Pi Patel (Suraj Sharma), Sohn eines indischen Zoodirektors, begleitet seine Eltern nicht ganz freiwillig auf eine Reise ins Ungewisse. Sein Vater will die Zootiere verkaufen und mit dem Profit ein neues Leben in Amerika beginnen. So fahren sie gemeinsam mit den Tieren auf einem Ozeandampfer ihrem neuen Leben entgegen. Doch ein heftiger Sturm bringt das Schiff zum sinken. Pi ist der einzige menschliche Überlebende und teilt sich das Rettungsboot anfangs mit einer Hyäne, einem Zebra, einem Orang-Utan und natürlich Richard Parker, einem bengalischen Tiger. Doch Richard Parker dezimiert gleich mal die Zahl der Überlebenden indem er die Hyäne, das Zebra und den Affen kurzerhand auffrisst. Pi flüchtet auf ein selbst gebautes Floß und baut mit viel Geduld eine unerwartete Verbindung zu dem ehrfurchtgebietenden Tier auf und muss seinen gesamten Einfallsreichtum und Mut aufwenden, um für sein und Richard Parkers Überleben zu sorgen. In den 227 Tagen, die Pi mit seiner höchst ungewöhnlichen Gesellschaft auf hoher See verbringt, stehen ihm einige schicksalshafte Abenteuer und Erlebnisse bevor …
Eines gleich vorweg. „Life of Pi“ ist keineswegs leichte Kost. Er stellt einige tiefschürfende Fragen in Punkto Religion, Menschlichkeit und den Mangel davon. Basierend auf dem Bestseller des preisgekrönten kanadischen Schriftstellers Yann Martel, erschien „Life of Pi“ 2001 im englischsprachigen Raum. 2003 wurde das Buch auf Deutsch veröffentlicht, mit dem deutschen Titel „Schiffbruch mit Tiger“ (meiner Meinung nach wie so viele deutsche Titel diskutabel). Es gibt einige Bücher, die anfangs als unverfilmbar gelten (wie unter anderem „Cloud Atlas“) und so sollte es bis 2012 dauern, dass dieses Buch verfilmt wurde. Denn wie sollte man mit einem Tiger filmen, ohne ihm mit einem Schauspielpartner ein schmackhaftes Buffet anzubieten?
Inhaltlich hält man sich recht nahe an die literarische Vorgabe und bleibt der Prämisse Schiffbruch mit Tiger treu. Trotz des eher begrenzten Raums in dem die Handlung stattfindet fadisiert man sich nie, denn Lee holte wirklich das letzte bisschen aus seinen doch über große Teile auf ein Boot beschränktes Set. Das Ende nimmt den Zusehern ein wenig den Wind aus den Segeln und überlässt es ihnen, das Gesehene und Geschehene zu interpretieren.
Gefilmt wurde in Kenting, Montreal, Munar, Pondicherry und im taiwanesischen Taichung. Regie führte Ang Lee. Anfangs war M. Night Shaymalan im Gespräch, doch der hatte das Gefühl, dass seine Affinität zu Twists am Ende seiner Filme, das Filmerlebnis für die Kinobesucher verderben würde. Lee ist ja einer der vielseitigsten Regisseure der heutigen Zeit. Er wechselt mühelos zwischen Period-Pieces wie „Sinn und Sinnlichkeit“, Martial Art Filmen wie „Crouching Tiger, Hidden Dragon“ hin und her und machte mit „Brokeback Mountain“, einem Film über homosexuelle Cowboys, auf sich aufmerksam.
Ang Lee filmte mit einem Budget von 120 Millionen Dollar einen Film, der das komplette Spektrum der menschlichen Emotionen abdeckt und ganz nebenbei den Zuseher noch mit eindrucksvollen und farbenprächtigen Bilder in 3D verwöhnt. Damit reiht sich „Life of Pi“ in eine Liste von Filmen ein, bei denen man die zusätzlichen Euros für 3D an der Kinokasse nicht bereut (dort tummeln sich unter anderem „Hüter des Lichts“ und „Der Hobbit„). Denn diese wunderschönen Bilder helfen dabei, den Glauben, den Pi in diverse Götter hat zu verstehen, denn wie sonst könnte man die magische Schönheit des Ozeans erklären? Leuchtende Quallen, fliegende Fische, eine schwimmende fleischfressende Insel voller Erdmännchen wirken wie aus einem Märchen, was die Unglaublichkeit der eigentlichen Geschichte verdeutlicht.
Man muss sagen, dass sich die Wartezeit von mehr als 10 Jahren, die die Transformation von Papier auf Film gedauert hat, wirklich gelohnt hat. Technische Fortschritte vor allem im Bereich der Animation machen den Tiger, der über weite Strecken animiert ist, um einige Klassen besser als etwa die Werwölfe in „Twilight“. Ganze 10 Millionen Haare, die animiert wurden und das studieren der Bewegungsabläufe eines echten Tigers haben sich hier wirklich ausgezahlt. Wobei der Tiger nicht das einzige aus Bits und Bytes bestehende Tier war, so tummelten sich unter anderem animierte Zebras, Orang-Utans und Hyänen über den Bildschirm. Genial war auch die Wandlung des Tigers, anfangs ein majestätisches Tier, das im Laufe der Zeit immer mehr abmagert. Sein Fell verliert an Glanz, wird immer struppiger und die Bewegungen immer sparsamer. Durch die Künste der Effektspezialisten rund um Oscar-Preisträger Bill Westenhofer („Der goldene Kompass“), wurde aus Richard Parker eine lebendig wirkende Figur, der trotz aller Versuche von Pi ihn zu zähmen, immer ein gefährliches Raubtier bleibt.
Nachdem insgesamt über 3000 junge Männer für die Hauptrolle vorsprachen, wurde der 17-jährige Student und Newcomer Surah Sharma für die Rolle des Pi gecastet und man muss sagen, hier wurde ein wirklich guter Riecher für wahres Talent bewiesen. Sharma stellt die Wandlung Pi’s mehr als glaubwürdig dar. Sein erzwungenes Erwachsenwerden, seine Trauer, seine teilweise ziemlich genialen Einfälle, die am Ende Pi’s und Richard Parkers Überleben sichern, lassen den Zuseher mitfiebern.
Irrfan Khan spielt den älteren Pi, der die gesamte Geschichte einem jungen Reporter erzählt, der seinen Glauben an Gott verloren hat und mit einer hartnäckigen Schreibblockade zu kämpfen hat. Mit einer Ruhe und Gelassenheit erzählt er seine unglaubliche Geschichte und man nimmt ihm ab, dass er trotz seiner tragischen Erlebnisse, seinen inneren Frieden gefunden hat.
Rafe Spall („Prometheus„) spielte den zuvor erwähnten Reporter. Nachdem die Rolle anfangs schon mit Tobey Maguire im Kasten war, hatte Ang Lee das Gefühl, dass dieser für diese kleine Rolle einfach zu bekannt wäre und beschloss seine Szenen mit Spall neu zu drehen. Spall hat nicht wirklich viel Screentime, doch man nimmt ihm den gequälten Künstler in der Glaubenskrise ohne weiteres ab. Gerard Depardieu wird zwar in der Cast-Liste ganz oben angeführt, gerät jedoch nach den geschätzten 2 Minuten die er zu sehen ist, rasch ins Vergessen.
Fazit: „Life of Pi“ ist ein wunderschöner Film, der Magie und viel Herz auf die Leinwand bringt, es schafft den Zuseher in einer Minute zum Lachen zu bringen und im nächsten Moment zu Tränen zu rühren.
„Life of Pi“ bekommt von mir 8,5/10 inspirierende, atemberaubende Punkte.
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Im Film gibt es eine Szene, in der Pi ein Brief im Wasser wirft. Dann sehen wir das Boot und das Floß von ganz oben, da gibt es kein bewegung oder Welle im Wasser! Total still!
Meiner Meinung nach ist es unnatürlich, weil realer Ozean immer ein bischen bewegung hat!
Was meinen Sie dazu? Wie können Sie diese Szene erklären?
Manche Kommentare sind einfach preisverdächtig 🙂