicht, ob die ganze Geschichte beim zweiten Mal gucken auch noch so gut wegkommen würde.
The Rite bekommt von mir 7/10 sämtliche Dämonen austreibende Empfehlungspunkte.