Javier und sein Bruder lieben sich, aber sie haben es auch schwer. Javier war Baseballstar, hat aber seinen Job verloren, weil er „Spieler“ war, was sein Bruder ihm immer noch vorhält. Dazu ist sein Bruder ehemaliger Soldat und hat (auch als Ergebnis des Krieges) einen halbwegs jähzornigen Charakter. Trotzdem ist er verheiratet und hat zwei Kinder. Als die Zombieplage ausbricht ist gerade der Vater der beiden verstorben und … bleibt nicht lange tot.
Jahre später sind Javier, seine Schwägerin und die beiden Kinder (also Nichte und Neffe von Javier) unterwegs und sie schlagen sich durch. Javiers Bruder hat sich vor Monaten aufgemacht um Hilfe zu holen und ist nie zurück gekommen. Als die vier sich eine Pause vor der Flucht vor einer Horde „Walker“ gönnen, geht alles den Bach runter. Und kurz drauf trifft Javier auf eine junge, ziemlich hartgesottene Dame namens Clementine.
Der Beginn einer neuen und sehr seltsamen „Freundschaft“, geprägt von Misstrauen, Verrat und Geheimnissen.
„The Walking Dead“ hat für Telltale eine große Bedeutung, denn die Geschichte von Lee und Clementine hat alle danach folgenden Spiele der Firma nachhaltig beeinflusst. Vor allem was die Reduzierung der „Spiel“-Elemente der Spiele betrifft. Darüber haben wir eh schon (und andere) genug diskutiert. Also Punkt.
Für „A Final Frontier“ stellt sich natürlich sofort die Frage: Geht es um Clementine? Kurzversion: Ja. Sie spielt eine zentrale Rolle, aber man spielt sie nur ganz, ganz selten. Vielmehr beeinflusst sie vermutlich eure Entscheidungen maßgeblich, denn – sind wir uns ehrlich – den meisten von uns geht es um Clementine und ihr Schicksal.
EPISODE 1: Ties That Bind Part One
Die erste Episode bringt uns den neuen Charakter Javier näher. Der Einstieg ist eine Rückblende und zeigt gleich sehr deutlich wie die Beziehung zwischen den beiden Brüdern funktioniert. Kurz danach springt die Handlung ein paar Jahre nach vor und es dauert nicht lange, bis die Geschichte mitreißt und Javier und uns in die altbekannten „Es gibt keine gute Entscheidung“-Situationen bringt.
Die Story beginnt gemächlich, nimmt aber sehr rasch an Fahrt auf. Auffällig ist, wie gut die Charaktere ausgearbeitet sind und auch wenn ein paar Klischees bedient werden, so fühlt es sich trotzdem gut an und vor allem – vertraut.
Die neue Engine funktioniert hier sehr gut. Auch der Anschluss an die vorige Staffel geht als gelungen durch, auch wenn es ein paar Tricks gibt, die erklären, warum Clementine nun ist wo sie ist und ich schätze mal, dass manchen die Ereignisse zwischen den Staffeln rund um Clementine nicht schmecken werden.
Fazit: Guter Auftakt, der die Charaktere super einführt und bei dem man sich gleich wieder heimisch fühlt.
EPISODE 2: Ties That Bind Part Two
Diese Episode schließt relativ nahtlos an die erste Folge an. Die beiden wurden auch gleichzeitig veröffentlicht. Die Spannung steigt und steigt und ich muss ehrlich sagen, dass sich alles rund und gut anfühlt.
Ich war überrascht wie viele neue Charaktere gleich in den ersten beiden Folgen eingeführt werden und die meisten davon mochte ich tatsächlich wirklich gern. Da sich die meisten euch gegenüber sehr offen verhalten und die Bedrohung „von außen“ kommt, ist es auch nicht schwer sich mit ihnen allen anzufreunden. Klar – alles geht schief, immerhin reden wir von „The Walking Dead“, aber bis zu diesem Punkt ist es wirklich … fast idyllisch.
Der harte Punkt kommt gegen Ende dieser Episode. Wenn man sich sicher fühlt und alles okay ist – dann kommt der große Knall. Ich bin soweit ich mich erinnern kann schon ewig nicht mehr dermaßen sprachlos vor dem Monitor gesessen wie hier. Keine Spoiler, aber – Holy C**p!
Fazit: Die zweite Folge zieht drastisch an und fühlt sich schon fast wie ein Finale an. Ihr werdet am Ende wirklich sprachlos sein. Also … kurz vor dem Ende. Am Ende … nun, das sieht man von weitem kommen.
EPISODE 3: Above The Law
Die neuen Figuren (ja, da kommen schon wieder Neue) sind gut ausgearbeitet, wenn auch – wie immer – klischeebeladen. Was hier bereits positiv auffällt, vor allem im direkten Vergleich zur vorigen Staffel, sind die Nebencharaktere. Diese sind präsent, sie haben was zu sagen, sie sind runde Personen und – das Wichtigste: Sie begleiten euch eine Weile. Sie sterben nicht wie die Fliegen.
Das wiederum führt dazu, dass man sich stärker an sie binden traut, da sie nicht immerzu Gefahr laufen mir nichts, dir nichts aus der Geschichte geschrieben zu werden. Da sind die klassischen „XY will remember that“-Zeilen gleich viel bedeutungsvoller – da sie ja jetzt auch wirklich mehr Bedeutung haben.
Clementine ist zentral für die Handlung, auch wenn sie ihre Hintergrundgeschichte immer nur in kurzen Rückblenden erzählt und nur Stück für Stück preisgibt. Das hat dramaturgisch durchaus Sinn. Auch, dass die Einstiege in die Folgen immer mit Rückblenden beginnen, die Licht auf die Familie von Javier werfen, ist gut gelungen und passt zum jeweiligen Thema der Folge.
Fazit: Diese Folge lässt ein wenig nach, aber es ist auch schwer bis unmöglich, nach Folge 2 noch einen drauf zu setzen.
EPISODE 4: Thicker Than Water
Wie der Titel der Episode bereits verrät geht es um Familie, denn Blut ist ja bekanntlich dicker als Wasser. Mittlerweile ist klar, dass sich die Handlung auf einen einzigen, dafür größeren Ort reduziert und das macht sich in meinen Augen absolut positiv bemerkbar, da man nicht damit beschäftigt ist, sich zu orientieren, sondern mit den Figuren mitzufiebern. Verrat, Betrug und der Schein einer heilen Welt – alles Themen, die schon oft da waren und nicht neu sind, aber hier dennoch gut passen und gut inszeniert sind.
Die Figuren – ich kann es gar nicht oft genug sagen – nach Staffel 2 waren mir eigentlich alle gleichgültig, außer Clementine. Nach Folge 4 kann ich sagen: Javier und die Leute rund um ihn sind wirklich, wirklich glaubwürdig und mir als Spieler nicht egal.
Klar, wenn jemand Clementine blöd kommt, dann ist es vorbei, aber sonst: die Beziehungen untereinander, der Umgang der Familie miteinander und der Weg zum Finale sind wirklich spannend zu verfolgen.
Fazit: Steuert klar auf das Finale zu, aber die Dramen um Verrat und Vertrauen spielen sich zwischen den mittlerweile seit vier Episoden bekannten Figuren ab und gehen streckenweise doch unter die Haut.
EPISODE 5: From The Gallows
Der Name ist Programm. Alles gerät außer Kontrolle und Kugeln beginnen zu fliegen. In Richtung Walkers aber auch in Richtung Menschen. Spannend, dass Figuren aus den ersten Folgen (zum Glück) wieder auftauchen und viele der Entscheidungen aus den ersten Folgen zeigen Auswirkungen. Sicher, wie üblich ist das Ende mehr oder weniger vorgegeben, aber wer aller das Ende erreicht hängt dieses Mal tatsächlich mehr von euch ab. Und damit meine ich nicht eine „Lasse ich A oder B“ überleben-Situation wie im vorigen Finale, sondern ob und wie Leute davon- oder umkommen zieht sich teilweise entscheidungsmäßig über mehrere Folgen. „Entscheidungsbäume“, sozusagen.
Finde ich super, darf gern öfter vorkommen.
Ich weiß nicht, wie viele Enden es gibt, aber im Gespräch mit Freunden, welche das Spiel auch spielten war ich überrascht, wie viele Leute vom Hauptcast (sogar Javier selbst) im Verlauf des Spiels bzw. gerade im Finale das Leben lassen können.
Hier zeigt sich auch, ob ihr euch die Loyalitäten eurer Leute verdient habt, oder ob ihr es vergeigt habt (oder sie bewusst vertrieben). Die letzte Folge dreht nochmals auf, auch wenn der emotionale Hammerschlag von Folge 2 noch immer am meisten nachhallt. Trotzdem hatte ich Tränen in den Augen.
Fazit: Ein gelungenes, rundes Finale. Die vierte (und letzte) Staffel kann kommen.
GESAMTE STAFFEL:
Ich dachte eigentlich, dass „The Walking Dead“ ein wenig den Faden verloren hat. Der Einsatz einer neuen Hauptfigur erschien mir logisch – was sollte mit Clementine noch kommen? – aber erfreut per se war ich nicht.
Dennoch haben es Telltale geschafft mir die neuen Figuren nahe zu bringen. Ihre Geschichten interessieren mich, ihre Themen bewegen mich und Javier ist ein guter Kerl. Der Fokus auf einen Schauplatz (dauert ein wenig bis ihr hinkommt, aber dann bleibt ihr quasi dort) hat der Serie gut getan und Clementine als Anker und/oder roten Faden braucht man ohnehin.
Fazit: Super Staffel, die wirklich spannend ist, Spaß macht und erwartet harte Entscheidungen und Ereignisse bietet. Trotzdem gut, wenn die Sache mit der vierten Auflage mal zum Ende kommt.
„The Walking Dead: A New Frontier“ bekommt von mir 8,5 von 10 möglichen, auch mit neuen Figuren und einer nur kurz spielbaren, aber für die Handlung zentralen Clementine, Punkte.
[amazon template=multinational&asin=B01IRARJZI,B01LWLE4ZE]