The Cursed aka Eight For Silver (Filmkritik)

Es ist eine Geschichte, die sich leider oftmals zugetragen hat: In diesem Fall sind es Zigeuner, die rund um 1880 herum ein Stück Land besiedeln, auf welches sie eigentlich sogar rechtlich Anspruch haben. Die Behörden vor Ort, allen voran Seamus Laurent (Alistair Petrie), beschließen, dass dies nicht sein kann, denn sie brauchen das Land. Also werden Söldner angeheuert, welche die Leute nicht nur vertreiben sollen, sondern sie sollen dafür sorgen, dass sie nie wieder ein Problem darstellen werden.

Und genau das passiert auch.

Kurz darauf beginnen die Kinder im Ort, so auch Charlotte Laurent (Amelia Crouch) und Edward Laurent (Max Mackintosh), von einem Feld zu träumen. Dort steht eine Vogelscheuche und irgendetwas bringt sie dazu, unter dieser Vogelscheuche zu graben. Und dort finden sie im Traum ein silbernes Wolfsgebiss.

Währenddessen kommt John McBride (Boyd Holbrook) ins Dorf, ein Pathologe, der eigentlich nach Ursachen für einen Ausbruch der Cholera sucht, und wird just angeheuert, um zu helfen die Sache aufzuklären. Bald stellt sich heraus, dass McBride vielleicht doch nicht so zufällig im Dorf gelandet ist, wie man denken würde.

Als dann noch Edward mit einer Bisswunde nach Hause gebracht wird und ein anderer Junge aus dem Dorf tot und scheinbar von einem Wolf zerfleischt aufgefunden wird, da keimt langsam der Verdacht auf, dass hier etwas faul ist …

Es ist eine ziemliche Leistung bei einem Film wie diesem für das Drehbuch, die Regie und die Kamerarbeit zuständig zu sein, dass muss ich gleich mal loswerden. Sean Ellis allerdings, der diese drei Posten hier übernommen hat, hat in allen drei Bereichen wirklich gute Arbeit geleistet. Am Einfachsten zu beschreiben ist sicherlich die Optik, denn die ist super geworden. Nebel. Düsternis. Fackeln in der Nacht. Den ganzen Film über fühlt man sich unwohl, weil man nicht genau weiß, was als nächstes passiert. Allein die Optik reicht schon, dass man ein Gefühl dafür bekommt, dass hier gleich etwas passieren wird.

Sicher, der Anfang des Films trägt viel dazu bei, dieses ungute Gefühl aufrecht zu erhalten und auch erst recht heraufzubeschwören. Tatsache ist, nach den Szenen mit den Zigeuner:innen bzw. was mit ihnen passiert, traut man dem Film alles zu. Dazu eine Szene, die von einem Hügelkamm auf das Lager der Zigeuner hinuntergefilmt wird und man sieht in der Totalen, was sich da unten bis zum bitteren Ende abspielt. Harter Tobak. Und dann sieht man zwei Schicksale einzeln und diese beiden sind wirklich hart an der Grenze, den die nebensächliche Brutalität mit der hier vorgegangen wird (ihr werdet öfter an diese Szene denken, wenn ihr wo eine Vogelscheuche seht), ist mindestens so erschreckend die die Bilder brutal sind. Nämlich sehr.

Alles was danach kommt, ist dann nicht mehr so dramatisch brutal, aber immer noch nicht ohne. Vor allem, da es hier auch um Kinder geht (nicht um Babys), die doch einen hohen Preis für die Taten ihrer Eltern bezahlen müssen. Oder ganz konkret: Für die Entscheidungen ihrer Väter. Das wird so oder so ähnlich sogar mal im Film gesagt und auch wenn es aufs Auge gedrückt ist, so ist ja dennoch wahr. Selbst als Metapher ist es wahr.

Man könnte also sagen, dass die alte Geschichte von der Rache der Zigeuner:innen durch einen Fluch hier halt wieder einmal erzählt wird. Und das stimmt zum Teil sogar. Der Mythos „Werwolf“ (wenn man das Biest hier so nennen mag) ist jedoch weit genug verändert, dass er zu etwas eigenem wird. Sicher, es macht in letzter Konsequenz keinen Unterschied welches Monster da herumläuft. Monster ist Monster. Und so richtig cool sieht es nicht aus. Aber was es repräsentiert ist dann schon eine eigene Ebene. Denn tatsächlich ist es ja nicht „ein“ Monster, sondern jede Person, die den Angriff überlebt wird selbst zu einem. Und da gibt es dann eine Szene, in welcher man durchaus sagen kann, dass die Person, die zum Monster wurde, noch immer irgendwie da drin steckt. Wortwörtlich quasi.

Was mir an dem Film wirklich gefallen hat, war, dass die Dialoge zum großen Teil klischeebefreit sind. Also nicht inhaltlich, sondern in der Art wie sie gesagt werden. Vor allem Boyd Holbrook fand ich erfrischend, denn man erahnt sehr schnell, dass er mehr über die Sache weiß als er offen zugibt und man fragt sich, warum. Bis man irgendwann merkt: Hey, der hatte schon mal mit solchen Typen (Behörden, Menschen) zu tun und er weiß genau: Wenn er jetzt Werwolf sagt, dann jagen sie ihn mit Stecken und Mistgabeln aus dem Dorf. Tatsächlich legt er die Karten erst offen auf den Tisch als er Fakten vorlegen kann. Fand ich neu, erfrischend und schon ziemlich cool.

Dann gibt es noch die Ebene der Unterdrückung. Vor allem Kelly Reilly als Isabelle Laurent sticht da für mich heraus. Lange Zeit hatte ich sie als typische Nebenfigur im Kopf, der ich wenig Beachtung geschenkt hatte, bis ich dann bemerkte, dass sie sich Minute für Minute immer mehr in den Mittelpunkt gespielt hat und vor allem ihre Wandlung von stillschweigendem Mauerblümchen, hin zu einer Frau, die sich hinstellt und sagt was Sache ist, hat mir sehr gut gefallen. Auch das Finale, in dem sie eine zentrale Rolle spielt und folgenschwere Entscheidungen trifft hat mich berührt.

Aber auch die Szene als eine Magd im Haus von einem „Werwolf“ gebissen wird und sich nicht krank Zuhause bleiben traut, sondern ihre (schlimmen) Wunden so gut es geht zubindet – nicht damit sie wieder gesund wird, sondern damit niemand merkt, dass sie verletzt ist, da sie sonst ihrem Job verlieren könnte – hat für mich ziemlich ins Schwarze getroffen.

Die Action war gut gemacht, auch wenn ich mit ein bisschen weniger Wackelkamera und Bildverzerrungen gut hätte leben können, aber als Stilmittel und zum Hinwegtäuschen über das verhältnismäßig geringe Budget, war das schon in Ordnung zumal die Stimmung/die Atmosphäre einfach zum Schneiden dick waren. Die Flucht aus einem brennenden Haus, die Fackel im Nebel/in der Dunkelheit, verfolgt von einem Biest… das war schon alles sehr spannend. Und die von „Sicario“ inspirierte Musik fand ich auch unheimlich und unheimlich passend in einem.

Ja, es gibt ein paar kleinere Mängel im Film, allen voran die Brutalität am Anfang, die vielleicht manche abschrecken könnte, aber die ist notwendig, damit man versteht, wer hier die Bestien sind und tatsächlich notwendig ist, um bei einer Szene später im Film dafür zu sorgen, dass man John McBride zustimmen muss („Ich dachte, ich würde die Bestien jagen. Aber da lag ich falsch. Tatsächlich bin ich ein Instrument, welches die Symptome beseitigt, die Menschen wie Sie verursachen.“ – sinngemäß. Ich habe ihn auf Englisch gesehen). Und ja, warum die Tochter das, was passiert ist bzw. sie gesehen hat, so lange geheim hält. Das ist wie in jedem anderen Film: Mädel – wenn du das alles früher gesagt hättest! Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Genauso wie die Effekte in Summe erstaunlich gut, blutig und überzeugend sind. Ja, es gibt CGI darunter und auch wenn ich gelesen habe, dass dieses eher billig wirkt: Mir selbst ist nichts dergleichen aufgefallen. Tatsächlich habe ich mich mehrmals gefragt, wieso der Film wirklich so stylish und cool aussehen kann. Also: Respekt. Absolut.

Für Komplettisten: Es gibt noch einen Storyrahmen um den Film herum, der im ersten Weltkrieg 1917 spielt und der am Ende aufgelöst (wenn in seiner Implikation auch mehr angedeutet als gezeigt wird …) wird. War unnötig, aber irgendwie auch passend. Wenn ich es richtig interpretiert habe, sogar sehr passend.

„Eight For Silver“ oder „The Cursed“ bekommt von mir 9 von 10 möglichen, endlich wieder einen richten, nicht selbstreferentiellen Horrorfilm mit Monstern gesehen habende, Punkte.


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