Cloud Atlas (Filmkritik)

Ein Rechtsanwalt (Jim Sturgess), der an Bord eines Schiffes von einem Arzt (Tom Hanks) vergiftet wird. Ein Komponist (Ben Whishaw), der ein großartiges Musikstück komponiert, nur um dann beinahe um sein Werk betrogen zu werden. Eine Journalistin (Halle Berry), die einer großen Verschwörung auf der Spur ist. Ein Verleger (Jim Broadbent), der vor den gierigen Angehörigen eines Bestseller-Autors flüchten muss. In der Zukunft, wo Klone in Fast-Food-Restaurants bedienen, wagt es eine dieser Klone (Doona Bae), für die eigenen Rechte einzutreten. In noch fernerer Zukunft ist die Welt ein trostloser und verstrahlter Ort und eine Frau (Halle Berry) macht sich daran zu ergründen, ob es irgendwo im Universum eine Alternative zur Erde gibt.

Cloud Atlas

Soweit sind einmal die ganzen Zeitlinien von „Cloud Atlas“ erklärt. Was jetzt hier im Inhalt schon relativ verwirrend daher kommt, macht es im Kino auch teilweise schwierig, der Handlung entspannt zu folgen. Viele Zeitsprünge unterbrechen den Handlungsfluss und während anfangs noch Zeitangaben vorhanden sind, verzichtet man bald darauf. Der Film umfasst den Zeitrahmen von mehr als 500 Jahren und daher ist es auch kein Wunder, dass man als Zuseher, der sich gemütlich berieseln lassen will, ein bisschen fehl am Platze ist, denn teilweise muss man wirklich mit vollster Aufmerksamkeit dabei sein, um nichts zu verpassen. Aufgrund des massiven Umfangs an Inhalt werde ich mein Bestes tun, nichts zu vergessen und dem Film doch irgendwie gerecht zu werden.

Mit der Verfilmung von „Cloud Atlas“ haben sich die Regisseure Andy und Lana Wachowski (Matrix) gemeinsam mit Tom Tykwer (Das Parfüm) einiges vorgenommen. Gedreht wurde zeitgleich an 2 Standorten, was auch half, die Produktionszeit zu halbieren und damit auch Kosten zu sparen. Tom Tykwer widmete sich Geschichten „1936″, „1973″ und „2012″, während das „Team Wachowski“ die Stränge „1849″, „2144″ und „2346″ erzählt. 6 Zeitebenen, mal mehr, mal weniger lose miteinander verwoben. So schreibt der Arzt in der ersten Zeitlinie ein Tagebuch, dies liest der Komponist aus der 2., der schreibt Briefe an seinen Geliebte, die Journalistin hört das Werk des Komponisten und liest auch dessen Briefe, der Verleger schreibt einen Roman über die Journalistin. Der Klon sieht einen Film über die Geschichte des Verlegers und in der sechsten Zeitebene verehren die Menschen den Klon als Gottheit.

Anscheinend gab es ja bei der Finanzierung (100 Mio Dollar sind halt auch kein Schnäppchen) das eine oder andere Problem und jetzt ist es irgendwie schade, dass „Cloud Atlas“ einen wenig berauschenden Kinostart in den USA hingelegt hat. Das Warum hinter den verschiedenen Zeitlinien entzieht sich mir persönlich ein wenig, aber Respekt an den Autoren des Buches, David Mitchell, der sich hier eine wirklich komplexe und mehr als ungewöhnliche Story einfallen ließ. Die wunderschönen, farblich brillanten Bilder, die man hier zu sehen bekommt, sind ein wahrer Augenschmaus und ließen nichts zu wünschen übrig.

Das nötige Sitzfleisch sollte man bei fast drei Stunden Laufzeit schon mitbringen. Der Film hat gerade in der Mitte einige Längen und stellenweise wünschte ich mir, bestimmte Storylines einfach zu überspringen. Sei es in der fernen Zukunft, in der die Sprache dadurch dermaßen verschandelt wird, dass man einfach beliebige Wörter aus einem Satz weg lässt und so klingt wie ein gerade frisch eingereister Immigrant mit Wortfindungsschwierigkeiten. Ausnahmsweise bin ich auch mal froh, mir den Film nicht in der OV angesehen zu haben, da teilweise schon so extrem hochgestochen daher geredet wird, dass ich schon auf Deutsch meine liebe Mühe hatte dem Allen zu folgen (ich gebs zu, bin stellenweise gescheitert – die Müdigkeit, das Luder).

Die Schauspieler werden in den einzelnen Zeitebenen immer wieder recycelt und treten oftmals mit grotesken Masken vor die Kamera (Hugo Weaving in DRAG!). Während es anfangs noch durchaus witzig ist, die verschiedenen Schauspieler zu erkennen (nach dem Motto, wer errät es als Erstes), wird es mit der Zeit aber doch mühsam und stellenweise auch lächerlich. Wenn weiße Schauspieler zu Asiaten transformiert werden, schaut das einfach nur grotesk und unecht aus (und es lenkt auch ziemlich ab ständig zu grübeln, welcher Schauspieler nun hinter dieser oder jener Maske steckt). An anderen Stellen gelingt diese Transformation durchaus, wenn z.B. aus Halle Berry eine blonde, hellhäutige Schönheit wird (nicht, dass sie nicht vorher schon ansehnlich war). Im Nachfolgenden gehe ich auf meist jeweils eine der oft sechs Rollen der Schauspieler ein, da dies sonst eindeutig den Rahmen sprengen würde.

Hugo Weaving (Captain America) spielt in den meisten Zeitebenen einen Fiesling (in ihm schlummert auch immer noch ein wenig von Agent Smith), aber wenn er als fiese Krankenschwester zu sehen ist, fällt es mir schwer, den Mann irgendwie wahr geschweige denn ernst zu nehmen, weil ich so von dem Äußeren abgelenkt bin. Tom Hanks (Catch me if you can) zeigt, dass er eigentlich alles spielen kann, sei es einen schmierigen Arzt, Hotelbesitzer oder einen Ziegenhirten, der mich optisch an Russell Crowe erinnert. Ich hätte mir wirklich nie gedacht, dass mir der Vergleich je über die Lippen kommen würde. Halle Berrys (X-Men) größere Rolle in der fernen Zukunft ist eigentlich die, die mir am Meisten in Erinnerung geblieben ist, wenngleich die Sprache der Zukunft (wie schon erwähnt) teilweise beim zuhören echt weh tut.

Ben Wishaw (Skyfall) überzeugt mich vor allem in seiner Rolle als schwuler Komponist, der sein Meisterwerk, das „Cloud Atlas“-Sextett, geschrieben hat. Leider hört man von dem titelgebenden Musikstück nicht wirklich viel und was man zu hören bekommt, klingt leicht unterwältigend. Doona Baes größte Rolle ist die des Klons, der mehr oder weniger unfreiwillig zum Gesicht der Revolution wird. Gerade in verletzlichen, ja verwundbaren und sehr ruhigen Momenten kann sie überzeugen. Jim Sturgess (Die Legende der Wächter) spielt unter anderem einen jungen Rechtsanwalt, der unter einer mysteriösen Erkrankung zu leiden scheint, die ihm fast das Leben kostet. Jim Broadbent (Young Victoria) in seiner Rolle als Verleger hat wohl die meisten Lacher auf seiner Seite, denn die gesamte Story ist dermaßen skurril und einfach nur genial.

James D’Arcy (W.E.) spielt unter anderem den Liebhaber von Ben Wishaw. Die Liebe der Beiden berührte mich wirklich. Hugh Grant (Notting Hill) hat eigentlich eher kleine Rollen, aber als Anführer eines Kannibalenstammes, der nach einem „Festmahl“ vollkommen blutig einschläft, sieht er ziemlich furchterregend aus.

Cloud Atlas mit nur einem Genre abzustempeln ist eigentlich unmöglich, es ist vielmehr ein Science-Fiction-Abenteuer-Thriller-Drama. Was mich stört sind teilweise schon sehr explizite Sexszenen und es wird auch schon mal draufgehalten, wenn jemand auf den Asphalt klatscht oder wie jemanden die Kehle durchgeschnitten wird. Gipfelpunkt meines Ekelgefühls stellt aber SPOILER die Fabrik dar, in der die getöteten Klone zu Nahrung ihrer Nachfolgermodelle verwertet werden. Da sieht man gehäutete und geköpfte Leichen, die zum ausbluten aufgehängt werden, nur um dann wie ein Stück Rind verarbeitet zu werden. Ziemlich geschmacklos. SPOILER ENDE

Fazit: Man braucht für diesen Film sowohl Kondition (im Sinn von Sitzfleisch), als auch einen konstanten Aufmerksamkeitspegel, um der Handlung komplett folgen zu können. Da meiner Meinung nach nicht alle Episoden gleich gelungen sind, schließt sich der eigentliche Kreis der Erzählung nur bedingt und wirkt stellenweise holprig und unrund. „Cloud Atlas“ ist auf jeden Fall ein optischer Hochgenuss und ein äußerst ambitioniertes Stück Film.

Der Film bekommt 7/10 nicht ganz wolkenlose Punkte.

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