Soxxx_1 (Max Deacon) ist ein Gamer. Seine Spiele der Wahl: Ego-Shooter. Am besten online. Auf der weltweiten Rangliste ist er auch ziemlich weit vorne. Eines Tages klingelt sein Telefon: Er wird eingeladen zu einem besonderen Gaming-Event an dessen Ende ein wirklich großes Preisgeld winkt. Und er ist nicht der einzige. Auch andere Profi-Gamer sind eingeladen.
Die Ankunft ist ein wenig seltsam und kurz darauf werden sie alle in Anzüge gepackt und in die Virtual Reality geschickt. Das Ziel: Sich Stockwerk für Stockwerk nach unten zu kämpfen, bis im EG die Mission abgeschlossen ist. Natürlich ist es nicht ganz so einfach, denn wie sich rasch herausstellt, hat die Virtuelle Realtität ihre Tücken: Wer nämlich in ihr stirbt, stirbt auch im richtigen Leben …
Wer die Erwartungshaltung niedrig hält wird sicher positiv überrascht. Das ist eine Lebenseinstellung, die man im Laufe der Jahre lernt und die nicht nur auf Filme, CDs, Konzerte, Feste oder Spiele angewandt werden kann, sondern auch auf so gut wie sonst alles. Im Falle von „The Call Up“ gilt das erst recht.
Das Plus des Films ist die stylische Optik und die Idee der virtuellen Anzüge. Zu viel darüber nachdenken sollte man aber nicht, denn wenn die Jungs sich in einem in der Wirklichkeit leeren Raum in ihrer virtuellen Realität hinter eine Kiste werfen an der virtuelle Kugeln abprallen, dann ist das ja passend. Wenn sie sich aber auch dagegen lehnen oder darauf liegen, dann ist das doch ein bisschen zu viel des Guten – Virtual Reality mag ja virtuelle Geschosse aufhalten, aber auf eine virtuelle Kiste drauflegen – nein. Das geht einfach nicht und punktum, da spielt die Schwerkraft nicht mit.
Der größte Neugier-Faktor schafft im Film also auch die größten Probleme. Wobei es – wenn man die Story nimmt – tatsächlich diese virtuelle Ebene nicht einmal gebraucht hätte, denn die würde auch so funktionieren, aber – und darum ging es vermutlich – dann würden viele Szenen, die nur in Kombination mit den Regeln der VR funktionieren, nicht in den Film passen. Und ich gehe davon aus, dass der Film um diese coole Szenen herum gebaut wurde, also so gesehen …
Wenn man all die Logiklöcher allerdings beiseite und sich auf den Film einlässt, dann macht es doch ziemlich Spaß der Truppe dabei zuzusehen, wie sie lernt sich gegen die immer wieder respawnenden Gegner zur Wehr zu setzen und langsam sogar mal in Gruppentaktik vorzugehen. Natürlich – wen wundert es – gibt es jemand, der ob des Realitätsgefühls/-verlusts durchzudrehen beginnt (Vor dem Rechner sitzen und spielen oder in einer VR-Landschaft herumlaufen in der alles echt aussieht, das sind nun mal zwei gänzlich verschiedene Erfahrungen), jemand anderen, der nur ans Geld denkt und alle anderen dafür über die Klinge springen lässt. Natürlich schleppt auch unser Held Max ein Geheimnis mit sich herum, einen dunklen Fleck in seiner Vergangenheit dem er sich gegen Ende natürlich stellen muss.
Das Ende des Films hat mich wie ich gestehen muss überrascht. Schlichtweg, weil ich dachte, ich wüsste, wie der Film ausgehen wird – dann kam es aber doch anders. Fand ich gut. Nichtsdestotrotz greift Drehbuchautor und Regisseur Charles Barker auf zu viele Klischees und erwartete Handungsteile und Reaktionen der ProtagonistInnen zurück um zu überraschen oder ein „Wow – das muss man gesehen haben“-Gefühl zu erzeugen. Auch die moralischen und ethischen Fragen bzgl. „Killerspiele“ oder „Virtual Reality“ und ähnliches bleiben völlig außen vor.
Was schade ist – hier wurde eine große Chance verschenkt, zumal es ja einen Charakter im Film gibt, die eine Profispielerin ist, aber mit dieser neuen Form des virtuellen Spielens einfach nicht klar kommt – immerhin sieht es tatsächlich so aus, als würde sie Menschen erschießen. Aber das ist nur kurz Thema und wird dann abgehakt, bzw. ist es sogar dann wann es Thema ist nur in kurzen Gesprächen á la „Willst du sterben oder uns helfen“ wirklich relevant und die Szene als die junge Dame schließlich doch zur Waffe greift wird stark glorifiziert. Fand ich eher peinlich.
Sicher – für den ersten Langfilm (Charles Barker hat davor nur einen Kurzfilm gedreht) ist er verdammt gut gelungen, aber ich wiederhole: Nachdenken darf man darüber nicht. Warum kann man zB durch eine virtuelle Figur durchgreifen, wenn man aber einen Tritt von ihr bekommt, dann fliegt man durch die Luft? Man erkläre mir das bitte mal physikalisch …
Schade, die Idee hätte Potential gehabt, die Optik stimmt und ist rund. Die SchauspielerInnen geben ihr bestes, was in vielen Fällen gut genug ist und in machen wenigen zu viel des Guten (Overacting, anyone?), aber in Summe bleit es ein durchschnittlicher Actionfilm mit guter Prämisse, der diese leider zu wenig behandelt und seine „Geschichte“ primär – ironischerweise genau wie viele Videospiele – darauf reduziert von A nach B zu kommen, ein paar coole Gadgets zu bieten und möglichst wenig ambivalente Fragen zu stellen bzw. aufzuwerfen.
Einen Punkt Aufschlag gibt es für die kurze Szene mit „T3rrorist#1“ und die Reaktion von Zahid auf seinen Spielernamen („You know … I thought it was funny.“) und für Morfydd Clark („Pride And Prejudice And Zombies“ oder „Love & Friendship„), die wirklich großartig spielt und der man alle Emotionen und Reaktionen (bis auf die ganz am Ende vielleicht) glaubt und die in Kombination mit Max Deacon einfach gut funktioniert.
„The Call Up“ bekommt 6 von 10 möglichen, als Action-Film mit Hirn-Ausschalt-Garantie gut funktionierende, aber als Gesellschaftsstatement versagende, Punkte.
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