Resident Evil (Serienkritik)

Jade (Ella Balinksa) und Billie (Adeline Rudolph) sind die Töchter von Albert Wesker (Lance Reddick). Der Mann arbeitet(e) in einem Forschungslabor der Umbrella Corporation. Die Forschungseinrichtung war tatsächlich mehr eine kleine Stadt, mit Schulen, Wohnungen und allem drum und dran.

Und die Forschungen waren natürlich für die Zukunft der Menschheit relevant und wichtig und überhaupt nicht gefährlich oder so. Es ging um Viren. Und man stand kurz vor der Einführung einer neuen Wunderdroge (ähm, Medikament, meinte ich) namens JOY. Auch bald für Kinder mit dem kreativen Namen „JOY for Kids“. Das war damals. 2022.

Die jungen Jade (Tamara Smart) und Billie (Siena Agudong) brechen aber eines Tages in die Labore ein (Gründe sind jetzt mal nebensächlich) und dummerweise kommt es zu einem Biss und einer Virusübertragung … und das ist nicht gut …

2036 ist dann alles anders, denn etwas ging schief und naja, die Welt ging unter. Wie könnte das nur zusammenhängen?

Zuerst einmal: Es ist unglaublich schade, dass Lance Reddick so früh verstorben ist. Der Mann hatte es grundsätzlich drauf und vor allem seine Stimme hatte „das gewisse Etwas“. Man denke nur an seine Performance als Sylens in den „Horizon“-Titeln, um aktuelle Werke des guten Herren zu nennen.

Was ebenfalls unglaublich schade ist, ist die Tatsache, dass eine seiner letzten Rollen die von Albert Wesker in dieser unglaublichen Verfilmung der „Resident Evil“-Spiele darstellt, denn so gut Reddick auch ist, das was hier abgeliefert wird ist an Stumpfsinn kaum zu überbieten.

Aber der Reihe nach: 2022 kam die von Netflix produzierte Serie, die schlicht den Titel „Resident Evil“ trägt, auf die Bildschirme und tja, was soll man sagen. Zu behaupten, sie wäre durchgefallen ist eine kleine Untertreibung. Die Gründe dafür mögen mannigfaltig sein, aber meiner Ansicht nach nicht dort, wo viele sie vermuten. Es gibt ja Stimmen, die (berechtigt) fragen, was das alles – vom Virus, ein paar Namen und ein paar Monstern, denn bitte mit Resident Evil zu tun haben soll und sozusagen die Entfremdung vom Ursprungsmaterial als Grund für das Scheitern der Serie sehen.

Ich sehe das anders.

Nur als Vergleich: Wer die sechs Filme mit Milla Jovovic kennt, der oder die weiß ja, dass man sich vom Ursprungsmaterial weit entfernen kann und trotzdem Erfolg damit haben. Denn die Filme mit „Alice“ im Mittelpunkt sind auch im Grunde sowas von kein „Resident Evil“, dass es fast schon nicht mehr geht. Und trotzdem hat man es auf sechs Teile (mit mehr oder weniger Erfolg) gebracht. Auch dort kommen Namen und Personen vor, die man aus den Spielen kennt – wenngleich auch optisch und charakterlich (jetzt hätte ich fast einen Lachanfall bekommen, weil man die Figuren aus den Filmen kaum Charaktere nennen kann) weit näher an den Spielen -, aber die Story an sich hat eigentlich wenig bis nichts mit dem Ursprungsmaterial zu tun.

Trotzdem waren sie erfolgreich und haben Spaß gemacht.

Und das ist das Problem bei der Serie: Sie macht keinen Spaß. Tatsächlich ist sie entweder ärgerlich oder sie ist langweilig. Dazwischen tut sich wenig. Da ist es dann schon fast egal, dass die Effekte gut, die Kameraarbeit in Ordnung und die schauspielerischen Leistungen in Anbetracht des Drehbuchs eigentlich okay sind. Es ist einfach strunzlangweilig.

Abgesehen davon, ist die Grundidee ja gut: Man nehme ein Franchise, caste Menschen, die mit ihren digitalen Abbildern null zu tun haben (Lance Reddick als Albert Wesker … wem ist das denn eingefallen) und sofort stellen sich den geneigten Seher:innen viele Fragen. Ist das Wesker? Ein Klon? Der hat Kinder? Ist das eine Simulation? Ist es ein Plan-B von Umbrella? Ist er vielleicht das Original und der andere Wesker ein Klon oder eine gentechnisch erzeugte Person? Und noch ganz viel mehr.

Da hätte man viel daraus machen können. Man hätte sich nur dann halt nicht auf ein hunderttausend Mal gesehenes Teenager-Drama zwischen zwei Schwestern fokussieren sollen, die – Hand aufs Herz – niemanden interessieren und als Figuren ungefähr so interessant sind wie ein Stück Brot. Wobei ich dem Brot nicht Unrecht tun möchte. Brot kann spannend und witzig sein (Hallo, Bernd!). Die Figuren hier sind es allerdings nicht.

Die ersten Folgen zeigen gleich mal, was Sache ist: Zwei Zeitschienen. Eine in einer nicht fernen Zukunft. Alles verwüstet. Die Kids erwachsen und eine davon kämpft sich (weil: Gründe) durch ein Gelände und wird von einer mutierten Riesenraupe (bunt wie ein Kanarienvogel) überfallen, dann aber gerettet. Recht unspektakulär gerettet, wie ich anmerken muss. Und dann kommen die Rückblenden: Wie konnte es nur soweit kommen? Oh, große Frage, die viele Möglichkeiten lässt. Nur ist das halt Resident Evil. Und wir alle wissen, was und wie es passieren wird: Forschung. Virus. Biss. Mutation. Freigesetztes Virus. Ende der Welt und so. Also nichts davon neu.

Macht aber nichts, wenn es spannend erzählt wird, es eine Spannungskurve gibt, vielleicht ein paar Überraschungen und – am Wichtigsten – Figuren, mit denen ich Zeit verbringen will. Und hier ist der Mangel im Detail. Denn es gibt keine Spannungskurve. Und die Figuren … ich denke, das hab ich schon geklärt.

Was die Überraschungen betrifft: Die größte Überraschung ist wohl, dass es nicht wirklich eine gibt. Und nicht mal das ist überraschend. Dabei wäre es so leicht gewesen. Ein paar Rote Heringe ausstreuen und in jeder Folge einen davon als falsch auflösen, bis zum Ende hin. Ungewissheit streuen. Kurz: Es spannend halten. Aber nicht, nichts davon. Das hier ist zu so vielen Prozent berechenbar, dass die Zahl 100 irgendwie in den Sinn kommt.

Was denkt ihr passiert beim Einbruch in das Labor? Richtig. Und das auch, ja. Und – stimmt – ebenfalls korrekt. Und ja, ihr habt Recht. Was immer ihr euch gerade gedacht habt: Es stimmt sicher. Und das wiederholt sich bis zum Ende.

Was soll ich noch sagen? Wer immer der Meinung war, dass es eine super Idee ist, eine Serie im „Resident Evil“-Universum mit Teenage-Drama zu beginnen, der oder die hat wohl was nicht ganz verstanden. Wobei … die beste Szene kommt aufgrund dieses Sub-Plots zustande: Albert Wesker, der dem Vater eine anderen Schülerin, im Grunde genommen nicht sehr subtil, aber nie ganz ausgesprochen, erklärt, was passieren wird, wenn er denkt, er könne sich über Weskers Tochter beschweren. Das war richtig stark. Da hätte ich gern mehr davon gehabt.

Aber – es ist nun einmal wie es ist. Und das ist schade. Ich könnte jetzt noch über die Schauplätze in der Zukunft sprechen, aber einerseits sehen die alle quasi gleich aus und andererseits … sehen sie alle gleich aus. Wie viele Variationen von „alles kaputt, Monster sind da und düster isses“ kann man denn noch sehen? Eben. Nichts was irgendwie im Kopf hängen bleibt. Nicht mal die (vorhersehbaren) Betrügereien zwischen den Figuren und scheinbaren Rettern überraschen, weil – ich denke, ich habe das schon subtil angedeutet – einfach alles so unglaublich vorhersehbar ist. Und langweilig. Leider.

Ach, eines noch: Weil ich überall lese, dass hier die „Woke“-Agenda im Vordergrund steht und die „politischen Ansichten“ das Produkt kaputt gemacht hätten … Habe ich nicht so emfpunden. Ja, es gibt viele Kulturen und Albert Wesker ist schwarz und Tierversuche sind Thema und Veganismus und und und. Aber mal ehrlich: Wen stört das denn bitte? Solange die Figuren spannend sind, die Story gut ist und die Spannungskurve passt könnt ihr mir ein Brot hinstellen und ich würde mitverfolgen, was mit ihm (oder ihr?) passiert. Vorausgesetzt natürlich, dass das Brot sich auch als Brot identifiziert und ich jetzt nicht die falschen Personalpronomen erwischt habe, ist ja alles höchst fiktiv.

Sorry, aber sowas ist für mich für den Film- und/oder Seriengenuß völlig irrelevant. Ob schwarze, weiße oder Latino-Schauspieler:innen vor der Kamera stehen ist mir schnurz. Ich will Charaktere, die mich abholen. Und das passiert hier halt einfach nicht.

„Resident Evil 2022“ bekommt von mir 4 von 10 möglichen, für ein paar gute Momente hat es gereicht, Punkte.


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