Adams Äpfel (Filmkritik)

Adam (Ulrich Thomsen) ist Neonazi. Zur Rehabilitation wird er zwangsverpflichtet sich quasi am Ende der Welt bei Pastor Ivan (Mad Mikkelsen) zu melden, denn in dessen Obhut befinden sich bereits ein paar Menschen (Alkoholiker, Terroristen und andere), die er durch Liebe und Aufrichtigkeit wieder auf den richtigen Weg zurückbringen will.

Das passt Adam natürlich überhaupt nicht und die seltsamen und völlig irren Menschen, die da mit ihm den Pfarrhof bewohnen, teilen ihm mit, dass Pastor Ivan ein Problem hat: Er sieht das Böse nicht. Es geht nicht. Er kann einfach nicht. Irgendwas in ihm lässt ihn alles positiv betrachten und das nimmt hin und wieder wirklich, wirklich schräge Ausmaße an.

Ivans Auftrag an Adam lautet mit den Äpfeln des Apfelbaums vorm Haus einen Apfelkuchen zu backen. Eine Mission, die – man glaubt es kaum – tatsächlich Adams Leben von Grund auf verändern wird. Und auch das aller anderen Anwesenden, denn Adam schreckt auch weiterhin nicht vor Gewalt zurück …

Anders Thomas Jensen. Ein Name, der allen, die ein wenig was für schwarzen Humor übrig haben, in güldenen Lettern auf Ehrenplätzen in ihrem Herzen oder ihrer Wohnung stehen haben sollten. Der Mann hinter Drehbüchern für Filme wie „Flickering Lights“ oder „In China Essen Sie Hunde“ oder „Old Men In New Cars“ verantwortlich zeichnet hat ein Händchen dafür. Aktuell arbeitet er am Drehbuch zur Serienverfilmung „Der Dunkle Turm“ von Stephen King. Find ich gut. Leider hatte er auch am Drehbuch zum Film „Der Dunkle Turm“ mitgewirkt. Da waren aber noch andere Drehbuchautoren am Werk und im stillen Kämmerlein meines Herzens frage ich mich, was das für ein großartiger/schräger Film hätte werden können, wenn er das Drehbuch mit absolut künstlerischer Freiheit hätte allein schreiben dürfen … aber das ist eine andere Geschichte.

Bei „Adams Äpfel“ lebt alles von der wahnwitzigen Kombinationen aus Charakteren und ich kann nicht im Ansatz mit Worten wiedergeben, wie irre und abartig und schräg dieser Film ist. In einem absolut positiv gemeinten Wortsinn. Der Film wagt sich über die Grenzen des guten Geschmacks weit hinaus und schafft es trotzdem eine Form von menschlicher Wärme zu verbreiten … das hätte ich nicht für möglich gehalten.

Mehr als einmal saß ich vor dem Bildschirm/der Leinwand und konnte nicht fassen, was ich da gerade gesehen haben. Die Dialoge? Großartig. Die Szenen? Irre und abartig. Die Charaktere? Krank, teilweise pervers und trotzdem irgendwie immer menschlich. Die Zusammentreffen der einzelnen Figuren? Unglaublich.

Schwarzer Humor wird ja oftmals als menschenverachtend hingestellt oder als zynisch oder sogar als pervers und menschenfeindlich. Hier passieren Dinge, die ich anderen Filmen nie verzeihen würde, aber irgendwie … passt alles perfekt zusammen. Gerade die Figur des Ivan, der tatsächlich ein dermaßen krankhafter Optimist ist, dass man eine zeitlang mit dem Nazi Adam mitfühlen kann und sich fragt, wie der das verdient hat (eine Frage, die seltsam klingt, denn immerhin sprechen wir hier von einem Nazi …), was da um ihn herum passiert.

Und die anderen Figuren? Da gibt es Szenen, nach denen denkt man, man könnte die nie wieder als Mensch sehen bzw. ist man unglaublich von ihnen abgestoßen, nur um am Ende zu bemerken: Verdammt, ich mag den/die.

Kurz nach Ende des Films bin ich da gesessen und habe mir selbst die Frage gestellt: Bin ich jetzt krank, wenn ich die Typen und Damen trotzdem(!) alle irgendwie mag? Ich weiß es bis heute nicht, ich weiß nur, dass „Adams Äpfel“ ein Film ist, der es irgendwie schafft die Grenzen zu überschreiten und sie trotzdem einzuhalten und so zu drehen, dass es am Ende stimmig ist. Ich kann es nicht wirklich beschreiben, ich kann nur sagen: Ansehen. Sofort.

Ich sag nur „Der ist doch aktiv wie ein Sack Flöhe.“ Ich bin fast umgekippt vor Lachen, nur um im nächsten Moment ein schlechtes Gewissen zu bekommen, bis ich dann wieder fast umgekippt bin vor Lachen. Ja, der Film treibt euch durch die Emotionen. Und ist trotzdem einer der witzigsten Filme mit dem Herz am richtigen Fleck, die ich kenne.

Wie steht so schön unter dem Titel: „Ein Film für Gutmenschen und Unverbesserliche“. Was könnte besser in unsere Zeit passen (und der Film wurde 2005 gedreht!).

„Adams Äpfel“ bekommt 9 von 10 möglichen, haarschatf an der Grenze zum guten Geschmack balancierende und hin und wieder in beide Richtungen ausscherende, Punkte.


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