Ein lustiger Ausflug mit ihrer Schwester und ihrem Freund, endet für Eve (Tina Ivlev) in Gefangenschaft. Sechs Monate später kann sie einen ihrer Peiniger (Richard Tyson) überrumpeln und will sofort flüchten. Sie findet aber Fotos von anderen Mädchen und beschließt daraufhin, den Spieß umzudrehen und mit Hilfe des nun sich in ihrer Gewalt befindlichen Verbrechers, die übrigen Damen zu befreien.
Eine Nacht voller Schrecken, Blut und Tod beginnt, bei der Eve mehr als einmal an ihre Grenzen geht und diese auch überschreitet. Eines ist ihr dabei klar, sie muss alle Mädchen retten und wenn sie dafür jeden einzelnen dieser unmenschlichen Vergewaltiger umbringen muss, dann soll das so sein.
Der spanische Regisseur und Drehbuchautor José Manuel Cravioto, der bis jetzt bereits einige Kurzfilme und Dokumentationen in seiner Filmografie aufweisen kann, feiert hiermit sein (auch als „Reversal“ bekanntes) Filmdebüt. Das Besondere dabei ist der Zeitpunkt, an dem die Handlung anfängt. Bei den meisten Geschichten, endet die Story ja mit der Befreiung des Entführungsopfers, hier jedoch, fängt sie damit an. Klingt langweilig? Ist es aber nicht, denn wenn Hauptfigur Eve zur Rettung unschuldiger Mädchen aufbricht, dann löst dies ganz unterschiedliche Gefühle aus.
Filme wie „I spit on your grave“ zeigen ja ganz bewusst die Gewalttaten, die einer Dame angetan werden, damit das Publikum dann, egal wie brutal sie auch zurückschlagen möge, ihr beim Dezimieren ihrer Peiniger zujubelt. Das fällt hier weg, wird nur andeutungsweise gezeigt und erst ganz am Schluss ist das Ausmass von Eve´s Leiden mehr oder weniger bekannt. Wenn sie einen Vergewaltiger in den Hals schiesst und ihn lieber langsam verbluten lässt, weil er so mehr Schmerzen hat, dann ist man trotzdem auf ihrer Seite, ohne gesehen haben zu müssen, was er genau getan hat.
Wie naiv ihre Entscheidung war die Sache selbst in die Hand zu nehmen, sieht Eve dann spätestens, wenn sie die ersten Mädchen befreit. Wahnsinnig durch die Isolation stürmt da die eine in ihr Verderben, zur wilden Furie wird eine andere, die Eve als Konkurrenz sieht. Dennoch, sie muss weitermachen, alle gehören gerettet. Eve mutiert so nach Monaten der Gefangenschaft über den Zeitraum einer Nacht, zur eiskalten Richterin/Henkerin. Egal wie weit sie in diesen Strudel der Gewalt gezogen wird bzw. diesen auch selbst ankurbelt, getrieben verfolgt sie weiterhin ihr Ziel, überwältigt von ihren Gefühlen.
Aufgelockert wird diese düster Fahrt ins Verderben immer wieder von Videoausschnitten, die Ronnie, der Freund von Eve, kurz vor ihrer Entführung gemacht hat. Hier sieht man ihre Lebensfreude und ihre Zukunftspläne, erfährt aber auch im Laufe der Zeit etwas über die Hintergründe der ganzen Sache. Gut finde ich auch, dass nie gesagt wird, warum die Männer diese Damen entführt haben um sich an ihnen zu vergehen. Als Kind zu heiß gebadet worden, von einer gemeinen Frau das Herz gebrochen bekommen? Keine Ahnung was denen passiert ist, ist auch egal, die Kerle sind auf den eigenen Lustgewinn fixierte Sadisten, da ist das Trennen in schwarz und weiß nicht billig, sondern genau der richtige Weg.
Toll ist Richard Tyson (Verrückt nach Mary) als unberechenbarer Drahtzieher. Er ist körperlich angeschlagen und eindeutig in der Gewalt von Eve, doch wirkt es trotzdem nicht selten so, als hätte er die Situation unter Kontrolle. Seine Geschichten, seine manipulative Art wie er sich mit seiner Stimme in den Kopf von Eve säuselt, er ist klar eine permanente Gefahrenquelle, doch sie ist leider auf ihn angewiesen, um die anderen zu finden. Tina Ivlev (Death Clique) zeigt schön die anfängliche Natürlichkeit ihrer Figur, die immer mehr von der Leere in ihren Augen vertrieben wird, in denen schon bald nur noch manische Getriebenheit und Hass zu erkennen sind.
Zunehmend leer fühlt man sich auch als Zuschauer, denn heil kommt hier niemand aus der Geschichte heraus. Die geretteten Mädchen sind traumarisiert und gezeichnet fürs Leben, die Bösen haben dank Eve´s gewalttätiger Beendigung ihrer Leben keine Chance auf Rehabilitation (das soll nicht heißen, dass man Mitleid mit ihnen verspürt, was die Sache paradoxerweise noch trauriger macht) und Eve selbst, die Heldin der man zujubelt, das ist sie vielleicht zu Beginn, doch am Ende sind die Grenzen zwischen Täter und Opfer gänzlich verschwunden und es ist gut dass man nicht genau weiß, was sie nach dieser gewissen, allerletzten gezeigten Szene im Film, genau tun wird.
Insgesamt daher ein unangenehmer Film, der vor allem davon lebt, dass er dort anfängt wo andere aufhören und wieder mal einen sehr „schönen“ Beweis dafür abliefert, das Gewalt nur weitere Gewalt auslöst. Ich habe ihn auch auf Grund seiner Andersartigkeit durchaus gerne gesehen, richtig gut fühlt man sich nach Filmgenuss freilich nicht, doch zum Nachdenken und Diskutieren, gibt es so einiges. Die Hoffnung stirbt zuletzt? Ich bin mir nicht sicher, ob die Handlung hier nicht erst nach ihrem Tod angefangen hat.
„Bound to Vengeance“ bekommt von mir 7/10 Rache als den einzig möglichen Weg sehende Empfehlungspunkte.
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