Ex-Soldatin Joey (Daisy Ridley) hat schon bessere Tage erlebt. Sie ist erneut zu spät unterwegs zu ihrem Job und ihr autistischer, älterer Bruder ist wegen seiner Hacker-Fähigkeiten – mit denen er immer Ungerechtigkeiten aufdeckt – aus der nächsten Einrichtung geflogen. Deswegen nimmt sie ihn aus Mangel an Alternativen auch mit zur Arbeit.
Joey arbeitet aktuell als Fenster-Reinigung in einem Hochhaus und dort wird gerade die Jahresversammlung mit vielen hohen Tieren abgehalten, als plötzlich Marcus Blake (Clive Owen) und seine Gruppe von radikalen Aktivisten, die versammelten Menschen als Geisel nehmen. Joey steckt deswegen außerhalb des Gebäudes in luftiger Höhe fest, was blöd ist, denn in ihrer außergewöhnlichen Lage, könnte sie die beste Hoffnung für die Geiseln sein…
Regisseur Martin Campbell ist mittlerweile auch schon über 80 Jahre alt und bleibt mit seinem aktuellen Film seinem Stil der letzten Jahre treu. Seine „Alterswerke“ sind allesamt kleinere (unspektakuläre) Action-Thriller (z.b. The Foreigner, The Protégé oder Memory), mit zumindest einem bekannteren Darsteller im Cast mit dabei, die voll und ganz von seiner jahrelangen Routine in diesem Genre profitieren können. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Bei Cleaner hat dann leider wieder mal das Marketing völlig versagt – dabei vor allem der Trailer – und die „hier ist alles woke, Girlboss-Charaktere sind furchtbar“ Fraktion auf den Plan gerufen, die den Film völlig verrissen haben. Wobei Kritik an Wokeness wenn berechtigt voll mein Ding ist, muss man dennoch darauf achten, ob man dies auch jeweils individuell anwenden kann. Ab jetzt folgen in der Kritik ein paar Spoiler.
Der Trailer verkauft uns nicht nur einen Clive Owen Film (der dann nur circa 10 Minuten mit dabei ist), sondern es wird das Gefühl eines Stirb Langsam – Klons mit viel Action erzeugt, wobei Bruce Willis hier durch eine toughe Lady ersetzt wurde. In Wirklichkeit ist die Dame hier nur ihrer Außenwelt gegenüber hart, von den ersten Filmminuten an, in denen sie verschlafen hat, Sachen vergisst, ihrem Bruder helfen will und durch die Gegend flucht, mag man sie einfach.
Das ist kein Girlboss, die hat Fehler, kann nicht alles, bekommt männliche Unterstützung im Kampf und entwickelt sich sogar, so weit es der Film zulässt. Natürlich könnte auch die Darstellerin mit dem Hass zu tun haben, immerhin handelt es sich um Daisy Ridley (Rey aus der letzten Star Wars Trilogie), die ja offensichtlich das Feindbild für SW-Fans ist, da sie scheinbar alleine (und nicht Disney) das Franchise in den Sand gesetzt hat. Dass sie außerhalb von SW finanziellen Erfolgen nachläuft (wie etwa mit Chaos Walking) aka keine Karriere hat wie manche zynisch meinen, ist dafür schon eher wahr.
Der Film selbst ist in Wirklichkeit Thriller/Drama und dann erst ein Actionfilm, denn die Hauptfigur kommt erst nach über einer Stunde Spielzeit ins Gebäude hinein und hat dann genau wie Clive Owen circa gute zehn Minuten Zeit, ihr Ding durchzuziehen. Als Kind ist sie ja immer aus dem Fenster geklettert, hat ihren Bruder drinnen im Stich gelassen und hat gewartet, bis ihre Eltern zum Streiten aufgehört haben. Nun ist sie wieder außerhalb eines Gebäudes, ihr Bruder ist drinnen und nun will sie aber hinein zu ihm.
Dieser Metapher gibt ihr zusätzlich etwas menschliches und dass sie ihr Leben und die Beziehung zu ihrem Bruder wieder auf die Reihe bekommt, dass gönnt man ihr noch mehr, als dass sie die Terroristen aufhält, denn das macht sie ja sowieso. Was dann wiederum fast schon schade ist, denn Taz Skylar (One Piece) als Noah ist so herrlich anarchisch unberechenbar, dass er mich stellenweise an Heath Ledgers Joker erinnert hat, auch weil sein Überleben, eben nicht sein oberstes Ziel ist.
Ridley und Skylar machen das schon und Campbell zieht die Sache gekonnt durch. Wer dem Trailer glaubt und die oben bereits genannten Vergleiche zieht, der kann den Film fast nur schlimm finden. Ich sage auch nicht, dass er gut oder innovativ ist, aber der unterhält schon und ist in allen Belangen über dem Durchschnitt viel schlechterer, fürs Heimkino konzipierten Genre-Produktionen. Übrigens haben Ridley und Campbell mit „Dedication“ noch einen gemeinsamen Film in der Pipeline, dessen Synopsis fast wie die dieses Filmes klingt, wie das ankommen wird, bleibt spannend.
P.S.: Nein, ich weiß auch nicht, warum ich einen Sniper ein paar mal in eine Scheibe schießen lasse, nur um dann so lange dagegen klopfen zu müssen, dass ich fast entdeckt werde. Sollte man da Joey fragen, warum sie dem Sniper nicht gebeten hat, noch ein, zwei mal zu schießen oder doch lieber den Drehbuchautor? Hmm, egal, die so erzeugte Pseudo-Spannung, ist mir auf jeden Fall negativ im Gedächtnis geblieben.
„Cleaner“ bekommt von mir 5/10 außen und innen das Gebäude von sämtlichen Abschaum säubernde Empfehlungspunkte.