Never Sleep Again – The Elm Street Legacy (Filmkritik)

Der Mann mit dem Krallenhandschuh ist vermutlich die bekannteste Horror-Ikone. Sozusagen der Indiana Jones der Horrorfilme. Wirf seinen Schatten an die Wand und die Leute wissen sofort, wer das ist. Freddy Krueger. Der Traumdämon. Der Teufel, der dich in deinen Träumen besucht … und von Wes Craven erfunden wurde. Damals. Als noch niemand dachte, dass dieser Film Potential für Fortsetzungen hätte. Aber dieses Potential war offensichtlich da, denn es gab einige(!) Nachfolgefilme und sogar eine TV-Show. Jahre später sogar noch ein Crossover mit Jason aus „Freitag der 13.“.

Die Entstehungsgeschichten der Filme sind allesamt sehr interessant und dass Freddy (immerhin ein Kinderschänder!) derartigen Ruhm einfahren würde war damals noch niemanden klar. Und es war sogar ein wenig creepy …

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Und wer es ganz genau wissen will, der ist hier an der absolut richtigen Stelle, denn „Never Sleep Again“ ist die mit Abstand umfangsreichtste und informativste Dokumentation, die es wohl jemals zu diesen Filmen geben wird. Die Macher rund um den Autor Tohommy Hutson haben hier absolut großartige Arbeit geleistet. Hier kommen alle Menschen zu Wort, die auch nur irgendwie mit den Filmen zu tun hatten – angefangen beim Maskenbildner über die Effekt-Leute bis hin zu den Nebenrollen. (Fast) alle Mitwirkenden sind hier wieder dabei und geben Jahre später Einblicke in ihre Gedanken zu Freddy oder den gesamten Nightmare-Mythos zum Besten. Klar kommt auch die eine oder andere Anekdote ans Tageslicht, was natürlich immer super ist.

Das wirklich besondere an dieser Dokumentation ist die Kurzweiligkeit. Ich dachte mir eigentlich unlängst nur „Ich schaue mal rein“ und bin dann hängen geblieben. Als ich dann auf die Uhr gesehen habe musste ich kurz schlucken: 4 Stunden! Diese Doku dauert vier Stunden und ich habe es nicht einmal bemerkt. Ja, so gut ist sie.

Das beginnt bei der Entstehung der Figur von Freddy und den Effekten zu „Nightmare on Elm Street“ mit der immer wieder coolen Anekdote mit dem „rotierenden Zimmer“, geht über die Tatsache bei „Nightmare 2„, dass niemand der Beteiligten sich während der Dreharbeiten über den homoerotischen „Subtext“ im Klaren war (was der Drehbuchautor witzig fand, weil er klar sagt, dass dieses Thema von seiner Seite her beabsichtigt war … und er dann doch überrascht war, wie plakativ sein „Subtext“ umgesetzt wurde – eine der besten Szenen der Doku), über die Tatsache, dass Nancys Rückkehr in Teil 3 eine verdammt gute Idee ware und das ganze mehr einer Art Rollenspiel glich, über „Nightmare 4„, welches noch während der Dreharbeiten erst geschrieben wurde und dessen Regisseur Renny Harlin eigentlich nur genommen wurde, weil sich New Line dachte, der arme Mann muss wieder mal was Warmes essen und noch vieles mehr. Dass der Versuch „Nightmare 5“ noch viel dunkler zu machen leider dem Schnitt zum Opfer fiel, die vielen Cameos in Teil 6 leider nichts retten konnten, aber Alice Cooper erleichtert war als ihn endlich jemand gefragt hat, ob er nicht Freddys Vater sein wollte und wieso Wes Craven dann DOCH einen siebten Teil gemacht hat. Einfach ein rundum geglücktes Gesamtpaket.

Die TV-Show Freddys Nightmares wird ebenfalls beleuchtet und die Aussagen der Regisseure und Drehbuchautoren sagen viel über die Qualität der Serie aus und wie viel Spaß alle damit hatten, einfach weil sie wussten, dass diese Teile im TV sowieso geschnitten werden. Sogar das Crossover „Freddy vs Jason“ kommt vor und wird – wie ich finde – sehr gut diskutiert. Einfach fantastisch. Hier gibt es so viele tolle Einblicke in eine der renommiertesten und in meinen Augen besten Horrorserien aller Zeiten, da kann man vor Freude fast weinen.

Einzig das Remake „Nightmare On Elm Street“ wurde außen vor gelassen, aber ist okay, denn das haben auch völlig andere Leute gemacht und der Bruch war doch ein recht drastischer.

Traurig mitanzusehen ist Robert Shaye, dessen Filmstudio „New Line Cinema“ doch vielen ein Begriff sein sollte (immerhin haben die „Herr der Ringe“ gemacht) und dessen Fundament und Erfolg zu einem sehr, sehr großen Teil auf „Nightmare“ beruht, der von seiner eigenen Firma (dem Vorstand) mehr oder weniger rausgeworfen wurde. Am Ende der Doku sitzt ein Robert Shaye mit Tränen in den Augen da und dankt allen, die ihn unterstützt haben für all die Jahre der gemeinsamen Arbeit und wenn man an den Anfang der Doku zurückdenkt – Shaye ist mit dem Auto von Kino zu Kino gefahren, um dort seine Filme unterzubringen und die Vorführer zu Aufführungen zu überreden, dann kann man nicht anders als Mitleid mit diesem Mann zu verspüren.

„Never Sleep Again: The Nightmare Legacy“ bekommt 9,5 von 10 möglichen, eine Dokumentation nicht umfangreicher und dennoch kurzweiliger machen könnende, Punkte.


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