Joy Ride – Spritztour (Filmkritik)

Lewis (Paul Walker) studiert auf der Universität in Kalifornien und kauft sich vor den Sommerferien extra noch ein Auto, um auf der Reise nach Hause, seine Kindheitsfreundin und heimliche Liebe Venna (Leelee Sobieski) von ihrer Schule abzuholen, um gemeinsam einen Roadtrip zu gestalten. Da Lewis aber vorher noch überraschend seinen immer wieder mit dem Gesetz Probleme habenden Bruder Fuller (Steve Zahn) aus dem Gefängnis holen muss, wird zunächst nichts aus der trauten Zweisamkeit.

Auf dem Weg zu Venna machen sich die beiden Brüder einen Spass mit ihrem CB-Radio und Lewis spielt über Funk einem Mann namens Rostiger Nagel vor, dass er eine hübsche Frau namens Zuckerstange ist und ihn in einem Hotelzimmer treffen möchte. Das hätten die zwei Witzbolde lieber lassen sollen, denn der mysteriöse Mann ist ein Trucker Fahrer, der Scherze dieser Art überhaupt nicht lustig findet und sich auf brutale und durchaus auch tödliche Weise zu revanchieren weiß.

Joy Ride Film

Im Jahre 2001 schuf Regisseur John Dahl, der sich mittlerweile völlig ins Seriengeschäft zurück gezogen hat (er inszenierte unter anderem Folgen von „Person of Interest„, „Hannibal“ oder „Arrow„), mit dem Kinohit „Joy Ride“ nicht nur einen kultigen Thriller mit einigen extrem spannenden Momenten, sondern es wurde mit der Figur des Truckers Rostiger Nagel aka Rusty Nail auch ein neuer Killer im Horror-Genre geboren, der in den Jahren 2008 in „Joy Ride 2: Dead Ahead“ und auch aktuell 2014 in „Joy Ride 3“ wieder sein Unwesen treiben darf (obwohl er sich dabei, ähnlich wie bei den „From Dusk Till Dawn– Fortsetzungen, mit billiger produzierten DVD-Premieren und weniger bekannten Namen bei seinen Opfern begnügen muss).

Wen es interessiert, der kann sich auf der DVD (eine Blu-Ray ist auf deutsch noch immer nicht erschienen) die fünf alternativen Enden ansehen, auf denen Rusty Nail in jeder einzelnen Version stirbt. Um das für Hollywood typische Gesetz der Serie aufrecht erhalten zu können, durfte er aber dann doch überleben (was ich in dieser Kritik nicht als Spoiler sehe, weil ja die Handlungsbeschreibungen der Fortsetzungen diese Tatsache preisgeben und dieses Franchise eben ähnlich wie bei Serien mit anderen ikonischen Killern funktioniert. Als Drehbuchautor und Produzent fungierte keine geringerer als J.J. Abrams („Star Trek„, „Super 8„) und die Filmmusik stammt von Marco Beltrami („My Soul to Take„, „The Thing„), der seit Jahren ein wahrer Spezialist ist, was das Komponieren von düsteren und ungemütlichen Klängen betrifft.

Interessant ist hier die Tatsache, dass „Joy Ride“ zwar sicherlich kein subtiler Film ist, sich mit Gewaltszenen aber angenehm zurück hält – daher auch die Freigabe ab 16 Jahren – und auf Damen mit wenig Kleidung oder gar Sexszenen völlig verzichtet. Sehr viel Grusel wird über die Stimme von Rusty Nail erzeugt, der vor allem im englischen Original, wegen der unheimlichen, eiskalt verspielt wirkenden Stimme von Ted Levine (Shutter Island), noch länger nach Filmende innerhalb der eigenen Gehörgänge in Erinnerung bleibt. Auch erfrischend ist dabei, dass in keiner Weise erklärt wird, warum er so extrem reagiert. Menschen öffentlich demütigen, fast überfahren oder in beinahe sicher mit dem Tod endende Situationen bringen, ob er das tut weil er als Kind zu heiß gebadet wurde? Es gibt zum Glück keine billige Erklärung dafür und das ist gut so.

Ein cooler Bösewicht alleine reicht aber noch nicht für einen stimmigen Film und hier kommen Steve Zahn (Knights of Badassdom) und Paul Walker (Hours) als Bruderpaar ins Spiel. Der eine rebellisch, verspielt, noch immer seinen Platz in der Welt suchend und gegen die Eltern rebellierend, der andere der brave Sonnyboy der Familie, auf den die Eltern stolz sind, der jedoch in der breiten Masse untergeht und endlich auch von seiner Jugendliebe entdeckt werden möchte, die ihn nur als guten Freund wahr nimmt. Diese beiden Jungs sind einfach sympathisch, da sie sehr menschlich rüber kommen, was sie zu perfekten Opfern macht, um die man als Zuschauer Angst hat.

Verzichtet wird auch auf eine langweilige Liebesgeschichte, Leelee Sobieski (The Glass House) ist zwar ein potentieller Love Interest für beide Brüder, doch dienen diese Szenen eher nur dazu, um für den einen oder anderen Lacher zu sorgen oder um eine Verschnaufpause zu schaffen, bevor der Trucker seinen nächsten perfiden Schachzug ausführt. Vor allem das Finale ist dabei unheimlich gut geworden, weil schauspielerisch, von der Kamera, der Musik und vom Schnitt einfach alles stimmt und das Gezeigte, nur schwer an Spannung zu überbieten ist. Eine schöne Sache, denn kleine feine Thriller, die mit einem geringeren Budget auskommen und sich nicht auf reine Schauwerte verlassen, sind sowieso viel zu selten geworden.

Wer also einen spannendes Roadmovie sehen möchte, das ohne offensichtlich erkennbare Schwächen auskommt und den leider kürzlich verstorbenen Paul Walker in einer seiner ersten größeren Rollen zeigt, der ist hier genau richtig. Mit Rusty Nail wurde ein starker Schurke geschaffen, der seine Macht vor allem daraus zieht, dass er für seine Opfer nie wirklich greifbar ist und ihnen immer einen Schritt voraus scheint. Es geht im Thriller und Horror-Genre eben auch ohne Sex und (zuviel) Gewalt, ob dies aber so weiterhin für den aktuellen dritten Teil gilt, erfahrt ihr bald in unserer Review. Bis dahin: ärgert keine unbekannten Menschen über das Funkradio, sie könnten mit ihren Reaktionen darauf auch über reagieren!

„Joy Ride – Spritztour“ bekommt von mir 8,5/10 sich einen gewaltigen rostigen Nagel eintretende Empfehlungspunkte.

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