Dragon Age: Inquisition (Game-Review)

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Der Krieg ist da. Als die geheiligte Justinia die gegnerischen Parteien zu Friedensgesprächen an einen Tisch bittet, wird dieser Tisch mitsamt dem Gebäude und allem rundherum in die Luft gesprengt. Ein Riss tut sich am Himmel auf und aus diesem schlüpfen Dämonen in die Welt Thedas. Eine Katastrophe unglaublichen Ausmaßes.

Nur eine Person überlebt. Aus dem „Nichts“ ins Leben zurückgekommen mit einem Mal auf der Hand, das mit der Bresche (der Riss am Himmel) in Verbindung steht, hat sie die Macht, die Risse zu schließen. Einen nach dem anderen. Cassandra (rechte Hand von Justinia) ruft die Inquisition aus: Ein altes Bündnis, um für Recht und Ordnung zu sorgen und die Risse zu schließen. Ihr Aushängeschild? Die überlebende mit dem Mal, genannt „Herald of Andraste“.

Zeit die Völker davon zu überzeugen, dass es wenig Sinn hat, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen (vor allem die Magier und die Templer), denn es gibt weit größere Probleme zu lösen …

Da ist er also, der dritte Teil der „Dragon Age“-Reihe. Nach „Origins„, dem Add-On „Awakening“ und dem – leider – berüchtigten zweiten Teil, kann „Inquistion“ als das bisher mit Abstand größte Projekt von Bioware bezeichnet werden (die Mass-Effect-Reihe, als ein Spiel betrachtet, vielleicht ausgenommen). Und mit „Größe“ trifft man es dann tatsächlich mit dem Nagel auf den Kopf, denn „Inquisition“ ist groß. Wirklich groß. Das betrifft den Umfang der Welt, die möglichen Tätigkeiten, die Missionen und das Ausmaß der Hintergrundgeschichte. Da hat sich Bioware mehr oder weniger selbst übertroffen.

Oder sie haben übers Ziel hinausgeschossen. Denn das ist strikt Anssichtssache. Viele der Missionen oder möglichen Tätigkeiten in „Iquisition“ bestehen nämlich aus völlig belanglosen Sammelaufgaben (ähnlich wie bei einem „Assassin’s Creed„), die mir später irgendwann irgendwo eine Tür für eine besondere Belohnung öffnen. Ja. Eh nett, aber halt doch irgendwie auch halbwegs aufgesetzt.

Dafür sind viele der „besseren“ Nebenaufgaben doch tatsächlich unterhaltsam und irgendeine Hintergrundgeschichte pro Quest gibt es auch immer, von den eigentlichen Questgeschichten (Stier ist abgehauen, Templer bringen versehentlich Bauer um, weil sie seine Mistgabel für einen Zauberstab halten und jetzt will die Witwe Rache, etc) mal gar nicht zu sprechen. Allein 10 Stunden war ich nur auf der ersten Karte(!), den Hinterlands unterwegs. Da kann man sich über mangelnde Menge (es gibt mehrere solcher Riesenkarten) wirklich nicht beklagen.

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Die Hauptstory wird schön erzählt und in wirklich super Momente gegossen, die auch von der Inszenierung her großartig gelungen sind. (Ich sag nur „Haven“ oder „Leliana räumt auf“!) Viele Wiedersehen mit alten Bekannten – Varric und Cassandra darf man als Begleiter mitnehmen, Cullen und Leliana sind Berater und können auf Missionen geschickt werden – machen Freude und selbst kleine Gespräche oder Rückbezüge auf alte Teile sind immer wieder nebenbei ein Thema (Quartiermeisterin Threnn ist zB der Meinung, dass Loghain zu Unrecht als Verräter dargestellt wird. Sie ist auch gern bereit, euch zu erklären warum, Cassandra erwähnt, dass die Legenden (siehe Film: „Dawn of the Seeker„) über sie übertrieben sind) und bringen SerienkennerInnen natürlich sehr rasch das Gefühl „wieder Zuhause“ zu sein.

Dieses Gefühl wird durch zwei große Punkte noch verstärkt: Zum einen ist die Grafik dermaßen toll geworden, das man manche Gegenden (obwohl man sie in den Vorgängern bereist hat) kaum wiedererkennt. Ich meine, sicher, Redcliff ist Redcliff, aber – Wow – um wie viel sieht das alles hier dank „Frostbite 3“-Engine besser aus. Ich bin tatsächlich wirklich beeindruckt. Manchmal kann man gar nicht anders als kurz stehenbleiben und die unglaublich detaillierten und liebevollen(!) Panoramen betrachten. Diese Wasserfälle! Die Barrikaden! Die „Deep Roads“! Die Sturmküste! Und erst Skyhold! Ach – den Vorwurf des „Level-Recycling“ von „Dragon Age II“ will Bioware scheinbar so richtig vergessen machen. Mission: Erfüllt. Aber sowas von!

Zum anderen fühlt man sich auch deshalb sofort Zuhause, weil die Steuerung angenehm gleich geblieben ist und man nach einer kurzen Eingewöhnung sofort wieder Herr (oder Frau) der Lage ist. Die Skillbäume aus dem zweiten Teil wurden erhöht (auf vier mögliche Entwicklungen pro Charakterklasse), die Ausrüstung kann man wieder selbst bestimmen, upgraden, umändern, zusammenbauen (und sogar eigene Namen für die Dinger vergeben). Auch das Verhalten von den Kollegen (je drei darf man auf Quests mitnehmen) kann man wieder wie üblich in einem Menü einstellen. Anfänger im Bereich Rollenspiele werden wohl von der schieren Maße an Dingen erschlagen werden, die hier möglich sind und die man tun kann, von den vielen (vertonten) Dialogen mal ganz abgesehen. Bioware hat also nicht zu viel versprochen. Was alles möglich ist? Ein paar Beispiele:

  • Sternbilder nachzeichnen und so Höhlen freidecken
  • Skyhold ausbauen/umbauen/dekorieren
  • Im Garten von Skyhold Kräuter pflanzen
  • Ressourcen durch Truppen abbauen lassen
  • Durch Gespräche mit x Charakteren im Skyhold neue Quests freischalten
  • „Scherben“ sammeln
  • Neue Gegner erforschen lassen
  • Codexeinträge sammeln
  • „Hohe Drachen“ (geniale Bestien) erlegen (10 gibt es)
  • Rüstungen/Waffen schmieden/umbauen/aufwerten/eigenen Namen vergeben
  • u.v.m.

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Von der Story will ich nichts verraten, außer, dass sie wieder weit weniger persönlich ist als im zweiten Teil und sehr stark an die epischen Ausmaße des ersten Teils erinnert – was übrigens witzig ist: Jene, die immer behauptet haben, dass sich Teil 2 wie die Vorgeschichte zu etwas „Größerem“ spielt: Ihr lagt richtig. Hier ist das Ding, das „Dragon Age 2“ als Prequel gebraucht hat – hier ist das, worauf „Dragon Age 2“ euch vorbereitet hat.

Die Neuerungen (Kartenraum, Freischalten von Gebieten, Inqusitionspunkte, Ausbau der Festungen, Forschungsaufträge, und noch so viel mehr) sind allesamt gut in den Spielablauf eingearbeitet, ich hatte nie das Gefühl, dass ich irgendwie aus dem „Fluss“ gerissen wurde – auch wenn hin und wieder der Gedanke da war, dass ich mich ein wenig „sehr“ an der Hand genommen gefühlt habe (immerhin geht die Übersichtskarte relativ rasch mit Questsymbolen über, da ist ja „Far Cry 3“ im Vergleich fast leer).

Allerdings ist da auch mein einziges und (nach einigen Stunden immer noch ärgerliches) Manko: Die Minikarte am Bildschirmrand zeigt nur die Richtung an, aber nicht das Gebiet rundherum, also kann es sein, dass man vor eine riesigen Felsklippe steht und nicht raufkann, nur um dann umständlich einen weiten(!) Weg drum herum zu laufen, nur weil das auf der Minikarte nicht erkennbar war. Also ist mühsames Umschalten zwischen der „Übersichtskarte“ und dem „Live“-Bildschirm angesagt. Das ist nervig – zumal auch auf der Übersichtskarte nicht immer klar ist, wie der Weg jetzt eigentlich möglich ist.

Was die Spiele von Bioware aber bis jetzt auch immer grundlegend mit ausgemacht hat, waren die Charaktere, die euren Charakter begleitet haben – und auch da baut „Inquistion“ gleich mal auf den ersten beiden Teilen auf, denn die ersten Gesichter die ihr seht sind jene von Leliana (aus Teil 1 und 2) und Cassandra (aus Teil 2), genauso wie Varric (Teil 2), die euch auch gleich mal begleiten. Auch Cullen (Teil 1 und Teil 2) ist wieder mit von der Partie. Da fühlt man sich als Veteran gleich mal gut abgeholt.

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Auch die neuen Gesichter machen allesamt einen sehr guten und tollen Eindruck, wenn manche auch vermutlich mit ein paar davon ein Problem haben werden. Meiner Einschätzung nach, haben alle großes Potential und sind markant.

  • Cassandra: Kämpferisch und mit Rückgrat, passt super zu der Cassandra, die wir aus Teil 2 kennen
  • Varric: Immer noch super und witzig und kultig (mittlerweile hat er ein Buch über den „Champion“ geschrieben)
  • Sera: Die „Tiny Tina“ (aus Borderlands 2) vom Dragon-Age-Universum (manche mögen sie nervig finden, ich finde sie super)
  • Iron Bull: Der mächtige Qunari und im Grunde ein herzensguter Kerl, der mächtig auf die Glocken hauen kann (hin und wieder kommt der Schlachtruf „Go for the eyes!“ (kommt euch bekannt vor? 😉 )
  • Vivenne: Magierin, hochnäßig und im Zirkel. Machtgeil. Kann aber sogar Iron Bull in seine Schranken weisen
  • Solas: Magier, der im Fade spazieren geht. Mystisch und mehr mit „Geistern“ befreundet, als mit echten Menschen. Netter Kerl.
  • Blackwall: Ein Grauer Wächter, der endlich wieder was zu tun. Auch wenn er ein bisschen düster ist, der Gute.
  • Cole: Ein … das verrate ich nicht. Aber der einzige Charakter, der mich doch tatsächlich halbwegs nervt. (ich finde ihn unbrauchbar und wenig sympathisch)
  • Dorian: Ein selbstverliebter Magier aus Tevinter. Der Kerl ist ein Hammer! (bei manchen Dialogen zwischen ihm und Sera bekam ich regelrecht einen Lachkrampf

So viel zu den Charakteren, aber was ist mit euren Entscheidungen aus den Vorgängern? Diese könnt ihr über die Website dragonagekeep.com (und durch ein Origin-Konto, an das ihr auch DA:I binden müsst) einstellen und dann in den dritten Teil exportieren bzw. importieren. Das lohnt sich, glaubt mir, denn da lassen sich echt viele Details einstellen, die sich dann auch wirklich im Spiel auswirken (mal mehr, mal weniger), auf jeden Fall Hut ab und großen Respekt von meiner Seite. Das nennt man Fan-Service. Alle, die sich fragen, ob eure „selbst gebauten“ Charaktere aus „Origins“ und „Dragon Age II“ vorkommen: Ich verrate nichts und lächle nur wissend.

Was man allenfalls bekritteln kann: Die vielen Entscheidungen, die während des Spiels getroffen werden haben zwar Auswirkungen, beeinflussen aber große(!) Storyereignisse nicht so richtig (was erwartet ihr? Die Freiheit zu haben, den Riss am Himmel offen zu lassen und als Herrscher der Dämonen über Thedas regieren zu können?), was allerdings eigentlich eh schon immer so war (bereits bei „Origins“ war das in Wahrheit so – am Ende habt ihr immer gegen den Erzdämon gekämpft, der Weg dahin war das Ziel). Jenen, die behaupten, dass die Haupthandlung durch die vielen Nebenquests in den Hintergrund gedrängt wird, kann ich in aller Seelenruhe widersprechen: Da alle(!) Nebenquests indirekt mit der Hauptquest zu tun haben, bleibt man eigentlich immer gedanklich dabei. Sicher – die großen „Story-Momente“ kommen da halt immer mal ein wenig später, aber wenn die kommen, dann sind sie super (und auch bei den Nebenquests gibt es genug super Momente)!

Alles in allem kann ich nur sagen: Es fühlt sich verdammt gut an, wieder in Thedas zu sein, Leliana an meiner Seite zu wissen, Varric über Hawke ausfragen zu können, neue Bekanntschaften zu machen (wenn mich Blackwall mal nicht an Duncan erinnert) und die wunderschöne (intrigante) Welt zu retten. Willkommen Bioware, ich gehe jetzt mal davon aus, dass ihr euren guten Ruf (den ihr in meinen Augen eh nie verloren hattet), wiederhabt.

„Dragon Age: Inquisition“ bekommt von mir 9 von 10 möglichen, den Rollenspielthron erneut erklimmende (zumindest bis „The Witcher: Wild Hunt“ kommt), Punkte.

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