Lou (Filmkritik)

Hannah (Jurnee Smollett) lebt mit ihrer Tochter Vee (Ridley Asha Bateman) an einem abgeschiedenen Örtchen. Ständigen Kontakt hat sie eigentlich nur mit einer etwas grantigen und eigentümlichen älteren Lady namens Lou (Allison Janney), die ihr das Haus und den Grund vermietet, auf dem sie leben. In einer stürmischen Nacht platzt Hannah plötzlich in Lou´s Wohnung und will verzweifelt die Polizei rufen.

Der totgeglaubte Ehemann von Hannah ist nämlich wieder aufgetaucht und er hat Vee entführt. Philip (Logan Marshall-Green) ist Soldat, mental unstabil, perfekt ausgebildet, extrem brutal und er spielt ein perfides Spiel. Hannah nimmt mit Hilfe von Lou seine Fährte auf und auch sie hat so einige Tricks auf Lager, war sie doch früher selbst Teil einer elitären Gruppe, die eine sehr spezielle Ausbildung bekommen haben…

Regisseurin Anna Foerster drehte im Jahr 2016 mit Underworld 5 ihren ersten Spielfilm, davor und danach hat sie sich ausschließlich auf das Inszenieren diverser Serien konzentriert. Ihr zweiter Film ist nun seit Ende September 2022 auf Netflix zu sehen und es handelt sich dabei zwar nicht um einen sonderlich innovativen Film, dafür einen mit guter alter Frauenpower (nicht mit verkorkstem Woke-Zeug).

Damit alles nach ihrem Plan läuft, fungieren die beiden Hauptdarstellerinnen Allison Janney (I, Tonya) und Jurnee Smollett (Birds of Prey) auch gleich als Produzentinnen. Die zwei Damen bzw. ihr Spiel gehört dann auch zu den Highlights in diesem sonst (bis auf einen Twist) sehr geradlinigen Krimi, der die Sache zwischendurch mit etwas Action und Drama aufmischt. Vor allem Janney als titelspendende Lou ist wieder mal großartig.

Kennt ihr das, wenn man offensichtlich auf Ablehnung stößt und das die Person dann um so interessanter macht? Diese Abgebrühtheit, gepaart mit lakonischen Sprüchen und der Erkenntnis, dass schöne Dinge in ihrem Leben keinen Platz haben, machen sie einfach zu einer faszinierenden Person. Besonders zum Finale hin darf sie dann auch eine emotionalere Seite zeigen, natürlich immer innerhalb der Parameter ihrer Selbstkontrolle, die sie scheinbar niemals verliert.

Smollett macht den Übergang von überfordert zur Kämpferin sehr glaubwürdig und Logan Marshall-Green (Upgrade) als Gegenspieler Philip, ist für mich sowieso ein chronisch unterschätzter Schauspieler und hier punktet er vor allem mit seiner unangenehmen Ausstrahlung, dieses Gefühl, dass man eine tickende Zeitbombe vor sich hat. Ein weiterer Darsteller ist wieder mal die Kulisse und dabei wirken die endlos erscheinenden Wälder zunächst wie ein unüberwindbares Hindernis. Hier kann man sich verlieren und gefühlt nie mehr heraus finden.

Was die Action betrifft, nun die ist rar gesät, es gibt im Prinzip nur drei große Momente, doch zumindest zwei haben mir gut gefallen, weil sie etwas eigenes an sich hatten. Der eine betrifft Lou und zwei Soldaten und dabei ist sie einfach trotz ihres Alters extrem effektiv, setzt Hilfsmittel eiskalt ein und gleicht so mangelnde Beweglichkeit aus. Gegen Ende gibt es dann eine Szene, wo die Kamera teilweise über das Geschehen fliegt und mit dem Ton gespielt wird, das versprüht dann den Charakter einer Trance.

Die meiste Zeit über sind die beiden Damen hier mit der Verfolgung beschäftigt, sie lernen sich dabei besser kennen und färben durchaus auch aufeinander ab. Psychologisch sind die zwei Ladys und der Entführer gewisser Weise im Ausnahmezustand, man kann die diversen Traumata hinter ihren Beweggründen durchaus erkennen und spüren, diese Ebene bleibt jedoch immer an der Oberfläche. Also es erzeugt schon eine gewisse Charaktertiefe, doch mehr als „es tut mir leid“ wird zur Aufarbeitung nicht geboten.

Das ist schon spannend, ist von der Landschaft und Atmosphäre einnehmend und alle Darsteller sämtlicher Geschlechter, sind mit vollem Einsatz bei der Sache. Wieder mal ein Film der Marke „für Zwischendurch geeignet“, ohne Highlights bzw. Szenen, die man gerne immer wieder anschaut bzw. erlebt. Übrigens auch wenn es eigentlich auf den ersten Blick unpassend wirkt habe ich am Ende fast geglaubt zu spüren, dass sie aus Lou, eine Figur für ein Franchise machen wollten. Aber gut, das ist Netflix, da ist das sowieso immer ein Ziel.

„Lou“ bekommt von mir 6/10 Erfahrung und Zähheit als die stärksten Attribute etablierende Empfehlungspunkte.


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