Im Jahre 1666 des Herrn gibt es eine Siedlung namens Union. Unter der Fürsorge von Pastor Cyrus Miller (Michael Chandler) gedeiht die kleine Gemeinde. Wie es nunmal so ist, will die Jugend aber mehr als ein prüdes Leben und feiert im Wald eine Fete. Dort kommen sich die Pastorentochter Hannah (Olivia Scott Welch) und die später als Hexe verrufene Sarah Fier (Kiana Madeira) sich näher. Dass dies im puritanischen Zeitalter der Hexenverbrennungen natürlich nicht gesund für die beiden enden kann, ist wohl klar. Vor allem, dass sie dabei gesehen werden und – man glaube es kaum: Plötzlich passieren seltsame Dinge im Dorf. Ein Schwein frisst zum Beispiel alle ihre Jungen. Frische Äpfel, die im Inneren verfault sind. Ein Hund, der im Brunnen verendet und dadurch das Wasser vergiftet. Man könnte meinen, dass der Teufel nach Union gekommen sei.
Und genau das denken die werten Herren von Union auch und die Schuldigen sind gleich gefunden: Hannah und Sarah, weil: Frauen, die sich gegenseitig unsittlich berühren? Da kann ja nur der Teufel die Finger im Spiel haben. Die beiden müssen also Hexen sein und die Jagd beginnt.
Sarah wird im Zuge dessen und aus Angst um Hannah zum äußersten getrieben, denn getreu dem Motto „Wenn sie uns schon für Hexen halten, was hindert uns dann daran, welche zu werden?“ macht sie sich auf dem Weg zur (vermeintlichen) Waldhexe. Dort stößt sie allerdings auf ein neues Rätsel und die Umstände, die Union später in Shadyside und Sunnyvale aufteilen, nehmen ihren unheilvollen Verlauf …
Das war ja mal ein unerwarteter Abschluss der Trilogie. Damit meine ich weniger die Auflösung, was in Shadyside los ist oder wer am Ende aller noch lebt, sondern tatsächlich gibt es in diesem Finale mehrere Überraschungen und eine davon passiert nach ca. 55 Minuten Film. Das habe ich nicht kommen gesehen. Ich war schon überrascht, als die Geschichte von Sarah Fier ihren emotionalen Höhepunkt erreicht hat (und ja, ich finde ihn absolut emotional) und ich habe mich gefragt, was denn jetzt dann noch kommen kann – mit dem was folgte hatte ich nicht gerechnet.Und ehrlich gesagt: Ich will es jetzt nicht hochpushen, weil es eine sehr simple Sache ist, aber ich fand es trotzdem cool.
Klingt kryptisch. Soll es auch, denn ich will ja niemand die Überraschung verderben. Wer es kurz gefasst lesen will: Ja, auch Teil 3 hält was die ersten beiden Filme versprochen haben. Er ist anders, was allein schon in seiner Struktur liegt und vor allem funktioniert dieser Film hier auch nicht auf sich allein. Sicher – die erste Stunde oder so könnte man schon als eigene, abgeschlossene (tragische) Geschichte so stehen lassen, aber die zweite Hälfte setzt Kenntnisse der ersten beiden Teile voraus.
Und ja, viele Dinge aus den ersten beiden Teilen werden ergänzt oder in ein neues Licht getaucht, was ich absolut erfrischend fand. Da hat es auch Sinn, dass man nicht mehrere Monate zwischen den Filmen gewartet hat, sondern sie einfach im Wochenrhythmus verfügbar machte, denn – ganz ehrlich – in ein, zwei Jahren wären mir diese Dinge nicht mehr aufgefallen. Angefangen von Kameraperspektiven, die auch visuell eine absolute Schleife zum ersten und zweiten Teil herstellen, so passieren hier Dinge, die vieles verändern was man in den ersten beiden Teilen gesehen hat. Und das Tolle daran: Es ist stimmig, passt und ergibt Sinn.
Also alle Hochachtung vor Leigh Janiak und ihrem Drehbuchteam Phil Graziadei (hat bei „Honeymoon“ mitgeschrieben) und Kate Trefry (hat bei „Stranger Things“ als Story Editor mitgearbeitet), weil hier wirklich in meinen Augen alles zusammenpasst.
Sicher, die Optik im Jahre 1666 ist verdächtig hübsch und die Einwohner:innen von Union sind allesamt hübsche Menschen, die halt dreckig geschminkt sind, was aber durch den Kunstgriff (Man erlebt das Geschehen durch die Augen der 1994 lebenden Deena) erklärt wird, so das alles ins Bild passt, zumal Deena alle Figuren, die dort leben mit Figuren aus ihrem Umfeld ersetzt. So spielt zum Beispiel Julia Rehwald in 1994 die Drogen verkaufende Kate und in 1666 spielt sie Lizzie, die ein paar, nun, nennen wir es „halluzinugene Beeren“ auftreibt. Stimmig, passend und als Spiegelung bzw. Symmetrie mit Teil 1 wunderbar umgesetzt. Klar, dass Hannah von Olivia Scot Welch gespielt wird und so weiter.
Was den dritten Teil aber speziell in der ersten Stunde für mich so intensiv macht, ist der Ursprung des Fluchs und wie realistisch mir das erscheint, was hier gezeigt wird. Dass eine Lüge sich selbständig macht und von anderen 1:1 kopiert wird ist ja leider nicht ungewöhnlich. Und das diese Lüge von einem geprellten, lächerlich gemachten, männlichen Ego kommt, ist auch nicht verwunderlich. Und das alle dann glauben, was da behauptet wird ist auch nicht unbekannt. Das macht die gesamte Situation umso tragischer. Trotzdem fühlt es sich aber nie an, als wäre hier irgendeine Message irgendwo hinein gedrückt worden, sondern die gesamte Situation entwickelt sich überaus organisch und nachvollziehbar. Wundervoll. Und wenn man dann weiß, was damals passiert ist, dann versteht man plötzlich ganz ganz viele Dinge aus den ersten beiden Teilen nicht besser, sondern anders(!) und das gesamte Bild, welches die drei Filme ergeben, ist absolut gelungen, stimmig und rund.
Und das, obwohl es sich vom Genre her, um drei völlig unterschiedliche Filme handelt. Ich bin tatsächlich ziemlich beeindruckt, was hier abgeliefert wurde. Drei Filme mit unterschiedlichen, in sich geschlossenen Handlungen, allerdings mit einem überspannenden Handlungsbogen und alles absolut ist gut durchdacht. Ich finde es toll, dass keiner der Filme irgendwie abfällt und das hohe Niveau durch die Bank gehalten wird.
Und als Nebeneffekt: In allen drei Filmen sind starke Frauen die Hauptfiguren, es wirkt aber durch die Bank stimmig und nicht aufgesetzt. Hollywood hier kannst du was lernen.
Und als ich am Ende die „queenofairanddarkness“ gesehen habe, da hab ich mich wirklich, wirklich für einen der Charaktere gefreut. Und alles in allem: Experiment „Fear Street Trilogy“ absolut geglückt.
„Fear Street: Part 3 – 1666“ bekommt von mir 9 von 10, alles zusammenführende, mitreissende, erschreckende und in sich stimmige, Punkte.