Powder Blue (Filmkritik)

Eine verzweifelte junge Mutter (Jessica Biel) arbeitet in einem Stripteaseclub, um die Krankenhausrechnungen für ihren todkranken Sohn bezahlen zu können. Ein gebrochener Vater (Ray Liotta) wird nach 25 Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Er hat Darmkrebs und daher nicht mehr viel Zeit seine mittlerweile erwachsene Tochter zu suchen und sich für vergangene Fehler zu entschuldigen. Ein junger Mann (Eddie Redmayne) arbeitet in einem Leichenschauhaus und wird bei jeder näheren Begegnung mit lebendigen weiblichen Wesen so nervös, dass sein Asthma immer stärker wird und er sogar manchmal in Ohnmacht fällt. Ein todunglücklicher Pater (Forest Whitaker) ist kurz davor seinen Glauben zu verlieren, auf jeden Fall möchte er sein Leben beenden und seiner über alles geliebten Frau in den Tod folgen. Doch Selbstmord kommt aus religiösen Gründen nicht in Frage, er muss jemanden Anderen finden um diesen Job zu erledigen. Die Wege dieser vier Menschen werden sich früher oder später treffen und zu grösseren Veränderungen führen.

Powder-Blue

Powder Blue könnte man als ein Drama über die Einsamkeit bezeichnen. Der vietnamesische Regisseur Timothy Linh Bui war gleichzeitig auch als Drehbuchautor und Produzent beteiligt. Vergleichbar ist der Film vielleicht mit Filmen wie „The Air I Breath“, grössenteils sehr realistisch mit einem Hauch des Surrealen garniert.

Eines ist mir hier schnell klar geworden. Jessica Biel ist eine wirklich gute Schauspielerin.
Nein, das liegt nicht an ihren zahlreichen wenig bekleideten Stripteaseszenen in diesem Film. Bis jetzt hat sie anscheinend noch nie eine Rolle bekommen, die sie richtig gefordert hat, oder sie wurde einfach nur von Film zu Film besser. Keine Ahnung wie, aber hier trägt sie den Film auf ihren Schultern, gestützt von ein paar weiteren großartigen Schauspielern.

Wie gesagt, Biel im ständigen Wandel zwischen verzweifelter Mutter im Schmuddellook und lasziver Männertraum in Desseus liefert die meiner Meinung nach beste Performance ihrer Karriere ab. Man kann ihre Zerbrechlichkeit und ihren Ekel vor dem was sie tun muss um an Geld für ihren kranken Sohn zu kommen allgegenwertig in ihren Augen sehen, sie ist kein schwacher Charakter, sie ist einfach nur ein Mensch dem man manchmal sagen muss, dass alles wieder gut werden wird.

Ray Liotta als sterbender Mann auf der Suche nach Vergebung bzw. einem würdigen Abschluss seiner verpassten Gelegenheiten ist ebenfalls sehr überzeugend. Sehr gut gefiel mir eine Szene, in der er seine Tochter in einer Stripteasebar wiedererkennt und sich einen privaten Tanz mit ihr reserviert. Er wehrt ihre erotischen Annäherungsversuche ab (sie weiß ja nicht dass er ihr Vater ist), sie kann ihn aber überreden mit ihr zu einem ruhigen Song zu tanzen. In diesen Momenten der Stille und Umarmung verliert das Ganze völlig jeden sexuellen Inhalt (trotz der gegenteilig anmutenden Atmosphäre), hier umarmt ein Vater einfach nur voller Liebe seine verlorene Tochter.

Der mir bisher unbekannte Jungdarsteller Eddie Redmayne weiß auf jeden Fall wie man einen Aussenseitertyp zu spielen hat. Seine schüchterne, zurückhaltend freundliche Spielart ist so überzeugend, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass er privat anders sein soll. Super die Szene in der er Biel´s Charakter erst fünft Minuten kennt, sie ihn aber zu einer spontanen Umarmung auffordert. In so einer unerwarteten Situation mit einer Frau funktioniert sogar er, und es ensteht sofort ein unheimlich starkes Gefühl von Nähe zwischen den zwei suchenden, verlorenen Seelen.

Forest Whitaker schliesslich ist wie so oft in emotional zerissenen Rollen am Besten (hier fungierte er übrigens auch als Coproduzent). Er ist verzweifelt genug einer wildfremden Prostituierten (in diesem Fall einem Mann, der sich zur Frau umoperieren lassen will) sein gesamtes Vermögen zu geben, nur damit sie ihn erschiesst. Er ist so auf seine tote Frau und das eigene Ausscheiden aus dem Leben konzentriert, dass er die Chance auf neue Liebe in Form einer an ihm interessierten Kellnerin zuerst gar nicht richtig wahrnimmt.

Lisa Kudrow, Patrick Swayze, Sanaa Lathan und Kris Kristofferson sorgen auch in den Nebenrollen für hohe Schauspielkunst. Für mich ein toller Ensamblefilm, der normale Menschen durch Zeiten von mehr oder weniger grossen Verlusten begleitet und am Ende zwar nicht mit einem eindeutigen Happy End für alle Beteiligten aufwarten kann, doch mindestens mit der ein oder anderen neuen Hoffnung die Geschichte abschliesst.

Die Charaktere sind eindeutig interessant genug um sie durch die eher langsam erzählte Geschichte verfolgen zu wollen und man wünscht ihnen einen Ausweg aus ihren verfahrenen Situationen. Die Kamera fängt dabei die Schauplätze mit wunderschönen Farben ein, der Einsatz von diversen Filtern bewirkt beim Betrachten mancher Einstellungen das Gefühl ein Gemälde zu betrachten. Teilweise glaubt man eine Traumsequenz zu beobachten, zu schön wirken die Bilder im direkten Kontrast zur traurigen Handlung. Gut so finde ich, das Mixprinzip von „schrecklich – schönen“ Momenten fand ich schon immer faszinierend.

Am Ende noch ein kleines Zitat über die Liebe, wenn es doch nur so einfach wäre wie es hier klingt.
Lexus: „Do you want love in your life? Then open your heart.“

Powder Blue bekommt von mir 7,5/10 nach Geborgenheit suchende Empfehlungspunkte.


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