The Gorge (Filmkritik)

Levi (Miles Teller) war früher U.S. Marine und ist einer der besten Scharfschützen der Welt, was sein Leben sehr einsam macht. Ebenso fehlt ihm der Antrieb, wenn er gerade als Söldner keinen Auftrag hat. Da kommt ihm ein neuer Angebot gerade recht, wobei er sich hierfür zu einem unbekannten Ort begeben soll und dort ein ganzes Jahr in ziemlicher Isolation verbringen muss.

Hier wird er eine Schlucht namens Gorge bewachen, aus der „Nichts“ heraus flüchten darf. Was das genau ist, wird er schon bald genug erfahren. Zuvor sucht jedoch die Bewacherin auf der anderen Seite der Schlucht Kontakt zu ihm, eine Dame namens Drasa (Anya Taylor-Joy), obwohl jegliche Kommunikation zwischen den stationierten Soldaten, strengstens verboten ist…

Regisseur Scott Derrickson kann Horror (Sinister, The Black Phone) und er kann auch Fantasy-Blockbuster (Dr. Strange) inszenieren. Mit The Gorge, der seit 14.03.25 auf dem Streaming Dienst AppleTV+ läuft, hat er nun beide Genres vereint und ihnen auch gleich noch einen romantischen Rahmen verpasst. Klingt schräg und tonal höchstwahrscheinlich unstimmig? Möglich, aber nicht wenn man Derrickson hinter und Anya Taylor-Joy und Miles Teller vor der Kamera als „Waffen“ hat.

In Summe wirkt das Ganze auf mich wie ein Märchen und genau so fühlt es sich eben auch an. Wie es bei einem Märchen eben ist, gibt es infantile Momente, magische Anziehung zwischen Personen, doch auch düstere Abgründe und gruselige Wesen tummeln sich in einer solchen Geschichte. Der Aufbau, wo die beiden Hauptfiguren als die Außenseiter und Einzelkämpfer etabliert werden, die sie nun mal jobbedingt sind, nimmt sich ausreichend Zeit und setzt voll auf die offensichtliche Chemie zwischen den Darstellern.

Wie sie sich gegenseitig auftauen, wie sie ihre Barrieren hinter sich lassen, das Alles ist unglaublich natürlich, streckenweise fast kindlich (wohl wegen der jahrelangen Vernachlässigung dieses Teiles des Lebens) schön, nie langweilig und wichtig für den zweiten Teil des Filmes. Der dann bessere Effekte hat als so manche Comicverfilmung der letzten Jahre (was zugegeben keine echte Kunst ist) und setzt voll auf die Verbindung der beiden, die zuvor etabliert wurde.

Dabei finde ich dieses Tag-Team Gefühl besonders stimmig, einfach wie sich die zwei unterstützen, ergänzen und retten. Wobei ich hier die Kampf-Ebene meine, nicht die Gefühle zueinander. Was dahintersteckt, also hinter The Gorge, ist typisch und kein Spoiler für mich (Vertuschung, geheime Organisation usw.) und deshalb wohl von der Glaubwürdigkeit, nahe and er Realität (was da alles im Hintergrund läuft auf unserer Welt, will ich gar nicht so genau wissen).

Natürlich passt dies Sache hier auch vor allem deswegen, weil es die Hauptdarsteller drauf haben. Anya Taylor-Joy (The Menu) vereint als Drasa diese innere Düsterheit mit ausgelassener Lebensfreude, wobei sie blitzschnell fokussiert und sich auf den eintrainierten Überlebensmodus umstellen kann. Dass sie dich aus der Reserve locken kann und du auf einmal an einem anderen Menschen interessiert wirst, obwohl du dieses Kapitel für dich abgeschlossen hast, ist eindeutig nachvollziehbar.

Wie Miles Teller (War Dogs) als Levi dann aus seiner Verlorenheit heraus auftaut, passt exakt zum oben genannten Märchen-Feeling. Sich gemeinsam aus der Einsamkeit führen, ist für mich eine feine Sache. In einer Nebenrolle ist dann auch noch Sigourney Weaver (A Monster Calls) mit dabei, als geheimnisvolle Auftraggeberin, aber in ihrem Fall muss man als Fan nur lächeln, einfach weil sie dabei ist, sie hat nämlich kaum etwas zu tun.

Die Konkurrenz hat viel Fast Food, schon klar, für mich ist dies aber einer der stimmigsten Streaming-Filme der letzten Zeit, ohne dabei nach Höherem zur greifen. Wenn man Derricksons übrige Filme als Romane bezeichnen würde, dann wäre dies hier eine Kurzgeschichte. Die Zuschauer haben den Film dennoch oder deswegen zum bisher erfolgreichsten Film des Streamers gemacht. Das Herz ist am rechten Fleck und eine Botschaft, dass man jede Schlucht zwischen sich überwinden kann, auch wenn diese die Hölle symbolisiert, kann man gar nicht genug verbreiten. A full Teller of Joy sozusagen, wenn ihr versteht, was ich meine.

„The Gorge“ bekommt von mir 8/10 sich gegenseitig heilende Empfehlungspunkte.


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