Dying of the Light – Jede Minute zählt (Filmkritik)

Vor 22 Jahren wurde der CIA Agent Evan Lake (Nicolas Cage) aus den Klauen des Terroristen-Führers Muhammad Banir (Alexander Karim) befreit, Bei dieser Aktion kamen angeblich alle Täter ums Leben. Seine körperlichen Wunden sind zwar zum großen Teil verheilt, doch das psychische Trauma hat Evan nie wirklich überwunden. Von seinen Vorgesetzten zu einem Schreibtisch-Job verpflichtet, fristet er so sein Dasein. Dabei denkt er nicht an die Pension, sondern möchte viel lieber wieder in den Außendienst.

Als er von seinem Arzt erfährt, dass er an der aggressiven Frontallappen-Demenz leidet, bei der seine Sprache und sein soziales Verhalten am stärksten beeinträchtigt werden, denkt er daran, seinem Leben ein Ende zu setzen. Sein junger Kollege Milton (Anton Yelchin) holt ihn jedoch recht plötzlich aus seiner Lethargie, denn er hat neue Informationen über Banir, von dem Evan als einziger Mensch immer geglaubt hat, dass er noch am Leben ist. Zeit für eine letzte, sehr persönliche Jagd nach dem Verbrecher.

Dying of the Light

Im Jahre 2010 sollte noch Nicolas Winding Refn („Drive„, „Only God Forgives„) mit Harrison Ford und Channing Tatum als Hauptfiguren, bei diesem Film Regie führen, doch er wanderte auf den Produzenten-Stuhl und überließ Altmeister Paul Schrader das Regiezepter und das Drehbuch, dass er auch schon für Klassiker wie „Taxi Driver“ und „Wie ein wilder Stier“ geschrieben hatte. Schließlich wurden mit Nicolas Cage und Anton Yelchin, auch gleich zwei neue Stars gefunden. Turbulent ist sie also, die Vorgeschichte dieses Projekts, aber sie weckt auch von den beteiligten Namen her, durchaus das Interesse.

Wenn man dann aber ließt, dass das Studio kurz vor Beendigung des Filmes die Macht ergriffen hat, ihn umgeschnitten und Werbung und Veröffentlichung übernommen hat, dann hat dies klar eine ernüchternde Wirkung. Zumal es Fotos gibt, die Schrader, Refn, Cage und Yelchin mit T-Shirts zeigen, auf denen die Klausel aus dem Vertrag steht, die dem Regisseur eine Riesenklage bringen würde, sollte er sich negativ über das Endergebnis seiner Arbeit äußern. Natürlich ein klarer Fall von Finanzen vs. Kunst, wobei freilich nicht klar ist, was genau das Problem mit Schraders Version gewesen ist.

Rausgekommen ist dann ein Film, der passender Weise so wirkt, als hätte man nicht genau gewusst, was man hier genau aussagen wollte. Werbung für die CIA? Kritik an der Obama Regierung? Oder ist dies einfach nur die sehr persönliche Geschichte eines gebrochenen Mannes, der am Ende seines Lebens noch mal die Chance bekommt, sich an seinem Peiniger zu rächen? Besonders schade finde ich bei dieser unausgegorenen Mischung, dass Nicolas Cage wirklich einen besseren Film verdient hätte, denn er zeigt endlich wieder mal, wie gut er sein kann, wenn er nicht gerade unmotiviert ist oder eine überdrehte Phase hat.

Nach der kurzen Rückblende zu Beginn, widmet sich der Film sehr lange Zeit Evan Lake und seinem letzten Aufbegehren gegen seine Situation. Keiner glaubt seiner Suche nach der Wahrheit, der Innendienst zermürbt ihn, die Krankheit gibt ihm den Rest. Cage (The Frozen Ground) fängt mit seiner Performance diese Momente sehr schön ein, in denen seine Figur die Kontrolle über seine Sinne verliert, er entwickelt dabei kurzfristig fast schon liebenswert hilflose Charakterzüge, die im Gegensatz stehen zu seiner bestimmenden Art, als an seinen Job glaubender CIA-Agent.

Sehr ansprechend ist dabei die Chemie, die er mit dem von Anton Yelchin (Charlie Bartlett) gespielten Milton hat, denn eigentlich ist Evan ja so etwas wie ein Mentor für Milton, doch in den schwachen Augenblicken, wird der junge Agent zum Sohn, der seinen kranken Vater Mut zu redet und ihn unterstützt. Aus dieser Konstellation heraus entsteht für mich eine Dynamik, die emotional ansprechend ist und die Charaktere nicht beliebig gestaltet, sondern mir als Zuschauer ans Herz wachsen lässt. Was sich hier sonst so abspielt, ist leider nur Routine, inklusive der fragwürdigen Inspiration zur Selbstjustiz.

Die Suche nach Terroristen hat man einfach schon sehr oft gesehen, sicherlich auch schon schlechter als hier, aber bestimmt auch schon spannender. Der Drama-Anteil überwiegt ja klar, wobei Cage hier seine Stärke zeigt, die wenigen Action-Momente haben jedoch einen unheimlich beliebigen Charakter und wirken auch fast zu brutal. Natürlich, wenn böse Terroristen im Spiel sind, dann muss Gewalt die Sprache der Wahl sein, ein Hals aufschlitzen ganz nebenbei verfehlt seine Wirkung jedenfalls nicht, was immer dies auch ursprünglich auslösen sollte.

Für mich ein Film, der nur darum funktioniert, weil man die Story der Hauptfigur gerne zu Ende erzählt bekommen will, was wiederum – neben dem Drehbuch – sehr stark Nicolas Cage zu verdanken ist. Ob die finale Version von Regisseur Schrader nun wirklich so sehr anders ausgesehen hätte bleibt die Frage, obwohl ein Hiefen aus dem Einheitsbrei der DVD-Thriller Premieren, bei diesem Material wohl sowieso nicht möglich gewesen wäre. Freue mich daher schon auf den nächsten Cage, bei ihm weiß man nämlich nie, welche seiner drei Herangehensweisen an die Arbeit, er für seinen nächsten Film gewählt hat.

„Dying of the Light“ bekommt von mir 6/10 mit letzter Kraft den eigenen Kampf zu einem bitteren Ende bringende Empfehlungspunkte.

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