Assassin’s Creed IV: Black Flag (Game-Review)

Die Templer-Firma Abstergo hat einen neuen Plan – immerhin müssen ihre Forschungen über Precurser-DNA und Artefakte ja auch finanziert werden. Also gründen sie eine eigene Firma namens „Abstergo Entertainment“. Diese soll aus den Erinnerungen und den Erfahrungen, welche durch den „Animus“ gefunden werden, Videospiele machen, um damit Geld zu verdienen. Genau das passiert auch. Und um die Erinnerungen auf Tauglichkeit zu testen, wird die DNA von Subject 17 (Desmond Miles) genutzt, um erneut in seiner Vergangenheit zu wühlen.

Dieses Mal tritt Edward Kenway die Hauptrolle an. Der gute Mann war in seiner Heimat ein Säufer, trotzdem verheiratet, aber leider schwer jähzornig und unzufrieden. Deshalb verließ er seine Frau, um in der Karibik als Pirat sein Unwesen zu treiben und reich zu werden. Er will als strahlender Held zurückkehren.

Aber das Piratenleben ist anders und Edward dümpelt dahin. Zumindest bis er zufällig einen Assassinen ermordet, der ein wichtiges Artefakt zu Kontaktleuten bringen soll. Also stülpt sich Edward dessen Kleidung über und überbringt das Ding an Stelle des nun Toten, denn er sieht dies als die große Chance eine ganze Menge Geld für quasi null Aufwand zu ergattern. Leider betritt er damit Kriegsgebiet, denn auch in der Karibik treffen Assassinen und Templer aufeinander und Edward – nun, der steht in der Mitte, obwohl er eigentlich nur eines will: Geld, um sich zur Ruhe setzen zu können.

Lange habe ich herumgedrückt, bevor ich mir das „beste Assassin’s Creed“ (scheinbar die einhellige Meinung der Fan-Base) endlich näher angeschaut habe. Ich hatte absolut kein Interesse an der Karibik und/oder Piratenabenteuern. Lag vielleicht daran, dass ich zu dieser Zeit ohnehin gerade ein wenig Pause von den Assassinen (nach einer Enttäuschung namens „Assassin’s Creed III„) brauchte und die Ausrede mit der Thematik war absolut willkommen.

Aber nachdem ich nun eigentlich alle Spiele der Reihe durch habe (fast: Liberation fehlt noch) und gerade die letzte Inkarnation „Syndicate“ mein Interesse neu geweckt hat, dachte ich der Vollständigkeit halber kann und sollte man doch mal reinschauen. Und ich gestehe: Glücklicherweise dachte ich das.

Ich sag es gleich vorweg: Für mich ist und bleibt Assassin’s Creed trotz aller Neuerungen im Kern immer das folgende Prinzip: Eine Stadt, Klettern, Freerunning und Hidden Blade. Alle anderen Spielmechaniken rundherum sind primär Beiwerk. Die Charaktere und Geschichten mag ich alle sehr gern (die einen, wie Ezio oder Evie Frye, mehr, die anderen wie Connor zum Beispiel nicht ganz so sehr) und wirklich großartig finde ich die Verknüpfung zwischen „Gegenwart“ und „Vergangenheit“ durch den Animus. Auch wenn viele auf die Gegenwarts-Story pfeifen: Ich fand die immer schwer motivierend und da auch diese durch „Syndicate“ wieder einen Schub bekommen hat: Umso besser.

Was macht der vierte Teil der Reihe nun also spielmechanisch anders als die zahlreichen Vorgänger (immerhin gibt es ja nicht nur die ersten drei Teile, sondern auch „Brotherhood“ und „Revelations“ als auch „Liberation“ – so gesehen ist „Assassin’s Creed IV bereits der siebte Teil der Reihe)? An Land? Nicht viel. Lauschmissionen, Ziele ausschalten, Verfolgungsjagden über Dächer – alles wie gehabt.

Zu Wasser geht dieses Mal allerdings so richtig die Post ab, denn anders als Connor im Vorgänger, ist die Karibik ein großer, durchgehender Spielplatz, den man mit seinem Schiff, der Jackdaw, auch wirklich durchqueren kann. Und dieser Spielplatz hat es in sich: Forts erobern, Inseln erkunden, nach Schätzen tauchen, Wassertiere mit Harpune jagen, Animus-Fragmente sammlen, Shantys (Lieder) für die Crew finden (welche diese dann singt) und so ganz nebenbei noch die Jackdaw aufrüsten, um sich mit immer größeren Schiffen anzulegen und so richtig das Piraten-sein leben.

Da gibt es eine Menge zu tun und das Schöne daran: Es wirkt selten wie Arbeit, sondern macht primär wirklich gute Laune. Nicht selten wollte ich nur von A nach B segeln, als mir da ein großes Schiff mit genau der Ladung an Metall oder Holz entgegenkam, die ich brauchte um zum Beispiel den Rammbock der Jackdaw zu verstärken (der einzige Weg um an Rohstoffe zu kommen: Schiffe entern). Pech – eine Stunde später merke ich, dass ich noch immer nicht bei B bin, sondern ein Schiff nach dem anderen geentert habe. Ja. Das kann schon mal passieren. Weil es Spaß macht. Kein Wunder, das „Rogue“ das alles fast 1:1 kopiert hat.

Womit ich allerdings am allerwenigsten gerechnet hatte, ist, dass ausgerechnet ein Charakter, der mich grundsätzlich nicht interessiert hat – ein Pirat – einer meiner neuen Lieblinge im Assassin’s Creed-Universum wird, denn Edward Kenway. Nun, der ist nicht nur Pirat. Er hat auch eine Hintergrundgeschichte, eine Motivation und – coole Nebenfiguren.

Ob man nun Blackbeard trifft oder mit James Kidd herumhängt – die Charaktere sind gut geschrieben und machen Laune. Auch die Bösewichter begleiten einen eine Weile lang und tauchen nicht nur auf, wenn man sie abmurksen muss, was der Story sehr gut tut, da man – je länger man spielt – auch die Gegner mehr und mehr kennenlernt. Und es zu wiederholen: Edward ist ein cooler Charakter, der mit Animus/Precursern/Artefakten/Weltherrschaft nichts am Hut hat. Er ist halt in den Konflikt zwischen Templern und Assassinen reingerutscht und im Grunde interessiert ihn der auch nur, weil für ihn vielleicht was rausspringen könnte.

Die Gespräche mit den Assassinen, mit anderen Piraten und die – langsame – Haupthandlung fügen sich wunderbar zusammen und im Zuge einiger tragischer Ereignisse im Leben von Edward hatte ich schon schwer einen Kloß im Hals. Für mich überraschend war es dann dennoch, dass das Gesamtpaket von Spielmechanik über Charaktere bis hin zur überraschend langen und spannenden Haupthandlung sich so perfekt zusammenfügt. Keine Sekunde lang war mir langweilig.

„Assassin’s Creed IV: Black Flag“ bekommt von mir 9 von 10 möglichen, eines der besten Assassin’s Creed-Spiele seiende (obwohl man keinen Assassinen spielt), Punkte.

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